7.3/10

Kritik: Warfare

ZWISCHEN FIKTION UND KRIEG

Genres: Action, Startdatum: 17.04.2025

Interessante Fakten für…

  • „Warfare“ wurde chronologisch über fünf Wochen hinweg gefilmt.
  • Der Film ist ein Liebesbrief des Regisseurs Ray Mendoza an Elliott Miller, der sich nach den traumatischen Ereignissen der Operation in Ramadi nicht mehr daran erinnern kann, was mit ihm geschehen ist.
  • „Warfare“ basiert auf den Erinnerungen der einzelnen SEAL-Teammitglieder, die während des Einsatzes anwesend waren. Jede Szene im Film wurde von mindestens zwei oder mehr der von Ray Mendoza und Alex Garland interviewten SEAL-Teammitglieder bestätigt.

Starke Bilder, wenig Worte: „Warfare“ zeigt, was ein Kriegsfilm auch sein kann – und was ihm ohne Vision fehlt.

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#Marvelgeek #Genießerin #Trash

Darum geht’s

Irak, 2006: Eine Sondereinheit US-amerikanischer Soldaten macht sich bereit für eine Mission. Sie müssen in einem unbekannten Gebiet ausharren, auf Befehle warten, potentielle Verdächtige beobachten und notieren und schließlich auf unvorhersehbare Entwicklungen reagieren. Zwischen Anspannung, Ungewissheit und kurzen Funkkontakten versuchen sie, ihre Stellung zu halten und die Kontrolle zu bewahren, während die Situation zunehmend unübersichtlich wird und schlussendlich eskaliert. Irgendwann kommt es nur noch darauf an, einen kühlen Kopf zu bewahren und zu überleben.

Schon zu Beginn fällt auf: Warfare ist kein gewöhnlicher Kriegsfilm. Es gibt keinen typischen Aufbau, keine lange Exposition. Stattdessen wirft uns Alex Garland direkt in einen Einsatz hinein – ohne große Erklärungen, ohne klaren, roten Faden. Genau das macht den Einstieg so authentisch. Die Kamera beobachtet, statt zu kommentieren. Lange Einstellungen, flirrende Hitze, das ständige Warten – all das erzeugt eine spürbare Atmosphäre der Anspannung. Man fühlt sich selbst wie Teil der Truppe.

Und auch wenn man den Dialogen nicht immer folgen muss (und teilweise kann), um zu verstehen, was gerade passiert, ist das kein Manko – eher ein Konzept. Die Perspektive wirkt bewusst distanziert, beinahe wie die einer zufälligen Beobachterin, die das Innenleben der Soldaten nur durch kleinste Gesten und beiläufige Bemerkungen erahnen kann.

Weniger ist (nicht immer) mehr

Garland reduziert die Geschichte auf das absolute Minimum: Wo sich die Soldaten genau befinden oder wie ihre persönlichen Beziehungen zueinander aussehen, bleibt vage. Es gibt keine erklärenden Rückblenden, keine markanten Hintergrundgeschichten. Figuren wie der Sergeant (Will Poulter), der junge Unteroffizier (Joseph Quinn) oder der ruhige Sniper (Cosmo Jarvis) werden nicht vorgestellt – sie sind einfach da, handeln, sprechen, funktionieren. Und genau das verleiht dem Film seine beklemmende Direktheit.

Diese Erzählweise hat allerdings auch ihren Preis. Durch die stark distanzierte Perspektive fällt es einem als Zuschauer schwer, eine tiefere emotionale Bindung zu den Charakteren aufzubauen. Vieles bleibt auf Distanz, und obwohl einzelne Momente sehr ehrlich und berührend sind, fehlt dem Film stellenweise die emotionale Fallhöhe, die andere Vertreter des Genres, wie beispielsweise zur Figur Will Schofield in 1917 (2019), erzeugen.

Visuell überzeugt Warfare hingegen auf ganzer Linie. Die Bildkomposition und das Sounddesign scheinen bis ins kleinste Detail durchdacht. Das ist einer der Punkte, an denen es Sinn ergibt, die Geschichte mit Schauspieler:innen zu inszenieren und nicht als klassische Dokumentation aufzuziehen. Garland nutzt die Stärken des Mediums Film konsequent aus: Licht, Perspektive und Ton erzeugen ein klaustrophobisches Gefühl von Enge und Orientierungslosigkeit – ganz ohne große Worte.

Amerika lässt grüßen

Doch so gelungen das alles ist – das Ende reißt vieles wieder ein. Was mit einem atmosphärisch dichten, fast dokumentarischen Ton begonnen hat, endet mit vollkommen überflüssigen Aufnahmen der realen Soldaten – Amerika lässt grüßen. Damit kippt der Film in eine Pathos-Schleife à la American Sniper (2014), einen komplett aus der Stimmung uns Atmosphäre reißt, die mühsam 90 Minuten lang aufgebaut wurde.

Wo vorher auf Erklärungen verzichtet wurde, da muss es nun plötzlich heldenhaft und explizit sein. Diese überinszenierte Schlusspointe fühlt sich mehr nach amerikanischem Heroismus an als nach Garlands sonst so reflektierter Handschrift.

Alex Garland, wo bist du?

Und damit wären wir beim wohl größten Kritikpunkt: Der typische Alex-Garland-Twist, das Verlassen der Realität, das Gedankenspiel, das seine bisherigen Filme oder Serien wie Die Auslöschung, Civil War oder Devs auszeichnete – all das fehlt hier. Warfare ist durchweg solide und technisch brillant, aber ohne das gewisse Extra, das ihn über andere Kriegsfilme hinausheben würde. Es bleibt ein eindrucksvoll gemachter, aber letztlich konventioneller Beitrag zum Genre.
Wer aber das sehen will, was Warfare zu erzählen versucht, kann sich die Dokumentation von Frontline PBS „Mosul“ anschauen. Hier sieht man echte Emotionen, echte Menschen und eine echte Militäroperation – nur halt eben nicht amerikanisch.

Fazit

7.3/10
Ordentlich
Community-Rating:
Schauspiel 8.5/10
Handlung 7/10
Tiefgang 5.5/10
Action 7.5/10
Atmosphäre 8/10
Details:
Regisseur: Alex Garland, Ray Mendoza,
FSK: 16 Filmlänge: 95 Min.
Besetzung: Cosmo Jarvis, D'Pharaoh Woon-A-Tai, Joseph Quinn, Kit Connor, Michael Gandolfini, Will Poulter,

Warfare ist ein intensiv inszenierter Kriegsfilm, der mit reduzierter Erzählweise und starker Bildsprache punktet. Alex Garland verzichtet auf klassische Narrative und lässt Bilder und Gesten für sich sprechen – bis das Ende dann doch auf amerikanischen Pathos umschwenkt und die Zuschauer:innen aus der Atmosphäre reißt. Technisch und bildlich zwar beeindruckend, aber ohne das gewisse Extra, das einen zum weiter Diskutieren und Denken anregt.

Artikel vom 21. April 2025

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