Kritik: What Happened to Monday
Sieben Geschwister, eine Identität
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Das Problem der Überbevölkerung wurde nicht gelöst. Tatsächlich wird es in nahegelegener Zukunft so schlimm, dass die Ressourcen knapp werden. Aus diesem Grund wird eine strikte Ein-Kind-Politik eingeführt, die von dem Kinder-Zuteilungsbüro umgesetzt wird, geleitet von der skrupellosen Nicolette Cayman (Glenn Close). Die Zweitgeborenen werden gewaltsam ihren Familien entrissen und kryogenisch eingefroren, damit sie in einer besseren Zukunft wieder aufgetaut werden können.
Der künftige Großvater Terrence Settman (Willem Dafoe: Spider-Man Trilogy) muss sich deshalb schnell etwas einfallen lassen, als seine Enkelinnen geboren werden – Siebenlinge, um genau zu sein. Dafür denkt er sich etwas raffiniertes aus: Jede Schwester wird nach einen Tag der Woche benannt, an dem sie das Haus verlassen müssen. Sie alle teilen sich eine Identität: Karen Settman (Noomi Rapace: Alien: Covenant). 30 Jahre lang hat die Irreführung funktioniert. Doch eines Tages kommt Montag nicht mehr nach Hause…
Si-Fi-Thriller sind in der Regel nicht für ihre Charaktere bekannt. Meist steht die Idee und die Grundprämisse im Vordergrund. Nicht so in What Happened to Monday, denn hier sind die Charaktere das Hauptprogramm. Mit einer überragenden Leistung schafft es Rapace gleich sieben Charaktere in einem Film zu verkörpern, denn trotz ihres identischen Aussehens, sind die Geschwister so unterschiedlich, wie sie nur sein können: Montag ist die Verantwortungsvolle, Dienstag der Freigeist, Mittwoch die Athletin, Donnerstag die Rebellin, Freitag das Technikgenie, Samstag die Partygängerin und Sonntag die fromme Gläubige. Jede Settman fühlt sich wie eine andere Person an. Das muss man erstmal hinkriegen. James McAvoy (23 Rollen in Split) wäre stolz.
Trotz Rapaces überragender Präsenz ist es der Name eines anderen Schauspielers, der besonders hervorsticht: Willem Dafoe. Als einweisender Großvater erscheint er lediglich in Rückblenden. Ironischerweise sind es also die Erinnerungen, die wir als Zuschauer vor allem in Erinnerung behalten. Dafoe überzeugt erneut mit einer strengen, entschlossenen und kalkulierenden Art. Seine Präsenz wirkt einschüchternd, vermittelt aber gleichzeitig ein Gefühl von Sicherheit.
Und da wir schon von Präsenz reden, muss man natürlich auch ein paar Worte zum Bösewicht verlieren. Close schafft es, mit Cayman eine beängstigende Atmosphäre aufzubauen. Eiskalt und gleichzeitig verstörend ruhig, steuert sie mit einem falschen Lächeln das System. Die Frau wirkt “falsch” – und das in bester Schurken-Manier. Genau wie Dafoe hat sie nicht viele Auftritte, doch die Szenen, in denen sie auftritt, sind einfach nur unheimlich.
Im Kern ist What Happened to Monday ein Thriller. Nach einer ruhigen Einführung eskaliert die Situation schon sehr bald und die Schwestern müssen ihre individuellen Stärken nutzen, um zu überleben. Dabei gelingt es dem Film, eine konstante Spannung aufzubauen, ohne langgezogene Action-Szenen. Action und Subtilität wechseln sich gekonnt ab. Einige altbackene Thriller-Elemente werden zwar bedient, doch die Umsetzung ist effektiv.
Dennoch entsteht hin und wieder das Gefühl, sowas schonmal irgendwo gesehen zu haben. Und auch wenn es erfrischend ist, mal keinen Spion/Agenten/Auftragskiller als Protagonist zu sehen, so wirken die Fähigkeiten der Schwestern situationsbedingt doch etwas zu konstruiert. Ein kleines Beispiel: Welch Zufall, dass Freitag ein Hacker-Genie ist und einer anderen Schwester den Weg weisen kann. Nichtsdestotrotz kann der Film mit ein paar interessanten Wendungen überraschen.
Im Gegensatz zu anderen Si-Fi-Thrillern strotzt das düstere Zukunftsszenario nicht vor übermäßiger Science-Fiction, was in diesem Fall allerdings nichts Schlechtes ist. Zwar gibt es Hologramm-Tastaturen, Identifikations-Armbänder und Waffen mit Fingerabdruck-Sensoren, doch ansonsten fällt die Zukunft nicht durch abgedrehte Zukunftsfantasien aus. Stattdessen konzentriert sich die visuelle Umsetzung auf ein ständiges Gefühl der Klaustrophobie in einer hoffnungslos überfüllten Stadt. Und genau hier liegt der Pluspunkt des Filmes, der auf aufwendige Spezialeffekte verzichtet und stattdessen auf ein permanentes Gefühl der Beengtheit setzt.
Wie es in Dystopiethrillern üblich ist, will man für den Zuschauer eine Botschaft zum Nachdenken hinterlassen. What Happened to Monday ist da mit ihrer Frage zur Lösung der Überbevölkerungskrise nicht anders. Doch so naheliegend das Problem ist, die Umsetzung und die Lösung kommen zu keiner wirklichen Antwort, bzw. noch nicht mal zu einer Pointe. Dafür wirkt das Setting zu konstruiert. Eine überlange Exposition kann die eigentliche Problematik auch nicht komplett erläutern, ebenso wenig einen beidseitigen Diskurs hervorrufen.
Eine Portion Tiefgang kann allerdings gemessen werden, wenn man nicht auf die globale Situation schließt, sondern auf die familiäre. In diesem Fall kann der Film als eine Metapher für den Konflikt zwischen Geschwistern, in erster Linie zwischen Zwillingen, angesehen werden, die um Individualität und Selbstentfaltung kämpfen. Bei dieser Betrachtungsweise stechen die Elemente eines Familiendramas deutlicher hervor und der Film wirkt um einiges schlüssiger und auch tiefgründiger.
What Happened to Monday zeichnet sich gerade durch seine einfallsreiche Prämisse und seine einprägsamen Charaktere aus. Noomi Rapace brilliert mit ihren sieben Rollen, wie man es nur selten in Filmen sieht. Klassische Thriller-Elemente und eine solide und spannende Handlung machen aus Wirkolas Werk einen sehenswerten Geheimtipp. Allerdings ist der Film nicht ganz so tiefgründig, wie er gerne es sein möchte. Stattdessen sollte man einen solide umgesetzten Si-Fi-Thriller erwarten, der mit dichter Atmosphäre punktet und zugleich eine ordentliche Portion Familiendrama dazumischt.
Artikel vom 4. Oktober 2017
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