7.2/10

Kritik: 3 Body Problem – Staffel 1

PHYSIKSTUNDEN ALS SERIE

Genres: Drama, Mystery, Science Fiction, Startdatum: 21.04.2024

Interessante Fakten für…

  • Die Serie sollte eigentlich im Jahr 2023 veröffentlicht werden, aber die Showrunner bestanden darauf, eine weitere Szene zu drehen, die ursprünglich nicht im Drehbuch stand. Ungefähr zu dieser Zeit begann der Hollywood-Streik, der die Dreharbeiten für diese Szene um einige Monate zusätzlich verzögerte.

Nach “Game of Thrones” haben sich David Benioff und D. B. Weiss bereits der nächsten Buchadaption gewidmet – Dem Sci-Fi-Epos “3 Body Problem” von Liu Cixin. Können die Showrunner wieder auf altbewährte Höhen aufsteigen oder steht uns schlussendlich ein weiterer Absturz bevor?

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#FantasyFanatic #Comicserien #AfterCredit

Darum geht’s

Um die Wissenschaft steht es im Moment nicht gut. Nicht nur widersprechen sich wissenschaftliche Ergebnisse, es häufen sich auch immer mehr Fälle, in denen Wissenschaftler unter mysteriösen Umständen Selbstmorde begehen. Doch auch da hören die Absonderlichkeiten nicht auf. So sieht die Nanophysikerin Augustina „Auggie“ Salazar (Eiza González) plötzlich einen Countdown vor ihrem geistigen Auge, während die theoretische Physikerin Jin Cheng (Jess Hong) ein futuristisches Headset entdeckt, dass eine hochentwickelte Realität abbildet.

Das alles erreicht schließlich seinen Höhepunkt, als am nächtlichen Himmel die Sterne plötzlich anfangen zu flickern, so, als würden sie den Menschen zuzwinkern.

Was hat das alles zu bedeuten? Und was hat das mit Ye Wenjie (Rosalind Chao) zu tun, die in der Vergangenheit für das maoistische China in einem geheimen Militärprojekt an einem Satelliten arbeiten musste…

Game of Bodies

Bereits in der Zusammenfassung kommt eine Reihe umfassender Themen auf uns zu. Das ist nicht überraschend, denn The Three-Body Problem ist der erste Teil der Trisolaris-Trilogie von (eng. Remembrance of Earth’s Past), einem komplexen Sci-Fi-Epos von Liu Cixin. In diesem behandelt er wissenschaftliche Theorien, außerweltliche Ideen und den daraus resultierenden, existenziellen Horror. Alleine für den ersten Teil hat man in China bereits 2023 mit Three-Body eine Serienadaption mit ganzen 30 Episoden durchgesetzt. Die bestehende Frage bleibt: Wie kann man das für ein westliches Publikum umsetzen?

Dieser Frage gehen ausgerechnet David Benioff und D. B. Weiss nach. Die Showrunner waren für eine erfolgreiche Einführung der Serienadaption von Game of Thrones und deren weniger erfolgreichen Abschluss bekannt. Nun stürzen sie sich wieder auf eine Adaption eines Buches und das mit den Zwängen eines Streamingdienstes, denn auch mit Netflix kommt man nur auf acht Episoden. Die Lösung ist anscheinend Folgende: Man vereinfacht die wissenschaftlichen Ideen, legt größeren Fokus auf die Hauptcharaktere und würfelt Elemente aus allen drei Romanteilen zusammen. Ob das gut geht?

Doch erstmal eines nach den anderen…

Von Mehrkörpern und Menschen

Trotz der kurzen Serienlänge findet man vor allem am Anfang die Betrachtung interessanter Konzepte und Ideen. Gerade die mysteriösen Headsets bieten den Einstieg dafür. Die fotorealistische virtuelle Realität bringt die Protagonisten in altertümliche Gesellschaften, bei der sie das realistische “Dreikörperproblem” lösen müssen, um jene Zivilisation vor der Zerstörung zu retten.

Hier erreicht auch die visuelle Umsetzung ihre Höhen, sowohl durch die Darstellung dieser Zivilisationen als auch durch ihre simulierten Untergänge. Denn für eine Sci-Fi-Serie bleiben die visuellen Elemente eher konservativ. Das hindert die Serie jedoch nicht daran, auch im weiteren Verlauf zu überraschen und auch zu schockieren. Neben den wissenschaftlichen werden auch moralische und philosophische Themen behandelt, wie die Verwendung von neuen Entdeckungen als Waffe, die eigene Vergänglichkeit, die Bekehrung von Wissenschaftlern zu Fanatikern und die Frage, wie man mit einem Problem umgeht, dass erst in 100 Jahren auftritt. Viele Themen von denen nicht alle die nötige Aufmerksamkeit erhalten.

There’s something Wong

Um eine kohärentere Handlung zu erzeugen haben die Showrunner die Charaktere aus den Romanen kombiniert und neue hinzugefügt. Das resultiert in den Oxford Five, einer Gruppe von Oxford Freunden, die zusammenkamen als ihre Freundin, wie viele andere Wissenschaftler, Selbstmord beging. Daraus bilden sich mehrere Handlungsstränge. Während sich Jin mit akademischer Freude auf das (anfangs noch rein theoretische) Mehrkörperproblem stürzt, hat Auggie da große Bedenken. Hinzu ins Abenteuer gesellt sich noch der Self-made-Millionär und anfänglicher Comic Relief Jack Rooney (John Bradley, Samwell in GoT), während sich Will Downing (Alex Sharp) mit verpassten Chancen auseinandersetzen muss. Man sieht, die Autoren versuchen viele Themen aufzugreifen, die leider nicht ihr volles Potenzial entfachen.

Interessanter ist es da schon mit dem Polizisten Clarence „Da“ Shi (Benedict Wong, Wong aus Doctor Strange), der die Todesfälle untersucht und dabei die Handlungsstränge miteinander vereint. Als mürrischer Detektiv erweist er sich häufig als praktisch veranlagt und kann auch die anderen auf den Boden der Tatsachen zurückbringen.

Ebenso interessant ist Shis aktueller Auftraggeber: Thomas Wade (Liam Cunningham, Davos aus GoT) ist ein einflussreicher Mann, der vor allem im späteren Handlungsverlauf an Bedeutung hinzugewinnt. Seine Rolle könnte man als Davos beschreiben, der die Rolle des Tywin Lannisters übernimmt: Skrupellos, manipulativ aber erstaunlich effektiv und herrlich mit anzusehen.

Das Problem mit dem 3 Body Problem

Wie viele andere Streaming-Serien standen 3 Body Problem auch nur acht Episoden für die erste Staffel zu Verfügung. Doch im Gegensatz zu anderen Serien hat man hier das Gefühl, dass man durchaus Zeit gehabt hätte, stärker auf die Materie einzugehen. Stattdessen wirkt es oft so, als würden Erklärungen nicht in die Tiefe werden, sodass bestimmte Handlungspunkte unschlüssig wirken. Und ohne zu spoilern: Gerade bei gottgleicher Technologie muss man diese gut erklären, sonst entstehen schnell Logikfehler. Doch gerade in der zweiten Hälfte geht es vermehrt um Charakterdrama, dass schnell mal ins Kitschige abdriftet. Letzteres findet man auch am Anfang der Handlung (so wie die dreiste emotionale Manipulation durch ein gewisses AI Mädchen). Doch vor allem im späteren Verlauf hätte man sich stärker der Haupthandlung widmen sollen.

Wie gehetzt die Serie wirkt, erkennt man vor allem an der letzten Episoden (Keine Sorge, ohne Spoiler): Der Wissenschaftler Saul Durand (Jovan Adepo), der von den Oxford Five bis jetzt nur eine untergeordnete Rolle hatte, wird aufgrund urplötzlich Ereignisse ins Zentrum des Geschehens gerückt. Romanleser wissen bereits: Wir befinden uns im zweiten Buch. Die Frage ist natürlich: Wieso hielt man es für nötig, bereits neue Themen aufzugreifen, wenn es noch Alte zu klären gibt? Als Foreshadowing? Das sorgt für strukturelle Probleme und grundsätzlich für einen langatmigen Erzählstil.

Fazit

7.2/10
Ordentlich
Community-Rating:
Handlung 6.5/10
Emotionen 7/10
Charaktere 7.5/10
Anspruch 8/10
Visuelle Umsetzung 7/10

Die 3 Body Problem erweist sich als Serie mit viel Potenzial für einen tiefgehenden Sci-Fi-Klassiker mit fundierten Denkanstößen. Doch immer wieder werden der Serie Hindernisse in Form von falschen Prioritäten, unverdienten emotionalen Stellen und einem Fokus auf unausgereiften Charakterentwicklungen in den Weg gelegt. Trotz all dem trübt das nicht allzu sehr die Erwartung, wie man denn in den kommenden Staffeln das aufgebaute Problem lösen möchte.

Doch davor müssen die Showrunner folgende Gleichung lösen: Wie bringt man die Trisolaris-Trilogie wieder auf Kurs?

Artikel vom 9. April 2024

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