Kritik: Black Summer – Staffel 1
Zombie-Hatz ohne echten Biss
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Zombie-Hatz ohne echten Biss
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Die Zombies sind los. Mal wieder. Amerika wird – aus welchem Grund auch immer – von untoten Beißern heimgesucht, die der Bevölkerung an den Kragen wollen. Auf der Flucht vor dem Tod auf zwei Beinen finden sich einige Leute zusammen, um gemeinsam einen sicheren Zufluchtsort zu finden – darunter der Soldat Spears (Justin Chu Cary), Rose (Jamie King, Sin City) und die Koreanerin Kyungsun (Christine Lee) …
Erlaubt mir einen kurzen Exkurs in die Film- und Serienlandschaft der letzten 20 Jahre. Ja, es scheint wirklich so, als sei das Zombie-Genre wirklich nicht totzukriegen (pun intended). Während wir wahre Genre-Perlen wie Zombieland, Shaun of the Dead, Dawn of the Dead, Cargo oder 28 Weeks Later sehen und feiern durften, mussten wir gleichzeitig über neun sehr zähe Jahre miterleben, wie einem richtungsweisenden Franchise das Fleisch von den Knochen fliegt (ja, The Walking Dead, ich rede von dir!). Denn es ist nicht von der Hand zu weisen, dass wir zwischen kleinen Highlights auch eine Menge Leerlauf hingerotzt bekamen.
Doch irgendetwas muss ja dran sein, an diesem Zombie-Genre. Ich meine, selbst Regie-Legende Jim Jarmusch wagt sich gerade mit The Dead Don’t Die auf vielfach zertrampeltes Terrain. Doch viel mehr als das “warum” interessiert mich die Frage “wie”: Wie ist es heute möglich, diesem langsam verwesenden Stoff noch neue, spannende, innovative Facetten abzugewinnen? Darauf gibt es zwei Antworten: durch eine unerwartete, progressive Story (wie Cargo) oder durch eine bombensichere Inszenierung. Black Summer – Staffel 1 versucht sich an zweiterem. Aber mit Erfolg?
Eine wirkliche Story sucht man in Black Summer – Staffel 1 vergebens. Doch darauf setzen die Serienschöpfer auch nicht. Viel mehr soll die erbarmungslose Flucht vor den Untoten spürbar gemacht werden. Das heißt konkret: acht Folgen lang rennen Protagonisten, die wir nicht kennen, weg von einer Gefahr, die niemand erklärt, hin zu einem Ziel, das dann doch keins ist. Während diese Idee auf dem Papier auch noch ziemlich radikal wirkt, ist sie auf dem Homescreen sehr schnell ermüdend.
Ja, ein immersives Erlebnis wie in The Revenant muss nicht mit der ausgeklügelsten Story gesegnet sein, um blendend zu funktionieren. Doch Black Summer – Staffel 1 käut bekannte Elemente in der zerfaserten Handlung wieder: Gaunerbanden, Psychopathen, Intrigen, Verrat. Originell ist das nicht. Doch genau dann, wenn erzählerisch nichts passiert, müssen alle anderen Departments umso mehr ihre Exzellenz zeigen. Leider ist das nicht immer der Fall …
Schon in der ersten Folge fällt auf, dass das Kamera- und Schnittteam mit großen Ambitionen an das Projekt herangetreten sind. In ausschweifenden Plansequenzen verfolgen wir das Chaos in Amerikas Durschnittsvorort. Dabei beschränkt sich die Action oft “nur” auf Zombies, die andere Leute anknabbern. Das wird jedoch in mehrminütigen One-Takes ohne Schnitt bebildert. Der hierfür nötige Aufwand und vor allem die Choreografie müssen lobend erwähnt werden.
Leider geht das Konzept von “wir halten mit der Kamera drauf, um die Unmittelbarkeit der Gefahr herauszustellen” nicht immer auf. Zu oft scheinen die Protagonisten mit ihren Reaktionen zu warten, bis die Kamera im richtigen Winkel ist. In den schwächeren Action-Sequenzen gibt also die Kamera das Tempo und Timing des Geschehens vor – und nicht das Geschehen selbst. Zudem ziehen sich dadurch manche Szenen unerträglich lange hin – etwa, wenn eine Figur auf einen Schulbus klettert und von Zombies umzingelt wird. Das mag zwar augenscheinlich realistisch sein – ist aber oft einfach nur langweilig.
Im besten Fall jedoch geht diese Strategie auf. In einer sehr beklemmenden Diner-Sequenz etwa, oder in einem düsteren Techno-Schuppen, in dem jeden Moment eine Massenpanik ausbrechen könnte. Hier greifen Inszenierung, Kameraführung und die Atmosphäre stimmig ineinander. Allerdings sind solche Szenen die Ausnahme – und das ist bei einem 8-Teiler mit teilweise 40 Minuten Laufzeit einfach zu wenig.
Zusätzlich bremsen die teilweise im Minutentakt eingeblendeten Kapitelnamen das Geschehen aus. Während in der Auftaktfolge so die Namen der Figuren zu lesen sind und wir zumindest kurzzeitig einen Überblick über das chaotische Geschehen bekommen, dienen die Kapitel später faktisch überhaupt nicht mehr. Wäre Black Summer – Staffel 1 noch mehr wie eine Episoden-Serie gestrickt, würde dies noch Sinn machen. Doch so bleibt es störendes Beiwerk, das immer wieder mit der Dynamik bricht.
Es wird für jeden noch so guten Darsteller eine große Hürde sein, aus einem rudimentären Drehbuch und einem dünnen Storygerüst das Maximum an schauspielerischer Leistung abzurufen. Die Sache ist nur die: in Black Summer – Staffel 1 überzeugen weder die Figuren, noch die Schauspieler. Es wird faktisch kaum etwas über die einzelnen Figuren offenbart. Manche augenscheinlichen Protagonisten beißen (und das ist nur realistisch) schon früh ins Gras und werden von weiteren, schnell vergessenen Figuren ersetzt. Nur eine einzige Person hat eine wirkliche Fallhöhe, was jedoch fast unspektakulär abgefrühstückt wird.
Neben ehemaligen Sternchen wie Jamie King steht eine Riege an etwas zu motivierten Akteuren bereit. Diese wirken oftmals stark an der Grenze zur Karikatur. Problematisch wird es tatsächlich bei Christine Lee, die für die wohl emotionalsten Momente verantwortlich ist – nur, dass sie alles auf koreanisch spricht und wir so keine Ahnung haben, was die gute Dame nun wirklich zum Weinen bringt. In anderen Momenten spielt Lee dann wieder dermaßen drüber, dass es fast lachhaft wirkt (wie um alles in der Welt kann man Wegrennen overacten?). Nein, schauspielerisch bleibt bei Black Summer – Staffel 1 leider auch nicht viel hängen.
Nichts an diesem innovativ gemeinten, aber unausgegorenen Netflix Original überzeugt so wirklich. Die Geschichte wird auf ein Miminum reduziert, um vollen Fokus auf die schweißtreibende Hetzjagd zu legen. Diese bietet in guten Momenten starkes Timing, gute Choreografien und eine dynamische Kamera, in schlechten Momenten geht aber all das den Bach runter. Und davon gibt es leider viel zu viele. Alle Horror- und Zombie-Elemente, die hier aufgetischt werden, kennen wir schon zur Genüge. Auch schauspielerisch lässt sich viel bemängeln, was einerseits an Overacting, teilweise aber an unausgegorenen Figuren ohne Unterbau liegt. So bleibt Black Summer – Staffel 1 am Ende ein Potpourri an bekannten Elementen, die dem Genre nichts Neues hinzufügen und dabei nicht einmal mittelmäßig unterhält.
Artikel vom 8. Juni 2019
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