8.3/10

Kritik: Cargo

ÜBERLEBENSKAMPF IM AUSTRALISCHEN OUTBACK

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Genres: Drama, Thriller, Startdatum: 18.05.2018

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Nach ‘How It Ends‘ und ‘Extinction‘ hatte ich die Hoffnung schon fast aufgegeben, auf Netflix noch überzeugende Original-Spielfilme zu finden. ‘Cargo’, das Endzeit-Drama mit dem meisten Potenzial, habe ich mir aber bis zum Schluss aufgehoben. Und tatsächlich versöhnt mich das eigenwillige Werk wieder ein wenig mit dem sonst so mauen Spielfilm-Angebot der beliebten Videoplattform. Mehr dazu in meiner Bewertung und Kritik.

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#NetflixAndChill #Meta #AdvocatusDiaboli

Darum geht’s

Ein tödlicher Virus hat Australien heimgesucht. Wer sich infiziert wird binnen 48 Stunden zu einem menschenfressenden Zombie, der alles angreift, was sich bewegt. Seit Tagen schippert Andy (Martin Freeman) mit seiner Frau Kay (Susie Porter) und seiner kleinen Tochter Rosie auf einem Hausboot durch das menschenleere Outback, in der Hoffnung, irgendwo Hilfe und Verpflegung zu finden. Es kommt, wie es kommen muss: erst infiziert sich Kay mit dem Virus, dann schließlich Andy. Ein Wettlauf beginnt, das Baby zumindest in halbwegs sicheres Terrain zu befördern, bevor die Eltern zu wütenden Bestien mutieren…

Endlich wieder ein handgemachter Film

Nicht nur im Heimkino, auch auf der großen Leinwand verrennen sich Filmemacher immer häufiger in CGI-Overkill (ja, Peter Jackson, ich schaue auf dich!). Warum noch an einer echten Location drehen, wenn man mit Greenscreen alles richten kann? Wie viel Kinomagie bei solchen Nummern aber verloren geht, merkt man dann, wenn ein Film mal wieder richtig handgemachte Settings auftischt – und Cargo ist erfreulicherweise so ein Film.

Allein die australische Landschaft ist ein echter Hingucker. Weite Wüstenstriche werden von der tiefstehenden Sonne in warmes Licht gehüllt und ermöglichen dadurch einen starken, fast schon romantischen Kontrast zur eigentlich sehr betrüblichen Thematik. Ein Setting, das in David Michôds superbem The Rover schon exzellent funktionierte. Hinzu kommt ein ungeheuer atmosphärischer Soundtrack, der die Stimmung perfekt einfängt.

Obwohl die Schauplätze eher karg gesät sind, überzeugt jeder einzelne durch viel Detailtreue und – ich wiederhole mich – einer handgemachten Qualität. Sei es ein heruntergekommenes Schulgebäude, ein gekentertes Boot oder ein improvisierter Schutzbunker ­– alles sieht erfrischend echt aus. Keine Spur von schnöder CGI, wie es in Extinction und How It Ends der Fall war.

Kann ein Apokalypse-Film noch originell sein?

Bei dem Überangebot an Zombie- und Apokalypsefilmen ist es kein Wunder, dass uns immer wieder die gleichen Motive und Handlungen über den Weg laufen. Die Frage drängt sich auf, ob man aus einem ausgelutschten Stoff noch neuartige Ideen herauspressen kann. Die Antwort gibt das Regie-Duo Ben Howling und Yolanda Ramke: man kann!

Mit Grund für die Originalität von Cargo ist der ganz eigene Kosmos, der hier im Laufe des Films etabliert wird. Die Infizierten spucken erst Blut, dann läuft eine harzartige Flüssigkeit aus Mund und Augen und schließlich versenken sie ihren Kopf im Sand, da sie eine Art Ruheschlaf im Dunkeln brauchen. Das klingt zwar ziemlich schräg, führt aber immer wieder zu höchst verstörenden Bildern.

Spannend ist dabei vor allem, dass weder die Seuche noch die Verhaltensweisen der Untoten aufdringlich erklärt wird. Hin und wieder bekommt der Zuschauer ein paar Informationen serviert, die er sich selbst in seinem Kopf zusammenschustern muss – das funktioniert auch viel besser als in How It Ends, in dem die Hinweise nicht zielgerichtet, sondern eher willkürlicher Natur waren. In Cargo hält dieser Kniff das Interesse sehr lange enorm hoch, auch wenn Howling und Ramke sehr gemächlich unterwegs sind und sich im Mittelteil einige Längen einschleichen.

Charakterstudie und Kolonialkritik

Statt auf meuchelnde Zombiehorden und pausenlose Ballereien zu setzen, fokussiert sich Cargo ganz auf seine wenigen Hauptfiguren. Die Charakterzeichnung fällt dabei überraschend präzise aus, vor allem Andy ist als Schlüsselfigur äußerst glaubhaft und facettenreich geschrieben. Jeder Konflikt ist nachvollziehbar (so gut man als Zuschauer eben eine derartige Ausnahmesituation nachvollziehen kann) und jedes innerliche Ringen nimmt einen weiter in die trostlose Welt hinein.

Ben Howling und Yolanda Ramke gehen noch einen Schritt weiter und versehen Cargo mit einer bissigen Kolonialkritik. So treten Figuren auf, die in ihrem der Situation vollkommen unangebrachten Kapitalismusdenken und blankem Rassismus ein Abbild der erbarmungslosen Kolonialmächte verkörpern – dabei aber immer wieder den Kürzeren ziehen. Im Umkehrschluss sind es die Aborigines, die sich auf ihre Wurzeln besinnen und mit ihren „old ways“ wesentlich effektiver gegen die allgegenwärtige Gefahr vorgehen können. Ein Zombievirus, der ein Land wieder in seine ursprüngliche Ordnung bringt – das ist ein erzählerischer Geniestreich.

Martin Freeman überragend

Vorbei sind die Zeiten, in denen Martin Freeman den verschrobenen Sidekick (Sherlock) oder ständig gebeutelten Protagonisten (Der Hobbit, Fargo) mimt. In Cargo ist Freeman genauso einfühlsam und verantwortungsvoll, wie er auch knallhart sein kann. Seine Figur bekommt die meiste Screentime und diese nutzt er auch, um alles in seine Performance zu werfen: der langsame körperliche Zerfall hin zu einem gefräßigen Zombie, liebevolle Momente mit seiner kleinen Tochter, toughe Auseinandersetzungen mit seiner Frau. Martin Freemans Performance trägt den Film!

Eine echte Entdeckung ist Simone Landers, die als Aborigine-Mädchen Thoomi ebenso stark aufspielt. Nicht nur die gefühlvollen Szenen, auch der schiere Kampf ums Überleben wird von Landers mit Bravour dargeboten. Susie Porter und Anthony Hayes bekommen nicht so viel Screentime, füllen aber ihre Figuren im Nu mit einer Tiefe, die andere Filme vermissen lassen.

Fazit

8.3/10
Stark
Community-Rating:
Handlung 8/10
Schauspiel 8.5/10
Visuelle Umsetzung 8.5/10
Emotionen 8/10
Atmosphäre 8.5/10
Details:
Regisseur: Ben Howling, Yolanda Ramke,
FSK: 16 Filmlänge: 105 Min.
Besetzung: Anthony Hayes, Caren Pistorius, Kris McQaude, Martin Freeman, Natasha Wanganeen, Simone Landers, Susie Porter,

‘Cargo’ ist berührend und verstörend zugleich

Endlich gibt es wieder einen Spielfilm auf Netflix, der nicht in der Schublade der Bedeutungslosigkeit verschwindet. Cargo ist eigenwillig, stilsicher, handgemacht, spannend und hervorragend gespielt. Das düstere Endzeit-Thema wird mit der Schönheit des australischen Outbacks kombiniert und sorgt so für ein spannendes Setting, das es so selten gegeben hat. Martin Freeman glänzt in einer ungewöhnlichen Rolle und trägt die originelle und mit bissiger Kritik gespickte Story mühelos. An manchen Stellen hätte der Handlung eine Straffung gutgetan, doch der gemächliche und kaum voyeuristische Erzählstil geht insgesamt auf. Mal wieder seit langem ein Höhepunkt unter den Netflix Originals. Es geht doch!

Artikel vom 12. August 2018

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