Kritik: Obi-Wan Kenobi – Staffel 1
PROBLEME IN EINER WEIT, WEIT ENTFERNTEN GALAXIE
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PROBLEME IN EINER WEIT, WEIT ENTFERNTEN GALAXIE
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Zehn Jahre nachdem das Imperium mit der Order 66 die Jedi beinahe auslöschte und aus Anakin Skywalker der berüchtigte Darth Vader (Hayden Christensen) wurde, hat sich der Jedi Obi-Wan Kenobi (Ewan McGregor) auf Tatooine zurückgezogen, mit seinem alten Leben gebrochen und versucht, aus der Ferne auf den noch jungen Luke Skywalker aufzupassen.
Doch als eine Gruppe von Inquisitoren, darunter auch die dritte Schwester (Moses Ingram), sich auf die Suche nach überlebenden Jedi und somit auch Kenobi begibt und Senator Bail Organa (Jimmy Smits) dem Jedi im Exil mitteilt, dass seine Ziehtochter Leia Organa (Vivien Lyra Blair) entführt wurde, macht sich Kenobi auf, um Leia wiederzufinden.
Seit ein paar Jahren sieht es in einer weit, weit entfernten Galaxie filmisch ein bisschen durchwachsen aus: Auf Erfolge wie Episode VII und VIII, Rogue One: A Star Wars Story oder The Mandalorian, folgten Flops wie Episode IX, Solo: A Star Wars Story oder Das Buch von Boba Fett. Nur logisch, dass Fans weltweit vor Freude und Angst zu zittern begannen, als mit Obi-Wan Kenobi einer der Fanfavoriten schlechthin eine eigene Serie bekommen sollte. Und naja… die Sorgen sollten sich im Nachhinein als nicht ganz unberechtigt erweisen.
Kurz und schmerzlos: Obi-Wan Kenobi bleibt hinter den Erwartungen zurück. Das liegt weniger an dem was, sondern eher an dem wie. Denn die Grundprämisse, eine Geschichte über den gebrochenen Kenobi zu erzählen, der sich nach all dem Verlust und Trauma wieder zurück zu seinem alten Ich kämpfen muss, ist in jedem Fall spannend!
Nur leider hat man sich im Writers Room eher für den sicheren Weg entschieden und bleibt, was Kenobis emotionale Reise angeht, eher an der Oberfläche. Die Folge: Viel Potential für eine tiefsinnige Geschichte und Charakterstudie bleibt auf der Strecke. Das Resultat sind wenige, wirklich packende Momente, viel Kopfschütteln und müdes Gähnen über das, was Kenobi, Leia und Co. in ihrer Flucht vor den Inquisitoren und dem Imperium erleben. Das Gefühl echter Gefahr kommt niemals wirklich auf, alles wirkt ein bisschen zu clean und einfach und es knistert nur mal, wenn Lichtschwerter in zugegeben stark inszenierten Kämpfen aufeinanderprallen.
Mainstream Star Wars war noch nie der Ort für dreckige, düstere Geschichten und das muss Star Wars auch gar nicht sein. Aber Werke wie Episode VIII oder Rogue One: A Star Wars Story haben eben auch gezeigt, das ernstere, komplexere und charaktergetrieben Geschichten auch in diesem filmischen Universum gut funktionieren können. Obi-Wan Kenobi ist kein kompletter Reinfall, was die Handlung angeht, aber bei all den liegen gelassenen Chancen für eine etwas reifere, ernstere Geschichte darf man sich dann doch ein bisschen ärgern.
Nichtsdestotrotz bereitet es natürlich eine unglaubliche Freude, Ewan McGregor in der Rolle des desillusionierten Jedi zu sehen. Trotz des beizeiten schwachen Skripts gibt der schottische Schauspieler alles, um den charakterlichen Kern seiner ikonischen Star Wars-Figur wieder auf den Bildschirm zu zaubern. Und das geht zum Glück auf! Auch wenn der Kenobi, den wir in dieser Serie zunächst kennenlernen, sehr anders als der Kenobi ist, den wir zuletzt in der Prequel-Trilogie sahen, fühlt er sich trotzdem sehr nach dem gleichen Charakter an.
Wenn man McGregor sagt, muss man in diesem Fall auch Hayden Christensen erwähnen, der nach seiner durchaus schwierigen Zeit im Star Wars-Universum erstmals als Anakin Skywalker/Darth Vader (im englischen Original mit der Stimme von James Earl Jones) auf den Bildschirm zurückkehrt. Viele Fans dürften sich dank dieses erneuten Auftritts mit Christensen versöhnen können, zeigt dieser hier doch eine ganz andere, rachsüchtigere, tödlichere Seite Vaders. Sie unterstreicht deutlich, warum der Sith in der gesamten Galaxie so gefürchtet ist. Generell funktioniert die Serie am besten in den emotionalen und wuchtigen Aufeinandertreffen des ehemaligen Lehrer-Schüler-Duos und das ist definitiv auch den beiden Schauspielern zu verdanken.
An dieser Stelle auch ein paar Worte über Leia Organa, gespielt von Vivien Lyra Blair: Erstmal muss man den Hut vor der zehnjährigen Schauspielerin ziehen, die sich hin und wieder zwar etwas hölzern, aber trotzdem so selbstbewusst vor der Kamera gibt, als hätte sie bisher ihr Leben lang bisher nichts anderes gemacht.
Doch leider hat es das Skript mit Leia nicht allzu gut gemeint. Natürlich zeichnet sich Leias Charakter schon immer durch ihr Selbstbewusstsein und ihren Mut aus, doch für eine Zehnjährige wirkt Leia hier schon fast ein bisschen zu mutig und zu altklug. Es ist toll, starke Mädchen in handlungsrelevanten Rollen zu sehen, vor allem in so großen Franchises wie Star Wars. Aber hier wirkt es so, als würde Leia ein wenig über den Dingen schweben, was sie stellenweise schwer greifbar macht.
Leider zeigten sich Star Wars-Fans wieder von ihrer schlechtesten Seite, als es um Moses Ingram ging. Die Schauspielerin, die in Obi-Wan Kenobi die dritte Schwester spielt, sah sich mit zahlreichen Mordandrohungen und rassistischen Beleidigungen konfrontiert, worauf Disney und ihre Co-Stars sich hinter die Schauspielerin stellten und die verbalen Angriffe aufs schärfste verurteilten. Eine traurige Erinnerung daran, dass ein lauter Teil des Star Wars-Fandoms nach wie vor ein großes Problem hat, wenn es um People of Color und Frauenfiguren geht (man denke nur an Rey/Daisy Ridley, Finn/John Boyega oder Rose/Kelly Marie Tran).
Eigentlich schade, dass sich so viele Star Wars-Fans von ihrer menschenverachtenden Weltsicht so einschränken lassen, denn die Rolle und Entwicklung der dritten Schwester ist einer der spannendsten und am besten funktionierenden Teile von Obi-Wan Kenobi. Es macht unglaublich Spaß, die dritte Schwester als skrupellose Antagonistin zu begleiten, die im wahrsten Sinne des Wortes über Leichen geht, um ihre Ziele zu erreichen. Besonders im Zusammenspiel mit Kenobi und Vader fährt Ingram zur Hochform auf und sorgt für einige der besten Momente und stärksten Peformances der Serie. Hoffentlich war das nicht der letzte Auftritt dieser spannenden Figur und talentierten Schauspielerin!
Obi-Wan Kenobi hat zwar ein spannendes Handlungsgerüst, tolle Performances und einige starke Momente, bleibt aber dank viel narrativem Potential, das die Serie mehr als einmal links liegen lässt, unterm Strich hinter den Erwartungen zurück. McGregor, Christensen und Ingram können in ihren Rollen überzeugen, aber gute Performances allein reichen bei einem mittelmäßigen Skript nunmal leider nicht aus.
Artikel vom 11. Juli 2022
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