Das Spielbrett aufbauen
Noch mehr als Staffel 2, fühlen sich die ersten Folgen der dritten Staffel an wie das mühselige Aufbauen eines Schachspiels durch die Hand eines Unerfahrenen, der die Position einer jeden Figur erst einmal im Regelwerk nachschlagen muss.
Ebenso verloren fühlt sich der oder die durchschnittliche Zuschauer:in – trotz Recap seitens Netflix – zum Beginn der Staffel. Motivation und Pläne sind zwar gerade so nachvollziehbar, aber nie wirklich greifbar. Die höfischen Intrigen schielen zu Game of Thrones und müssen sich daher auch dem obligatorischen Vergleich unterziehen, den The Witcher einfach nicht gewinnen kann.
So wirken die Konstellation des Königshauses von Redania viel zu kleinteilig und wenig interessant, trotz eines Graham McTavish als flüsternder Intrigant Dijkstra, der in bester Thrones-Manier über Leichen geht, um das Königreich nach seinem Kurz zu lenken. Seine Verbündete, Hexe Tissaia (MyAnna Buring) wirkt hingegen als schablonenhafte Femme Fatale komplett austauschbar.
Aus Tiger wird Katze
Was sich schon in Staffel 2 ankündigte, wird in Staffel 3 weiter ausgebaut: ein gezähmter Witcher, der eine große Portion Charisma aus der ersten Staffel hinter sich gelassen hat. Cavill bestätigte in einem Interview, dass dieser Shift Geralt “intelligenter” zeichnen sollte. Nur hat der Witcher noch nie “dumm” gewirkt und schon gar nicht verleiht ihm seine forciert reservierte Art mehr Scharfsinnigkeit.
Stattdessen wirkt Cavill wie eine Testosteron-Bombe, der man befohlen hat, bloß nicht in die Luft zu gehen. Seine derbe Fuck it-Attitüde der ersten Staffel war doch der halbe Spaß der Serie! Warum sehen die Autoren einen Konflikt in neu gewonnener Charaktertiefe und altbekannter Derbheit?
Es fühlt sich an, als hätte die Serie keinen Platz in einer Serienlandschaft, die Maskulinität als nicht mehr zeitgemäß ansieht. Geralt bekommt zu wenig zu tun, was zumindest die oberflächliche Prämisse der Serie einst war: Monster zermatschen, samt der “Rule of Cool”.
Höhen, Mitten, Tiefen
Trotz der fragwürdigen Entwicklung der Tonalität der Serie, bietet Staffel 3 auch den ein oder anderen Moment des Glanzes. Oftmals handelt es sich dabei um lustige oder sentimentale Momente zwischen den Charakteren, die uns von den erdrückenden politischen Intrigen erfrischen. Immer wieder für einen Lacher gut ist und bleibt natürlich Jaskier (Joey Batey), der sprücheklopfende Barde, der in dieser Staffel aber deutlich mehr Tiefe bekommt. Wie Jaskier und Ciri ein Techtelmechtel zwischen Geralt und Ciri aus weiter Ferne neu vertonen, gehört zu den stillen Höhen der Staffel. Auch Jaskiers Neigung zu Prinz Radovid (Hugh Skinner) ist mehr Erotik als der mittlerweile ikonische Anblick von Geralt in einer zu kleinen Badewanne.
Verpasste Chance
Mit den letzten drei Episoden navigiert sich die dritte Staffel in einen seltsamen Zwischenzustand, der schwer zu beschreiben ist. Während sich Folge 6 wie ein hypothetisches Ende einer Staffel anfühlt, das jedoch sein dramatisches Potential nicht ganz entfaltet, sind die letzten zwei Episoden ein antiklimatischer Erdrutsch, der das Investment der Zuschauer langsam aber sicher verliert, wie ein Geldsack mit einem Loch am Boden.
Vielleicht wäre es besser gewesen, die Serie mit einem Knall enden zu lassen und den Abgang von Henry Cavill als Rechtfertigung für einen Schlussstrich zu nutzen. Es ist erschreckend, wie sehr das Interesse an einer Serie verloren gehen kann, innerhalb einer Staffel.
The Witcher : Staffeln 1 bis 3 sind durchgehend sehr gut, durch die “Sprünge” aber etwas zerhackt. Die Bücher wurden nicht konsequent umgesetzt, was auch nicht schadet. Im Buch wünscht man sich das ein gute Person wie Ciri auch wenn Sie ein dunkles Erbe trägt nicht aus eigenen Stücken gerne das Töten von Menschen anfängt, zumal von Gerald und Yennefer ausgebildet. Staffel 4 wird das bringen mit Ciri als Falka (Rattenbande). Einem Film würde eine gerade Linie mit zusammenhängend agierenden Charakteren guttun. Auch wenn es nicht den Büchern folgt. Der Schauspielerwechsel wird verkraftbar sein, die Handlung der Bücher wird einige abspringen lassen. Sie bieten nicht den für einen Film/Serie zusammenhängenden Guss.