Kritik: Vikings – Staffel 6 (Teil 1)
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Original-Titel: New Beginnings
Erscheinungsdatum: 04.12.2019
Ivar (Alex Høgh Andersen) ist auf der Flucht und landet dabei in den Händen des Prinzen von Kiev (Danila Kozlovsky). Währenddessen versucht Björn Ironside (Alexander Ludwig) ein “guter” Herrscher von Kattegat zu sein. Lagertha (Katheryn Winnick) möchte sich auf das Land zurückziehen und wie zu Zeiten Ragnars ein idyllisches Landleben führen.
Staffel 5 erwies sich also ambitioniert, doch richtungslos. Es fehlten die großen Konflikte, Handlungsstränge wurden angefangen und wieder verworfen, und in gefühlt jeder Folge interessierte sich eine andere Partei für Kattegat. Ob die sechste Staffel den selben Fehler begeht und zu viel auf einmal will, lässt sich noch nicht sagen. Doch zumindest legt Im Reich der Rus schon mal ein solides Fundament.
Ivar auf dem Thron von Kattegat wurde unerträglich anzusehen. Deshalb tut es ganz gut, den Gott in Menschengestalt in einer Opferrolle zu sehen. Tatsächlich scheint der Prinz von Kiev, Oleg Novgorod, ein ebenbürtiger Psychopath zu sein. Neuzugang Danila Kozlovsky passt aufgrund seines überzeichneten Schauspiels nur zu gut in die Serie hinein. Hoffen wir also, dass aus Oleg kein zweiter Bischof Heahmund wird, der sogar Ivar in Sachen Overacting die Show stiehlt.
Das neue Setting im Osten Europas ist stimmig und atmosphärisch in Szene gesetzt. Doch das war Arabien aus Staffel 5 auch. Letztendlich hat dieser Handlungsstrang nirgendwo hingeführt. Doch Prinz Olegs Story scheint ein fester Bestandteil der sechsten Staffel zu werden.
Etwas fremdschämend und historisch leicht inakkurat ist Ivars und Olegs Ballonflug über Kiev, der ungläubige Lacher hervorruft. Hat schon jemand versucht, das Titanic-Theme unter diese Szene zu legen? Oder den Soundtrack aus Charlie und die Schokoladenfabrik?
Ansonsten braucht sich die Serie visuell nichts vorwerfen zu lassen. Die glasklaren Bilder, gepaart mit einem umwerfenden Setdesign, machen auf guten HD-Fernsehern besonders großen Spaß.
Fazit: Folge 1 ‘Im Land der Rus’
Abgesehen vom neuen Setting ist Im Land der Rus eine typische Vikings-Folge in Manier der fünften Staffel. Nicht besser, nicht schlechter. Der Staffelauftakt ist eine relativ ruhige und unauffällige Folge, die das Schachbrett neu aufbaut und zumindest neugierig macht, was Staffel 6 noch so alles abliefern wird.
Bewertung: 7.4
Original-Titel: The Prophet
Erscheinungsdatum: 04.12.2019
König Harald bittet Kattegat um militärischen Beistand. Währenddessen wird Ivar Zeuge von Olegs Skrupellosigkeit, indem er den jungen Thronerben Igor (Oran Glynn O’Donovan) entführt. Kjetill und Björn planen nach Island zu segeln.
Diese Folge steht ganz im Zeichen von Oleg Novgorod, dem neuen Super-Psychopathen der Serie. Während ich bereits in meiner Kritik zur ersten Episode angemerkt habe, dass Darsteller Danile Kozlowsky zum Overacting neigt, kann ich diese Meinung nun verfestigen. Oleg ist zwar ein unterhaltsamer Schurke, doch ich hoffe, dass seine comichaft überzeichnete Figur nicht ins Lächerliche abrutscht.
Außerdem ist Oleg genauso größenwahnsinnig wie Ivar. Während sich der Knochenlose für einen fleischgewordenen Gott hält, bezeichnet sich Oleg als Propheten mit Hellseher-Fähigkeiten. Im Moment wirkt diese Charaktereigenschaft beinahe tatsächlich wie einer übermenschliche Gabe. Woher konnte Oleg wissen, welche Frau sein Bruder Dir (Len Kudrjawizki) während einer geheimen Hochzeit heiratete? Ich hoffe, dass die Serie mit Olegs Hellseher-Fähigkeiten vorsichtig umgeht. Lässt man seine Gabe unerklärt, könnte sie schnell zu mächtig werden, was seinen Charakter noch comichafter erscheinen lässt.
Natürlich hat König Harald seine Wunden aus dem Staffelfinale Ragnarok überlebt. Harald wurde im Laufe der fünften Staffel zum sympathischsten Charakter. Sollte er in Staffel 6 nur eine Randrolle einnehmen, wäre das nach Ragnar und Rollo der dritte, große Verlust der Serie. Doch mit Sicherheit können wir in der nächsten Folge mit seiner dauerhaften Rückkehr in den Stamm-Cast rechnen.
Ebenfalls abwesend ist Floki. Der umstrittene Island-Plot der letzten Staffel scheint nun von neu aufgerollt zu werden, indem Kjetill und Björn gemeinsam nach Island segeln. Dass Kjetill seinem Anführer dabei so einiges verschweigt, welch Gräueltaten auf Island alles stattfanden, könnte den Island Handlungsstrang nochmal interessant machen. Dennoch kann ich mir nicht vorstellen, wie “Island” in etwas anderes als eine Sackgasse führen soll.
Ein Problem dieser Folge ist die sprunghafte Erzählweise. Die Szenen wechseln teilweise im Minutentakt das Setting und sehr oft passen die zusammengeschnittenen Szenen von Kontext und Emotionen absolut nicht zueinander. Die spannende Verhandlung zwischen den zwei Brüdern Oleg und Dir wird zum Beispiel mit eher bedeutungsarmen Alltagsszenen aus Kattegat unterbrochen – diese groben Drehbuchpatzer darf sich Showrunner Michael Hirst eigentlich nicht erlauben.
Fazit: Folge 2 ‘Der Prophet’
Im Gegensatz zum Staffelauftakt zieht Der Prophet deutlich das Tempo an. Die Szenen mit Oleg und Ivar sind over-the-top, aber unterhaltsam und spannend. Auch der Island-Plot könnte wieder interessanter werden, auch wenn die gesamte Geschichte im Kontext der Serie zu keinem größeren Ziel zu führen scheint. Besonders auffällig sind die hektischen Sprünge zwischen den verschiedenen Handlungssträngen, die den einzelnen Szenen keine Luft zum atmen geben. Ansonsten: solide Vikings-Kost ohne Überraschungen.
Bewertung: 7.6
Original-Titel: Ghosts, Gods and Running Dogs
Erscheinungsdatum: 12.12.2019
Björn startet den Angriff auf König Olaf. Bis zu seiner Rückkehr führt Ubbe das Volk von Kattegat, während Hvitserk völlig den Verstand verliert. Kaum hat sich Lagertha für ein friedliches Landleben eingerichtet, wird die Ruhe gewaltsam unterbrochen.
Das Mysterium um “Oleg den Propheten” wurde nun sehr schnell und antiklimatisch preis gegeben. Die Folge beginnt damit, wie Oleg seinem neusten, besten Spielkameraden Ivar seinen Zaubertrick verrät. Das lässt den neuen Superschurken zwar nahbarer und weniger comicartig wirken, aber so lieblos hätte man den Cliffhanger der letzten Woche nicht auflösen müssen.
Die Fehde zwischen Oleg und seinem Bruder Dir driftet sehr schnell in extrem sadistische Fantasien ab, die für Vikings mittlerweile mehr als typisch sind. Sobald Dir als geknechteter Kettenhund durch die Gassen geführt wird und der kleine Prinz Igor darüber lacht, hat Michael Hirst mal wieder den Bogen etwas überspannt.
Die alten Qualitäten der Serie blitzen aber des öfteren wieder auf. Die visuell beeindruckende Ritual-Szene, ungewöhnlicherweise abgehalten von Torvi, versprüht echtes Vikings-Feeling. Auch Hvitserks makabere Wahnvorstellungen verwischen die Grenzen zwischen Realität und Fantasie, was die Serie in den vergangenen Staffeln so faszinierend gemacht hat.
Ebenso faszinierend ist, wie gut sich Lagertha für ihr Alter hält. Die ehemalige Schildmaid soll nun immerhin über 50 sein. Da hilft es auch nicht, dass ihre Haare noch grauer geworden sind und sie zunehmend mit älteren Frauen spricht, statt mit heißen Wikingern ins Bett zu gehen. Letztendlich trauen sich die Serienmacher wohl immer noch nicht, das Sexsymbol der Serie zu opfern. Der neue Handlungsstrang um Lagertha und die Witwen aus dem Dorf scheint erneut nach einem Grund zu suchen, ihren Charakter am Leben zu erhalten. Man sollte ihr endlich das Ende geben, das sie verdient.
Noch voller Potential steckt hingegen Harald, der in dieser Folge endlich wieder Teil der Stammbesetzung ist. Die Dialoge in der Gefängniszelle zwischen ihm und Zwerg Canute gehören zu den besten Momenten der Folge.
Die Folge, mit dem bildlichen Titel Meer in Flammen, endet mit einem wortwörtlichen Flammenmeer. Der gescheiterte Angriff von Björn und seinen Männern vom Ufer liefert tolle Bilder, gibt spannungstechnisch aber wenig her. Leider zeigt sich hier eine der Schwächen, die Vikings auch schon in Staffel 5 verfolgten: Viele potentiell epische Momente werden aufgrund des viel zu hektischen Erzähltempos nicht ausgekostet und seitens der Zuschauer findet keine Immersion statt. Das war in den ersten Staffeln der Serie noch ganz anders.
Fazit: Folge 3 ‘Meer in Flammen’
Auch die dritte Folge der sechsten Staffel Vikings ist mehr Standardkost als Festmahl. Die Schauwerte sind hoch genug und die Charaktere etabliert, weswegen sich die Serie immer noch über Wasser hält. Nach drei Folgen Exposition muss nun aber eine echte Ansage folgen. Ansonsten droht die letzte Staffel in der Bedeutungslosigkeit zu versinken.
Bewertung: 6.9
Original-Titel: All the prisoners
Erscheinungsdatum: 19.12.2019
Ivar plant, Prinz Oleg zu stürzen. Lagertha führt die Frauen und Kinder des Dorfes an, um sich gegen die Banditen zu verteidigen. König Olaf möchte Björn zum König von ganz Norwegen ernennen. Währenddessen hat Gunnhild eine schreckliche Vision…
Nach vier Folgen hat die sechste Staffel immer noch nicht die wilden Gewässer erreicht. Stattdessen rudert die Serie unter starker Anstrengung und ohne Rückenwind gen Serienfinale. Der Story fehlt es an Gerissenheit und die Konflikte sind zu schwach. Auch Das brennende Dorf gibt sich der Stagnation dieser Staffel willenlos hin.
Lagerthas Geschichte im Dorf ist nicht nur unnötig, sondern auch uninspiriert und gehaltlos. Die gebrandmarkten Banditen als neue Schurken sind vollkommen an den Haaren herbeigezogen – warum hat Björn überhaupt erst so unglaublich bescheuert gehandelt und die gefährlichen Verräter freigelassen? Warum hat sich Lagertha nicht schon früher um militärische Hilfe gekümmert, statt Kinder, Frauen und Greise bis an die Zähne zu bewaffnen?
Der Tod von Torvis Sohn Hali spielt die Trumpfkarte “Ein Kind stirbt” und geht natürlich nicht spurlos am Zuschauer vorbei. Dennoch hat man Hali in den letzten Folgen so wenig Beachtung geschenkt, dass sein Opfer nicht mal ansatzweise so dramatisch ausfällt wie z.B. der Tod von Ragnars Tochter Gyda aus Staffel 1.
Interessanter als Lagerthas Lebensabend ist die Rolle von Hvitserk. Allerdings hat auch hier die Story noch nicht den entscheidenden Sprung gemacht – bis jetzt sieht man Hvitserk wenig machen, außer herumzukotzen und zu halluzinieren. Dennoch gibt es hier Potential, den Bruderkonflikt zwischen ihm und Ivar auf eine Spitze zu treiben. Mit Sicherheit wird Hvitserk sein Comeback erleben.
Ivar und Oleg machen Staffel 6 noch interessant genug, um nicht nur aus Loyalität die Serie weiterzuverfolgen. Oleg plant einen Krieg mit Skandinavien und Ivar plant den Umsturz von Oleg, während der kleine Igor langsam versteht, dass er ein rechtmäßiger Thronanwärter ist. Der Exkurs nach Osteuropa scheint für Vikings nicht bloß ein kurzer Urlaub zu sein, wie zum Beispiel die punktlose Geschichte in Arabien aus Staffel 5.
Beinahe unfreiwillig komisch sind die neuesten Entwicklungen aus dem Hause Olaf, der nach “zwei Tagen Meditation” beschließt, seine Herrschaft an Björn abzugeben. Natürlich ist seine Absicht objektiv nachvollziehbar, aber in dieser kurzen Zeit mehr als unglaubwürdig. Der Cliffhanger der Folge ist vermutlich der schlechteste der ganzen Serie. Ich versuche erst überhaupt nicht ihn zu beschreiben, aber das Wort “random” passt ganz gut.
Fazit: Folge 4 ‘Das brennende Dorf’
Ich warte immer noch auf eine Überraschung. Vikings rutscht weiter ab in die Mittelmäßigkeit. Der Geschichte fehlt es an Inspiration und Spannung, die Konflikte wirken gestellt und selbst die Action lässt noch auf sich warten. Immerhin bleibt es in Kiew einigermaßen spannenden und die unterschwellige Fehde zwischen Ivar und Oleg scheint auf etwas größeres zuzulaufen. Ist die nächste Folge der Game-Changer? Wir werden sehen.
Bewertung: 6.9
Original-Titel: The key
Erscheinungsdatum: 02.01.2019
Ivar befreit Olegs Bruder Dir aus der Gefangenschaft. Lagertha bereitet das Dorf auf einen weiteren Angriff der Banditen vor. Derweil versammeln sich die Könige und Jarls von Norwegen bei König Olaf, um einen großen Anführer zu wählen, der Norwegen vereint und vor äußeren Kräften beschützt.
Ich habe bereits darüber geschrieben, dass mich Vikings mit dieser Staffel einfach nicht mehr zu packen weiß. Dieser Trend setzt sich mit Wahltag leider weiter fort. Bis auf ein unerwartetes, neues Mysterium ist diese Folge “leer” – keine spannenden Konflikte, keine gemeinen Cliffhanger… einfach nichts.
Lagertha verweigert immer noch jegliche militärische Hilfe aus Kattegat. Stattdessen reitet Gunnhild zu Hilfe, weil sie “eine Vision” hatte. Mir ist schon klar, dass Michael Hirst mit diesem Handlungsstrang Frauenpower präsentieren möchte, aber tatsächlich ist Lagerthas Handeln unverantwortlich. Im Gegensatz zu ihrer vergangenen Geschichte, ist ihr Kampf an der Seite von Frauen und Greisen gegen ein paar Rabauken aus dem Wald ziemlich ermüdend und zittert vor Altersschwäche.
Selbst Oleg langweilt mittlerweile mit seinem Sadismus. Welche Begründung hatte die “Ich serviere Köpfe auf Tellern”-Szene, außer, damit Vikings auf seine wöchentliche Dosis Unappetitlichkeit kommt? Der heimliche Komplott von Ivar und Igor ist mehr eine One-Man-Show von Ivar allein, der dem Jungen gerne sein Intellekt demonstriert. Leider erweist sich Igor bisher als ziemlich grün hinter den Ohren und deswegen als Gegenpart zu Ivar uninteressant.
Dagegen bekommen potentiell interessante Figuren wie Harald immer noch nicht die Präsenz, die sie verdienen. Stattdessen werden neue Jarls aus ganz Norwegen eingeführt, die schnell eingeflogen wurden, um an Olafs Abstimmung teilzunehmen. An einer Stelle erklärt König Olaf einem Jarl, dass sich durch die Wahl Björns zum König von Norwegen nichts ändern würde. Und genau deswegen ist die Abstimmung für uns Zuschauer auch wenig spannend. Warum zeigt man an dieser Stelle nicht noch mehr von Harald, dessen Haupt-Quest von Anbeginn ja schon ist, König von Norwegen zu werden? Der Raum für Intrigen und Reibungen wurde nicht ausgenutzt.
Hvitserk in der Drogenhölle macht auch keinen Spaß mehr. Wir sind bereits fünf Folgen in der Staffel drin, und Hvitserk ist immer noch ein nutzloses Häufchen Elend. Natürlich wird er früher oder später Rache an Ivar nehmen – vielleicht wird er es sogar sein, der Ivar tötet. Aber sein Charakter liegt momentan immer noch im Koma und sabbert vor sich hin.
Letztendlich ist das einzig interessante in Wahltag die scheinbare Reinkarnation von Freydis als Olegs Braut Katja. Ebenso wie Ivar, kann ich mir bislang nicht erklären, was es mit diesem neuen Mysterium auf sich hat. Hier zeigt die Handlung endlich wieder ein wenig Lebendigkeit und den willkommenen Touch Übernatürlichkeit, der Vikings damals noch auszeichnete.
Fazit: Folge 5 ‘Wahltag’
Weiter geht’s in der Abwärtsspirale: Vikings geht der Saft aus. Aller interessanten Konflikte beraubt, ist die Serie nur noch reine Pflichterfüllung. Man erzählt die Geschichte weiter, weil sie eben weitererzählt werden muss. Emotionen, Spannung und sogar die Action lassen sich einfach nicht mehr blicken (wie übrigens Floki). Wenn noch nicht mal der Cliffhanger der Folge einen Hauch von Interesse für die Nächste wecken kann, dann braucht Vikings in der nächsten Folge einen ganz lauten Paukenschlag zum Aufwachen.
Bewertung: 6.1
Original-Titel: Death and the Serpent
Erscheinungsdatum: 09.01.2019
Lagertha und die Siedler verteidigen das Dorf vor einem erneuten Angriff der Banditen. Währenddessen wählen die Jarle und Könige ihren neuen Anführer, den König ganz Norwegens. Oleg heiratet Katja und Ivar sieht immer noch einen Geist – ebenso wie Hvitserk.
Endlich ist es soweit: Die sechste Staffel Vikings liefert ihren ersten Höhepunkt. Lagerthas Lied ist eine durchweg starke Folge, die an die Qualitäten der alten Zeiten nahtlos anknüpft. Doch was genau hob nun den Karren aus dem Mist?
Zunächst einmal bietet die Folge gleich mehrere Pay-Offs, die in den vergangenen fünf Folgen komplett gefehlt haben. So erweist sich die Abstimmung für den König von Norwegen doch als ein spannender Wendepunkt der Geschichte, denn Harald hat tatsächlich die Krone gewonnen. Ist sein Charakterbogen nun komplett? Welche Konsequenzen schließt Björn aus seiner Niederlage? Endlich wird die Geschichte mit neuem Zündholz angereichert.
Wie der Titel der Folge jedoch erahnen lässt, gehört diese Folge Lagertha. Ihr Charakter verdient schon seit mindestens einer Staffel einen würdevollen Tod, nun wurde er ihr endlich gewährt. Die Folge macht bereits zu Anfang kein Geheimnis draus, dass Lagertha gleich das Zeitliche segnen wird: Durch epische Slow-Motions, tragische Musik und einem vorahnungsvollen Episodentitel wird man als Zuschauer auf ihren Tod vorbereitet – dabei war ich schon seit zwei Jahren bereit und habe sogar darauf gehofft, da ihre Geschichte schon lange zu Ende erzählt ist.
Nun ist auch klar, dass die Geschichte um das Dorf und die Banditen nur einen Zweck hatte, nämlich Lagertha einen finalen Schwertkampf zu geben. Obwohl wenig Emotionen in diesem Konflikt stecken, ist der Kampf dennoch kraftvoll und spannend inszeniert. Lagerthas letzter Move, der Anführer “White Hair” vollkommen unerwartet doch noch den Sieg kostet, geht als einer der epischsten Lagertha-Momente in die Geschichte von Vikings ein.
Dass es nun ausgerechnet der psychotische Hvitserk ist, der Lagertha den letzten Dolchstoß verpasst, gibt der Geschichte immerhin eine gelungene Abrundung. Dieser tragische Moment rechtfertigt zwar nicht die ewig langen Drogen-Trips von Hvitserk, die sich in den letzten fünf Folgen bis zum Abwinken wiederholt haben, aber es ist immerhin das Beste, was die Story in diesem Moment tun konnte, um wieder auf Kurs zu kommen.
Lagerthas Tod erreicht zwar bei weitem nicht die überwältigenden Emotionen, die wir während Ragnars Hinrichtung spürten, doch er gibt der sechsten Staffel endlich einen Moment, an den man sich auch noch in Zukunft erinnern kann. Damit ist nun der komplette Original-Cast der ersten Staffel abgeschrieben – es sei denn, Floki plant endlich seine Rückkehr.
Katya, die Reinkarnation von Freydis, bleibt weiterhin ein interessantes Mysterium der Geschichte. Mir sei die Schadenfreude erlaubt, als Oleg und seine neue Gemahlin vor Ivars Augen Sex haben. Gleichzeitig verleiht es Ivar wieder einen Funken Menschlichkeit, da er sich erneut in einer Situation befindet, die er nicht durchschaut. Ich hoffe, dass Michael Hirst ein interessanter Twist gelingt, diese Geschichte intelligent aufzulösen.
Fazit: Folge 6 ‘Lagerthas Lied’
Diese Folge ist die mit Abstand beste der Staffel – zumindest bis jetzt. Das Geplätscher der ersten fünf Folgen hat ein Ende und die Geschichte erschafft wieder ein Momentum, das mich in die Serie hinein saugt. Von der ersten bis zur letzten Minute hält Lagerthas Lied die Spannung oben und lenkt die Handlung in eine neue, interessantere Richtung. Hoffentlich können die nächsten vier Folgen das Niveau halten!
Bewertung: 8.2
Original-Titel: The Ice Maiden
Erscheinungsdatum: 16.01.2019
Die Beerdigung von Lagertha wird vorbereitet: Es soll die größte Zeremonie werden, die das Volk von Norwegen je gesehen hat. Björn kehrt aufgrund eines schlechten Gefühls wieder nach Kattegat zurück. Lagerthas Mörder Hvitserk ist hingegen in die Wälder geflohen.
Die Mutter von Norwegen ist die typische “Folge danach”. Das Trauma der letzten Episode wird verarbeitet und in einer großen Katharsis aufgelöst. Schließlich war Lagertha nach Ragnar der wichtigste und populärste Charakter der Serie – man kann also nicht lange genug Lebewohl sagen. Tatsächlich widmet Michael Hirst der Trauerfeier eine ganze Folge. Gelungen oder zu viel des Guten?
Vor der großen Zeremonie gibt’s noch kleine Einblicke in die anderen Handlungsstränge, zum Beispiel König Olaf, der die Wahl von Harald zum Oberkönig nicht akzeptiert. In Kiev bekommt Ivar eine geheime Botschaft von Prinz Dir, der mit Ivar gemeinsame Sache machen will, um Oleg zu stürzen. Hier werden nur kleine Schritte vorwärts gemacht, um die Nebengeschichten bis zur nächsten Folge warm zu halten.
Per telepathischer Fähigkeiten kann Björn fühlen, dass etwas Schlimmes in Kattegat passiert ist. Diesen Trick hat Vikings schon zu oft gebracht. Es ist mittlerweile reine Willkür, wenn Charaktere aufgrund böser Vorahnungen an einen bestimmten Ort reisen, nur weil die Handlung es von ihnen verlangt. Zuerst Gunnhild, jetzt eben auch Björn. Aus Aberglauben und Folklore werden verlässliche, übernatürliche Fähigkeiten, die Vikings zu einer Fantasy-Serie machen.
Abgesehen von diesem schwachen Moment und der Tatsache, dass die Story der sechsten Staffel aufgrund ihrer Unwichtigkeit komplett pausiert, ist Die Mutter von Norwegen eine typische Vikings-Folge mit alten Qualitäten.
Die bizarren Zeremonien der Wikinger kehren zurück und sehen noch stilisierter und bildgewaltiger aus als je zuvor. Dazu gehören morbide Opfergaben, brennende Holzschiffe und gruselige Priester mit zwei Gesichtern. Der epische Score von Wadruna röhrt wieder im Hintergrund und das Feeling der ersten Staffeln entfacht im alten Fan-Herz.
Besonders surreal sind die Unterwasser-Aufnahmen von Lagertha, die im Ritt der Walküren nach Valhalla gebracht wird. So etwas haben wir in der Serie noch nicht gesehen und es sah verdammt cool aus!
So emotional und ästhetisch der Abschied von Lagertha auch sein mag, er geht einfach zu lange. Die Serienmacher drücken auf die Tränendrüse, bis es weh tut. Genüsslich werden die verheulten Gesichter der Charaktere in langsamen Aufnahmen durch rotiert und jeder darf mindestens drei Mal “I love you” und “We will miss you” sagen, bis Lagertha letztendlich auf ihre letzte Reise geschickt wird. Ein bisschen weniger wäre mehr gewesen.
Fazit: Folge 7 ‘Die Mutter von Norwegen’
Für sich betrachtet, ist Die Mutter von Norwegen eine starke Episode mit großen Bildern und überdurchschnittlich guter Schauspielleistung des verbleibenden Casts. Leider ändert die Folge aber nur wenig an den Problemen, gegen die Staffel 6 ankämpfen muss. Die Geschichte wurde zu Gunsten von Lagertha pausiert, um ihren Abschied so groß und emotional wie möglich zu feiern. Dafür muss sich die Serie nicht rechtfertigen, auch wenn die Zeremonie etwas zu sehr in die Länge gezogen wird.
Bewertung: 7.8
Original-Titel: Valhalla Can Wait
Erscheinungsdatum: 23.01.2019
Hvitserk gesteht den Mord an Lagertha und Björn fällt sein Urteil. Währenddessen entstehen unerwartete Spannungen zwischen Oleg und Igor. Ubbe reist mit Kjetill nach Island, um sich auf die Suche nach dem verschollenen Floki zu machen.
Ich hätte nicht gedacht, dass Hvitserk so schnell als Mörder von Lagertha enttarnt wird. Normalerweise ziehen Serien solche “Enthüllungen” in die Länge wie Kaugummi. Stattdessen sehen wir nach einer furchtbar wütenden (aber weniger beängstigenden) Hassrede von Björn auch schon Hvitserks Hinrichtung.
Diese ist tatsächlich angenehm mythisch und surreal in Szene gesetzt worden. Tribale Musik und ein göttlicher Sonnenstrahl, der sich auf den Scheiterhaufen wirft, nur um letztendlich in einem Deus Ex Machina-Moment zu enden. Ubbe wirft eine rettende Axt und Hvitserk ist gerettet – kurz ging ich davon aus, dass das nun wirklich das Ende eines weiteren Sohn Ragnars sein sollte. Aber stattdessen wählt Björn mal wieder seine grausame Lieblingsstrafe: aus dem Dorf schmeißen. Schon wieder.
Selbst Gunnhild muss Björn erklären, dass die Verbannung der Gefangenen ein großer Fehler war und letztendlich dazu geführt hat, dass Lagertha sterben musste. Umso gelassener nimmt sie Björns drölften Seitensprung hin und schlägt sogar eine Zweit-Ehe vor. Zuerst verwirrt von Gunnhilds Reaktion, scheint sie doch intelligenter als gedacht: Eröffnet sie Ingrid mit diesem unerwarteten Move den direkten 1:1 Kampf um Björns Gunst?
Ähnlich unerwartet kommt die plötzliche Eskalation zwischen Oleg und Igor. Langsam scheint der kleine Igor zu begreifen, dass er den legitimen Anspruch auf den Thron besitzt und für Oleg eine echte Gefahr werden könnte. Olegs hysterischer Moment voller Panik, in dem er ein kleines Kind zusammen schreit, ist die beste Szene der Folge und macht den Kiew-Plot interessanter.
Schon beinahe ironisch, dass ausgerechnet die Wikinger nun Opfer von Raubzügen werden. Dieser “historische” Plot-Twist könnte die Serie vor einer drohenden Belanglosigkeit retten und eine klare Fahrtrichtung ansagen. Jetzt fragt sich nur, welcher der zwei anstehenden Groß-Konflikte der Übergeordnete sein wird: Norwegen vs. Russland oder Björn vs. Harald? Vermutlich wird der Zweitgenannte das Staffelfinale von 6.1 werden, während das große Serienfinale eine Entscheidungsschlacht zwischen Nord- und Osteuropa werden könnte …
Ubbe, Kjetill, Torvi und Asa legen eine neue Rekordzeit für die 2000 Kilometer weite Überfahrt nach Island hin. Michael Hirst möchte immer noch nicht einsehen, dass durch solche Schnell-Teleportationen die schier unbezwingbare Größe einer mittelalterlichen Weltwahrnehmung dahinschwindet. Gefühlt könnte Vikings nun auch einfach Flugzeuge einführen. Air Valkyrie?
Fazit: Folge 8 ‘Die Hälfte des Himmels’
Seit dem Tod Lagerthas hat die sechste Staffel immerhin wieder eine Richtung – eine Mission. Dennoch bleibt die Serie ein Schatten ihrer selbst und Die Hälfte des Himmels kann trotz zwei starker Momente und einem Ragnar-Flashback nicht den alten Spirit heraufbeschwören. Zu viel Belanglosigkeit (Björns Bettgeschichten) und Ziellosigkeit (alles rund um Kattegat) hindern mich daran, wirklich traurig zu sein, wenn in zwei Wochen wieder die große Vikings-Pause eintritt. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt.
Bewertung: 7.4
Original-Titel: Resurrection
Erscheinungsdatum: 30.01.2019
Ubbe trifft auf den mysteriösen Wanderer Othere, der ein “goldenes Land” westlich von Island entdeckt haben soll. Ivar und Hvitserk kreuzen erneut ihre Wege, während Björn bei König Harald um Unterstützung bittet, um das russische Heer aufzuhalten.
Man darf nicht immer in Game of Thrones-Ansätzen denken. Dort war die neunte Folge meist das große Finale, der Höhepunkt der Staffel. Am Rande der Welt ist nichts dergleichen, und dennoch eines der besseren Kapitel der Staffel.
Wir alle vermissen Floki, doch Island haben sich wohl die wenigsten wieder zurück gewünscht. Dabei tut es der Serie erstaunlich gut. Schon lange hat sich Vikings nicht mehr wie ein Abenteuer der Entdecker angefühlt. Der primitive Kampf der Nordmänner gegen das Unbekannte, sei es in Form von Natur oder von fremden Zivilisationen, hat die Serie erst spannend gemacht. Eventuell könnte dieses Element mit der Einführung von Othere / Athelstan (Ray Stevenson) wieder zurückkehren.
Der letzte Schritt der nordmännischen Welt-Expansion, ein Abstecher auf den nordamerikanischen Kontinent, steht kurz bevor. Ob die Wikinger wirklich so weit gekommen sind, kann die Historie nicht mit fundiert beweisen, aber die Theorie ist da. Genug Stoff, um aus Vikings wieder eine spannende Abenteuer-Serie mit Mystery-Touch zu machen.
Weniger interessant ist die Hochzeit von Björn und Ingrid, die auch durch eine absichtlich wirre Abfolge der einzelnen Szenen nicht spannender wird. Das Liebesdreieck ist deshalb langweilig, da Ingrid gegen Gunnhild sowieso keine Chance hat – es ist noch nichtmal eine “Edward oder Jacob”-Situation. Ingrid wird gnadenlos untergehen.
Immerhin dauert es nicht lange, bis das große Ereignis eintritt, auf das wir alle gewartet haben: Hvitserk trifft auf Ivar. Die Konfrontation kommt total überraschend und etwas antiklimatisch, und wird letztendlich zu einer Wiedervereinigung. Kuscheln statt kämpfen – wortwörtlich!
Dennoch liefert Hvitserk-Darsteller Marco Ilsø eine seiner besten Momente der Serie ab. Sein manisches Lachen, während er vor Ivar zugibt, Lagertha getötet zu haben, dreht das Rollenverhältnis der beiden Brüder um 180 Grad um. Plötzlich scheint Ivar der vernünftige zu sein, und Hvitserk derjenige, vor dem man sich fürchten sollte.
Die Episode endet mit der großen Vorankündigung einer Schlacht, die, Achtung, wieder an sehr an Game of Thrones erinnert. Dennoch fehlt hier die notwendige dramatische Wucht, um den bevorstehenden Kampf zwischen Rus und Nordmännern als packenden Showdown zu platzieren. Der Konflikte ist nicht emotional genug – die Einsätze sind zu klein. So oder so wird es nun aber höchste Zeit für eine große, blutige Schlacht.
Fazit: Folge 9 ‘Am Rande der Welt’
Olegs letzter Satz prophezeit das Ende der heidnischen Götter. Spricht der selbsternannte “Prophet” erneut die Wahrheit und die Wikinger finden bald ihren historischen Lebensabend? Damit macht Am Rande der Welt endlich wieder Lust auf mehr. Auch die bevorstehende Entdeckungstour zum amerikanischen Kontinent gibt der Serie eine neue, unbekannte Variable. Leider passiert das alles viel zu spät und zu verhalten. Aber vielleicht vermag ja das Staffelfinale von 6.1 uns nochmal komplett vom Hocker zu hauen. Es wäre das erste Mal in dieser Staffel.
Bewertung: 7.6
Original-Titel: The Best Laid Plans
Erscheinungsdatum: 07.02.2019
Die Rus besprechen ihre Schlachtpläne für den Einfall in Skandinavien. König Harald und Björn kooperieren, um die enorme Streitmacht aus Kiew abzuwehren. Ivar und Igor paktieren weiterhin gegen Oleg.
Letzte Woche habe ich auf ein großes Finale gehofft, das die sechste Staffel im letzten Moment noch aus dem Sumpf des Durchschnitts befreien würde. Leider waren meine Erwartungen wieder zu hoch. Dennoch bietet Blutiger Strand ein paar inspirierende Momente, die das erloschene Potential der Serie kurz aufflammen lassen.
Die Folge hat knapp zehn Minuten Bonus-Laufzeit bekommen, nutzt diese jedoch hauptsächlich für kleinere Szenen, die der Schlacht vorgeschaltet wurden. Eine davon ist Gunnhilds Todgeburt, die einen schwer schlucken lässt – aber wie auch nicht, bei dieser Thematik.
Ist damit Gunnhilds Position in der Doppel-Ehe mit Björn geschwächt worden? Harald fragt sich an einer Stelle zurecht, wieso Björn überhaupt eine zweite Frau nötig hatte. Aber anscheinend ist das Dreieck Björn, Gunnhild und Ingrid doch konfliktreicher und dynamischer als gedacht, auch wenn die Storyline immer noch nicht zu fesseln weiß. Dafür ist Ingrids Charakter einfach zu langweilig.
Dennoch scheint König Harald an Ingrid interessiert zu sein – womöglich auch nur aus Eifersucht auf Björn. Vikings zeigt uns hier die zwei Formen der Macht, die Björn und Harald als Könige jeweils ausüben: Björn wird geliebt und bekommt daher was er möchte, während Harald seine Machtposition ausnutzt… und Ingrid vergewaltigt. Hier zeigt die Serie mit erstaunlich viel Subtext, welcher der beiden Könige wirklich die größere Krone besitzt.
Die Situation um Ivar und die scheinbare Reinkarnation von Freydis läuft etwas ins Leere – zumindest bis jetzt. Letztendlich gab es weder einen großen Reveal, noch einen übernatürlichen Twist, der das Mysterium aufgelöst hätte. Stattdessen wissen wir weiterhin nicht, welchen Platz Katja in der Geschichte eigentlich hat.
Nach etwa 30 Minuten Ruhe vor dem Sturm, setzt die große Schlacht endlich ein. Was Vikings aber noch nie konnte: Spannung vor einer Schlacht aufzubauen. Wie nervenaufreibend der Vorabend eines Kampfes ist, haben wir in der Serie so gut wie nie gespürt. Die Wikinger sind stets tapfer, bitter und furchtlos, und selbst die Schlacht, die ihr ganzes Volk ausradieren könnte, wird mit taktischer Nüchternheit eingeleitet. Mir fehlt das Herzklopfen und die Gänsehaut. Tatsächlich wirkt der Auftakt der Schlacht schon wieder belanglos und nicht konsequent eingeleitet.
Michael Hirst hin und wieder gerne, seine Schlachten mit einer experimenteller Inszenierung nachzuerzählen. Das Midseason-Finale von Staffel 5 Momente und Visionen versuchte zum Beispiel, das Schlachtengetümmel in nicht-chronologischer Reihenfolge einzufangen. Diese Experimente sind mal mehr und mal weniger erfolgreich.
Auch in der aktuellen Schlacht zwischen den Rus und den Wikingern setzt Hirst auf eine subjektive Inszenierung, statt objektiv das Geschehen zu dokumentieren. Björn sinniert über eine fiktive Unterhaltung mit seinem Bruder Ivar, während die Schlacht immer wieder dazwischen geschnitten wird. Das ist ein interessanter Ansatz, der allerdings dramaturgisch nicht ganz so effektiv ist, wie Hirst vielleicht annimmt. Dennoch ist der Dialog für Vikings-Verhältnisse intelligent geschrieben und deckt die Psychologie der beiden Charaktere auf.
Die Schlacht selbst erinnert etwas an eine mittelalterliche Normandie. Die Gestaltung der Schiffe der Rus ist aus historischer Sicht vollkommen blödsinnig, sieht aber natürlich cool aus, und erinnert, wie gesagt, an einen Küstenkampf aus dem zweiten Weltkrieg. Warum man allerdings den kleinen Igor mit in die Schlacht genommen hat, erklärt uns niemand.
Tatsächlich begann das Kampfgetümmel mich zu langweilen. Erst, nachdem Björn aus heiterem Himmel ein Schwert zwischen die Rippen geschoben bekam, schreckte ich aus meinem distanzierten Tunnelblick hoch. Urplötzlich und völlig unvorbereitet bekommen wir einen der epischeren Tode der Serie zu sehen, souverän inszeniert und mit mystischer Musik untermalt. Betrachtet man diese Szene für sich, könnte man meinen, die Serie hätte nichts an ihrer Wirkung verloren.
Leider ist Björns Schock-Tod aber nur eine einzige Szene, die sich von dieser durchschnittlichen Episode abhebt. Dazu müssen wir uns jetzt auch die berechtigte Frage stellen, ob das (scheinbare) Ableben von Björn der Serie den letzten Dolchstoß gibt. Kann der verbleibende Cast auch ohne die alten Hasen Lagertha und Björn die nächsten zehn Folgen zusammenhalten?
Fazit: Folge 10 ‘Blutiger Strand’
Leider kann auch das Midseason-Finale (das eigentlich ein Staffelfinale ist) die hohen Erwartungen nicht bedienen, die man eigentlich an eine Serie wie Vikings haben sollte. Blutiger Strand bietet den ein oder anderen intelligenten Story-Kniff, wie die unterschwellige Fehde zwischen Björn und Harald oder der fiktive Dialog zwischen den Söhnen Ragnars – doch die große Schlacht ist mehr ein großes Durcheinander. Gut choreografiert, doch dramaturgisch kaum aufgeladen. Der Fall Björns kommt unerwartet und ist dennoch die vermutlich stärkste Szene der Staffel. Reicht das, um mich heiß auf die letzten zehn Folgen zu machen? Eher nicht.
Bewertung: 74%
Die epischen Jahre sind vorbei. Vikings ist zwar alles andere als eine schlechte TV-Show, doch ist sie nach Staffel 6 (Teil 1) nur noch ein Schatten ihrer selbst. Die zehn Folgen sind gespickt mit kleinen Highlights und die Bilder sind wunderschön, doch es fehlt an allem, was die Begeisterung für diese Serie ausgemacht hat. Das Abenteuer-Feeling ist komplett verloren, die spannenden Konflikte bestehen zum Großteil aus Bettgeschichten und Ego-Masturbation, und die interessantesten Charaktere haben sich schon lange von der Bühne verabschiedet. Zwei epische Tode dürfen wir als Staffel-Highlights festhalten, aber ebenso zwei unserer Lieblingscharaktere von der Liste streichen. Für die letzte Staffel bleibt nicht mehr viel Material übrig. Hoffen wir, dass Staffel 6 (Teil 1) der Tiefpunkt der Serie bleiben wird und sich Vikings ein letztes Mal aufbäumen kann.
Artikel vom 9. Februar 2020
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