Kritik: A Quiet Place
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Nichts ist mehr, wie es war. Die Welt wurde von einer unbekannten Spezies aus dem All überrannt, fast alles Leben ist ausgelöscht. Die unheimlich schnellen Monster können zwar nicht sehen, dafür verfügen sie über sehr feines Gehör. Wer auch nur ein Geräusch von sich gibt, wird innerhalb weniger Sekunden gejagt und getötet. Lee Abbott (John Krasinski) versucht mit seiner Frau Evelyn (Emily Blunt) und seinen Kindern Regan (Millicent Simmonds), Marcus (Noah Jupe) und Beau (Cade Woodward) in dieser grausamen Welt zu überleben. Doch auch wenn sich die Familie viele Überlebenstaktiken angeeignet hat, ist sie noch längst nicht von der Gefahr gefeit…
Wer sich unwissend ins Kino setzt und ohne große Erwartungen einen weiteren, generischen Horrorfilm erwartet, der wird schon im Prolog deftig vor den Kopf gestoßen. A Quiet Place ist Hochspannung vom Feinsten und zwar von der ersten bis zur letzten Sekunde. John Krasinski inszeniert seinen dritten Spielfilm dabei haargenau so, wie es die fiktive Welt verlangt: leise.
Spätestens nach 10 Minuten traut sich im Kino niemand mehr, in der Chipstüte zu kramen. So stark überträgt sich die Atmosphäre und die vorsichtigen Handlungen der Protagonisten auf den Zuschauer. Bei jedem Schritt hält man die Luft an, hoffend, dass die Familie doch noch mit dem Leben davon kommt. Dabei hagelt es Überraschungen im Sekundentakt.
John Krasinski scheut sich nicht, bekannte Filmmotive der Horrorwelt für sich zu nutzen. Aufgrund seiner einzigartigen Prämisse fallen diese jedoch wesentlich effektiver aus. Wenn minutenlang Stille herrscht, dann wirkt ein einziger Jumpscare wie ein Kanonen-Bombardement – und davon gibt es richtig viele. Auch, wenn der eine oder andere davon gegen Ende des Films arg erzwungen wirkt, treffen diese Schockmomente doch fast immer ins Schwarze. Das liegt auch am übermächtigen Sounddesign und dem starken Soundtrack von Marco Beltrami.
Dazu kommt das feine Spiel mit der Suspense. Durch kleine Andeutungen wird der Zuschauer schon auf Gefahrenstellen in der Umgebung hingewiesen – und bangt entsprechend mit, ob die Protagonisten hinein tappen. Krasinski zieht diese Spannungsschlinge stilsicher und gekonnt minütlich mehr zu. So wirken die 90 Minuten Film wie ein schier endloser Trip durch die Hölle. A Quiet Place ist die neue Benchmark, wenn es um Spannung geht!
Herzstück des Films bleibt die Abbott-Familie. Andere Personen gibt es nur in Form von Leichen oder entfernten Feuersignalen, die andeuten, dass sich auch andere Menschen vor den übermächtigen Monstern in Sicherheit bringen konnten. Wie diese Familie in ihrer Dynamik gezeichnet wird, ist schlichtweg meisterhaft. Denn ihr Alltag auf einer abgeschiedenen Farm ist keineswegs mehr von Normalität geprägt.
Da keine Geräusche gemacht werden dürfen, kommunizieren die Figuren in Gebärdensprache. Dabei ist es hochinteressant zu sehen, wie auch emotionale Konflikte in Stille ausgetragen werden. Etwa, wenn der ängstliche Marcus sich weigert, auf eine Expedition mit seinem Vater mitzugehen. Oder die gehörlose Regan, die es partout nicht schafft, ihre Verletztheit und ihr Wunsch nach mehr Verantwortung auszudrücken. Genau diese Dynamik zwischen den Familienmitgliedern ist das Herzstück des Films und zudem ein emotionaler Ankerpunkt, der an die Substanz geht.
In den ersten zwei Dritteln von A Quiet Place halten sich die todbringenden Aliens noch dezent zurück. Immer mal wieder wird subtil angedeutet, wie die Monster aussehen oder interagieren. Erst im schweißtreibenden Finale bekommen wir die Ausmaße dieser Gestalten in voller Pracht zu sehen. Während in vielen Horrorfilmen dieses Element zum großen Frustfaktor wird (etwa die künstlichen Aliens in Frank Darabonts Der Nebel), hat das CGI-Department hier mit enormer Sauberkeit gearbeitet. Die Monster fügen sich nahtlos in das Setting ein – ob sie nun durch ein Maisfeld hetzen oder durchs Wasser waten – und sind dabei auch noch richtig schaurig anzusehen. Ein weiterer Pluspunkt in einem außergewöhnlichen Film.
John Krasinski spielt zum ersten Mal mit seiner Ehefrau Emily Blunt: und es zahlt sich voll aus. Es ist überflüssig zu sagen, dass Blunt (Sicario, Lachsfischen im Jemen, Der Teufel trägt Prada) zu einer der stärksten Schauspielerinnen unserer Zeit gehört. Und auch Krasinski, der vielen noch als frecher Jim aus The Office bekannt sein dürfte, zeigt eine ganz neue, sehr erwachsene Facette in seinem Spiel. Zusammen sind die beiden jedoch eine Wucht. Es braucht nicht viele Gesten um die innige und von Schicksalsschlägen gebeutelte Beziehung zwischen dem Filmpaar zu etablieren. Sowohl Krasinski als auch Blunt bekommen in The Quiet Place viele Szenen, in denen sie glänzen dürfen.
Noah Jupe ist als schüchterner Sohnemann durchaus solide. Die Angst, die der Junge versprüht, wenn er alleine über die Farm hastet, kauft man ihm immer ab. Millicent Simmonds, die auch im echten Leben gehörlos ist, bringt dabei noch mal eine Spur mehr Facetten hinein. In einer Welt, in der Geräusche tödlich sind, hat sich für sie eigentlich nichts verändert – für ihr Umfeld hingegen schon. Gleichzeitig fallen ihre inneren Kämpfe unheimlich intensiv aus. Denn auch sie ringt damit, in all dem Trubel von ihrer Familie “gehört” und wahrgenommen zu werden. Wie Simmonds das darstellt, ist atemberaubend gut!
John Krasinski, der Drehbuch, Regie und Hauptrolle für diesen Film übernahm, serviert uns einen waschechten Horrorschocker, der sich in vielerlei Hinsicht von der Standardkost abhebt. Die ausgeklügelte Prämisse des Films sorgt nonstop für Spannung und nervenzerfetzende Schockmomente. Dazu kommt eine ungemein emotionale Komponente – denn der Film geht primär nicht um feindselige Monster, sondern um die Dynamik innerhalb einer Familie, die von Verlust, Angst und dennoch von Zuneigung und Achtsamkeit geprägt ist. Entstanden ist ein Cocktail, der nicht nur amtlich schockt, sondern vor allem aufgrund seines glaubwürdigen Ensembles sehr ans Herz geht. Nach Get Out ist A Quiet Place definitiv die nächste Horrorüberraschung. Chapeau, Herr Krasinski!
Artikel vom 20. Mai 2018
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