Eine zauberhafte Reise
Um eines gleich unverständlich klar zu machen: Es geht sehr schnell zur Sache. Bereits die erste Szene mit der surrealen Auseinandersetzung zwischen der Ältesten und den bösen Dissidenten zeigt dem Zuschauer, auf was sie sich mit dem Film einlassen. Erst danach lernen wir die tragische Geschichte um den gebrochenen Dr. Stephen Strange kennen, der seine Heldenreise antritt und dabei hoffentlich zu einem neuen Mensch heranreift – und das möglichst rasch. Denn der Film lässt kaum Zeit zum durchatmen.
Trotz einer sehr stabilen Handlung, die sich konsequent auf die klassische Superheldenformel bezieht, kommt das Gefühl auf, dass sich viele Ereignisse zu schnell ereignen. Dies wird vor allem bei seiner spirituellen Ausbildung deutlich: Viel zu schnell wird der zweifelnde Strange zu einem der mächtigsten Zauberer im Kloster. Zwar wird das mit seinem Intellekt und seiner Entschlossenheit erklärt, dennoch wirkt es überstürzt. Trotzdem bietet der Film eine gelungene Handlung, die in der Lage ist, zu überraschen. Vor allem das Ende wird niemand kommen sehen.
Der exzentrische Cumberbatch
Dass Doctor Strange eine schillernde Persönlichkeit ist, sollte klar sein. Und wer könnte diesen Exzentriker besser spielen, als der ohnehin exzentrische Benedict Cumberbatch. Tatsächlich ist diese Art von Rolle dem modernen Sherlock Holmes nicht unähnlich. Denn genauso wie dieser, ist Doctor Strange gesegnet mit enormen Intellekt und einem gnadenlosen Ego. Cumberbatch schafft es, überzeugend und glaubhaft das arrogante Arschloch zu spielen und der Figur gleichzeitig den nötigen Charme zu verleihen. Natürlich ist dieses Charakter-Stereotyp nichts Neues – Bereits Robert Downey Jr. aka. Iron Man, aka. “der andere Sherlock Holmes”, hat seinen exzentrischen Genies das nötige Leben verliehen. Dennoch überzeugt Doctor Strange mit seine eigenen Art – zweifellos eine der interessantesten Figuren des MCU.
Gute Zauberer, schlechte Zauberer
Die tibetanische Zauberschule bietet ein Heim für sehr interessante Persönlichkeiten. Dennoch zeichnet sich die Besetzung durch ihre sparsame Anzahl aus, denn gerade mal ein paar Zauberer werden ausgiebig beleuchtet – doch diese haben es in sich. Während Mordo (Chiwetel Ejiofor) als Unterweiser von Strange eine solide Performance bietet, zeigt die Älteste da schon mehr. Als weise und gleichzeitig überraschend schlagfertige Mentorin weiß Tilda Swinton zu überzeugen. Da vergisst man auch die “Whitewashing”-Kontroverse, da man diese Rolle “natürlich” einer nichtasiatischen Frau gegeben hat.
Man könnte meinen, dass das Ego von Doctor Strange groß genug ist, um als selbstständiger Superschurke aufzutreten. Dieser würde sich aber schlecht vermarkten lassen, weshalb ein anderer diese Rolle übernahm: Kaecilius (Mads Mikkelsen). Anfangs noch kommt das Gefühl einer klassischen Schurkenbiografie auf: Ein ehemaliger Lehrling der Ältesten, der sich von ihr hintergangen fühlte und nun sein eigenes, böses Ding durchzieht. Schnell denkt man an andere Szenarios, nicht zuletzt an Kung Fu Panda. Doch glücklicherweise bietet Kaecilius überraschend viel Tiefe, sodass seine Motivation sogar in gewisser Weise nachvollziehbar wird. Es werden Parallelen zu Dr. Strange selbst ersichtlich, was ihn gleichzeitig dazu veranlasst, die wahren Hintergründe seiner neuen Mentorin zu hinterfragen. Kaecilius ist bei weitem kein Loki, doch ein bemerkenswerter Marvelschurke.
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!