7.3/10

Kritik: Doctor Strange in the Multiverse of Madness

MULTIVERSUM NR. 2

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Genres: Abenteuer, Action, Fantasy, Startdatum: 04.05.2022

Interessante Fakten für…

  • Obwohl dies erst der zweite Film für den Doctor ist, taucht er bereits das sechste Mal im MCU auf.
  • Schauspielerin Xochitl Gomez hat bereits einiges an Schauspielerfahrung, doch ist sie zum ersten Mal in einem Blockbuster zu sehen!
  • Doctor Strange in the Multiverse of Madness ist der bisher längste Titel eines MCU-Films.

Marvel taucht mit dem zweiten Teil von Doctor Strange tief ins Multiversum des Wahnsinns ein. Wieso diese Schauergeschichte, inszeniert von Altmeister Sam Raimi, tatsächlich lohnt und wo sie schwächelt, erfahrt ihr in der Kritik.

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Darum geht’s

Nach dem von Thanos, der bisher größten Gefahr für das Marvel-Universum, in Avengers: Infinity War (2018) verursachten “Snappening” verlaufen die Leben der meisten Menschen wieder in geregelten Bahnen. Zumindest oberflächlich betrachtet. Doctor Stephen Strange (Benedict Cumberbatch) hat zwar etwas wilde und unruhige Träume, doch schon am nächsten Tag setzt er ein ruhiges Lächeln auf und geht auf die Hochzeit von Christine Palmer (Rachel McAdams), für die er noch immer Gefühle hegt. Aber die Feierlichkeiten werden unterbrochen, als ein Monster durch die Straßen New Yorks wütet, das Stephen stark an seinen letzten Traum erinnert…

Verlustschmerz und Muttergefühle

Ein zentrales Thema, das Doctor Strange in the Multiverse of Madness verhandelt, ist die der Schmerz des Verlustes und der verpassten Chancen. Angetrieben von der Frage danach, ob die Dinge nicht auch anders hätten laufen, ob es nicht eine glücklichere Version des eigenen Lebens hätte geben können, ist das Multiversum solide auf struktureller Ebene in die Handlung verwoben. Etwas schwierig könnte es für unaufmerksame Zuschauende werden, die nicht immer direkt parat haben, was die letzten Ereignisse aus Doctor Strange (2016), WandaVision (2021) oder diversen Avengers-Filmen waren, die hier relevant sind.

Nicht nur Stephen Strange ist von der Frage geplagt, ob er nicht ein besseres, glücklicheres Leben hätte führen können. “Bist Du glücklich?” ist wahrscheinlich die zentrale Frage des Films. Fast alle Figuren haben etwas verloren und trauern einer anderen Wirklichkeit hinterher. Die Versuche, mit diesem Verlust fertig zu werden, sind dabei zahlreich. Von der simplen Akzeptanz über Selbstbetrug und dem Versuch, die verlorene Wirklichkeit mit Zwang wiederherzustellen, bis hin zur – sagen wir mal spoilerfrei – Schaffung einer technokratisch organisierten Meritokratie.

Die Behandlung tiefgehender Themen tritt im Popcornkino grundsätzlich gegenüber des Spektakels zurück. Dementsprechend wenig überraschend ist es, dass Doctor Strange in the Multiverse of Madness kein wirklich umfassendes Bild der im Zentrum der Handlung stehenden Emotionen liefert, sondern oft natürlich vor allem Action und bunten Zauber liefert.

Gruselverse of Raimi

Regisseur Sam Raimi ist einerseits dafür berühmt, den Superhelden-Boom im Kino des 21. Jahrhunderts maßgeblich mit ausgelöst zu haben. Mit Spider-Man (2002) hat er nach Batman (1989) eine neuen Meilenstein des Comicbook-Kinos gelegt.

Der riesige Erfolg seiner Spider-Man-Trilogie hat nicht nur für zwei Neuauflagen gesorgt, die bekanntermaßen vor kurzem in Spider-Man: No Way Home (2022) zusammengeführt wurden; sondern auch den Anfang des Hypes um Marvel im Kino überhaupt. Da erscheint es passend, dass Raimi jetzt wieder zu einem Comic-Stoff zurückkehrt, um wieder etwas neues zu versuchen.

Andererseits ist Sam Raimi nämlich neben Spider-Man vor allem für seine spektakulären Horrorfilme wie The Evil Dead (1981) oder Army of Darkness (1992) bekannt – beides absolute Horror-Kultfilme. Dass nun Doctor Strange in the Multiverse of Madness vor allem auf diese Tradition in Raimis Werk rekurriert, statt auf Spider-Man, ist gleichermaßen überraschend wie erfreulich.

Der zweite Teil von Doctor Strange ist der bisher düsterste Eintrag in der langen Marvel-Filmreihe. Durch den gesamten Film zieht ein Spiel mit den Zitaten aus den Raimi-Horrorklassikern. Dabei gelingt es dem Film durchaus, ein Gleichgewicht zwischen selbstironischem Schauer und comichafter Albernheit zu schaffen. Die Mischung funktioniert über weite Strecken.

Zudem macht Raimis Inszenierung und seine bekannten visuellen Stilmittel einfach Spaß. In seinen Überblenden, Kameraschwenks oder analog wirkenden Bildeffekten steckt viel Kino der 80er und 90er und vor allem Verspieltheit. An etlichen Stellen werden für einen solchen Mainstreamfilm ungewohnte gestalterische Entscheidungen getroffen, die dafür umso mehr Spaß machen, weil sie überraschen und einfach gut funktionieren.

Ist Doctor Strange in the Multiverse of Madness herausragender Horror? Nein, das nicht. Herausragende Comedy? Drama? Ebenfalls nein. Aber in der Kombination macht er viel Spaß. Vor allem dann, wenn Raimi typische Raimi-Dinge macht und zeigt.

Gesellschaftskritik für Anfänger

Neben den erwähnten Themen, die mit Figurenpsychologie verknüpft sind, mischt Doctor Strange in the Multiverse of Madness aber noch etliches an aktuell Politischem und Gesellschaftskritischem. Es geben sich den Staffelstab der Relevanzerwähnung in die Hand: Klima-Utopie, eine sauberere Welt, gesellschaftliche Ungleichheit, Lebensmittelgerechtigkeit, Traumata und geistige Gesundheit, Gleichberechtigung, Männer- und Frauenrollen, Queerness.

Es ist natürlich nicht schlecht, dass diese Sachen behandelt werden. Wahrscheinlich ist es sogar gut, dass sie, wenn auch nur nebensätzlich, im Mainstream Erwähnung finden. Wie ist aber eine andere Frage. Womöglich hatten die Entscheidungsträger bei Marvel nach der sehr gemischten Reaktion auf Eternals (2021), der sich viel breiter auf (manche) dieser Themen eingelassen hatte, Grund zur Sorge und Zurückhaltung. Das wirkt hier etwas reißbretthaft geplant und dann für einen Wegwerfwitz nebenbei verschossen.

Fazit

7.3/10
Ordentlich
Community-Rating: (3 Votes)
Handlung 7/10
Visuelle Umsetzung 8.5/10
Kostüm & Maske 7.5/10
Horror 7/10
Humor 6.5/10

Doctor Strange in the Multiverse of Madness ist genau das, was der mund- und rachenfüllende Titel verspricht. Ein ungewohntes Spektakel. Kompromisslos experimentierfreudig schaltet und waltet Regisseur Sam Raimi, um eine neue Richtung im Superheldenkino einzuschlagen. Mit viel visueller Verspieltheit und Überraschung bietet sich ein nicht fehlerfreies, aber doch lohnendes Blockbuster-Erlebnis. Unbedingt anschauen, unbedingt im Kino.

Artikel vom 4. Mai 2022

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