Tony wurde in seinem späteren Leben Schauspieler und verkörperte u.a. Rollen in Der Pate, Good Fellas und Die Sopranos. Deshalb bestand für Farelly kein Grund, jedes Klischee des aus der Bronx stammenden Italoamerikaners zu vermeiden, im Gegenteil, er tut es mit augenscheinlicher Freude. Für den Zuschauer ist es aber zunächst eher ungewohnt, den königlichen Helden Aragorn mit zusätzlichen Kilos und in unsäglichen Unterhosen mit einem verrückten Bronxslang durch die Kulissen trampeln zu sehen, pausenlos essend und gleichzeitig rauchend, intellektuell eher unterbelichtet, dafür aber schlau und skrupellos auf den eigenen Vorteil bedacht.
Zu Hause dann die ach so typische italienische Großfamilie, dauerquatschend und gestikulierend, die Frau aber herzlich und lieb. Als zwei schwarze Handwerker den Abfluss in der Küche reparieren, tauchen ungefragt mehrere Verwandte auf, um aufzupassen, dass der Hausfrau nichts passiert und Tony wirft die benutzten Trinkgläser, aus denen die Handwerker getrunken haben, angewidert in den Mülleimer.
Was für ein herrlicher Spaß, als dieser Tony dann ein Angebot als Fahrer für einen „Doktor“ bekommen hat, von dem er weder weiß, dass er kein Mediziner sondern Pianist ist und außerdem schwarz.
Es lebe der Gegensatz
Das ist der Motor dieser Geschichte und er schnurrt wie ein Kätzchen. Wo es an dreidimensionalen Nebencharakteren, Action und einer komplexen Handlung mangelt, saugt dieser Film sein Lebenselixier aus dem Talent der beiden Hauptdarsteller, die ihn mühelos tragen. Man merkt den beiden an, dass sie sich nahtlos ergänzen und jeden für sich in seiner Rolle glänzen lassen. Viele Szenen spielen während des Fahrens, Tony vorne mit dem ständigen Bedürfnis zu reden und alles, was ihm durch den Kopf geht, zu kommentieren, Don Shirley hinten mit den Augen rollend und scheitern beim Versuch, diesen Redefluss zu stoppen.
Die Fressorgien von Tony sind gleichzeitig abstoßend und urkomisch und finden ihren Höhepunkt in einem Eimer voll mit Fried Chicken. Der intellektuelle Künstler würde sowas natürlich nie essen, aber ein Italiener akzeptiert nicht, wenn man sein Essensangebot ablehnt, völlig unmöglich, sodass am Ende der Kinosaal vor Freude gluckst wenn Don Shirley mit spitzen Fingern ein Hähnchenbein anknabbert und dabei – oh Wunder – auf den Geschmack kommt. „Und was machen wir mit den Knochen“ – kein Problem, Fenster auf und raus damit! Als aber der Pappbecher hinterherfliegt, schwenkt die Kamera auf die Außenperspektive. Der Wagen stoppt, fährt zurück, die Tür geht auf und eine Hand sammelt den Becher wieder ein. Symbolischer und gleichzeitig lustiger hätte man diese Szene nicht darstellen können.
Dieser Film ist dabei: Unser Ranking der besten Filme auf Netflix
Die Musik – das tragende und verbindende Element
Donald Walbridge „Don“ Shirley war ein großer Künstler, schon früh ein Wunderkind am Flügel, aber dass ein Schwarzer klassische Musik in den großen Sälen spielt, wurde in dieser Zeit nicht akzeptiert. Shirley findet seinen Weg, allerdings nicht ohne Bedauern, und vermischte klassische Elemente mit Jazz in einer virtuosen Weise, die absolut mitreißend war. Als Tony bei der ersten Vorstellung nur von außen zuschaut, spiegelt sich seine Begeisterung in seinem Gesichtsausdruck. Dieser harte Typ, der als Rausschmeißer in den Clubs sicherlich schon viel gehört hat, erkennt hier das Besondere und Große und sagt es zu seinem späteren Zeitpunkt auch Don Shirley, als dieser mal wieder an seiner besonderen Lebenssituation verzweifelt:
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!