Besonders wahnsinnig ist ein Messerwerf-Duell zwischen Wick und einer Handvoll Ninjas in den ersten Minuten des Films. Komplett ohne Shaky-Cam und ohne unnötige Schnitte hält die Kamera frontal auf das Geschehen drauf. Die Immersion ist nahezu perfekt und der Zuschauer kann die Action genüsslich aufsaugen; oder zusammenzucken, wenn die Brutalität doch mal die Schmerzgrenze übersteigt.
Man merkt zu jeder Sekunde, dass dieser Film das Liebeskind eines ehemaligen Stuntman ist. Somit stellt Regisseur Chad Stahelski, der auch schon bei den ersten beiden Wick-Filmen Regie führte, die Choreographie in den Vordergrund, nicht die Inszenierung. Dadurch sehen aber auch einige Kämpfe mehr aus wie abgesprochene Tänze als echte Fights. John Wick ist im Action-Genre wie Wrestling im Kampfsport: Unglaubwürdig, over-the-top und unglaublich unterhaltsam.
Action hält wach, Story lullt ein
Weniger Entertainment ist hingegen die Story. Zwar bietet auch Kapitel 3 einige kreative Einsichten in die abgedrehte Fantasiewelt der Auftragskiller, doch wird die Geschichte eher zur Last des Films, als ihn voranzutreiben.
Nach einem spannungsgeladenen Auftakt in dem die Kopfgeldjagd auf John Wick eröffnet wird, baut der Film im Mittelteil seine Spannung ab auf ein Nullniveau. Statt das Adrenalin aufrecht zu erhalten, legt man erstmal die Füße hoch und lässt sich von den immer noch grandiosen Bildern und weniger grandiosen Dialogen berieseln. Erst im letzten Drittel gewinnt der Film seine Spannung zurück.
Im direkten Vergleich zum Original fehlt es Kapitel 3 an klaren Identifikationspunkten. Der erste Film war ein astreiner, stumpfer Rachethriller und jeder Kill von Wick illusionierte uns Genugtuung. Leider haben wir im letzten Teil der Trilogie keinen Bezug mehr zum Protagonisten und folgen ihm stattdessen wie einem Videospiel-Charakter.
Zwischen Computerspiel und Graphic Novel
Warum gibt es zu John Wick eigentlich noch kein Computerspiel? Schließlich sind die Filme nichts anderes als lebendig gewordene Ego-Shooter. Das satte Sounddesign, das uns mit jedem abgefeuerten Schuss zusammenzucken lässt und wir jede Plastikhülse der Shotgun auf dem Boden aufschlagen hören, gibt einem das Gefühl, selbst Teil der Schießerei zu sein. Tatsächlich hätte John Wick: Kapitel 3 eine Nominierung für bestes Sounddesign bei den Oscars verdient.
Die erhabene visuelle Komposition der Szenen ist ein Leckerbissen für jeden Cineasten. Mit Neonlichtern, Regenschauern, Penthäusern und ganz viel Spiegeln erzeugt der Film eine einzigartige, surreale Atmosphäre, den die ersten beiden Filme bereits als Alleinstellungsmerkmal der Reihe etablierten. Neo-Noir trifft Cyberpunk. Besonders bildgewaltig ist der Showdown, der mehr Glas zersplittern lässt als ein Elefant im Spiegelkabinett.
“Wie gut sind die Dialoge?” “Ja.”
Die Gespräche in John Wick: Kapitel 3 bestehen zum Großteil aus aufgesagten Förmlichkeiten und rezitierten Regeln. Keanu Reeves selbst antwortet meist nur mit “Ja”, “Nein”, “Vielleicht”. Aber ganz ehrlich, ohne diese abgedroschenen One-Liner wäre der Film kein richtiger Actioner.
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!