Der zweite Grund für den Terror ist die brutale Präsenz von Ethan Hawke. Der erfahrene Schauspieler, der sich in den letzten Jahren immer wieder neu erfunden hat – ob Wikinger (The Northman) oder Sektenführer (Moon Knight) – hat eine physische Präsenz, die ebenso wie seine Stimme unter die Haut geht. Dass sein Gesicht die meiste Zeit von Masken (je nach Gefühlslage lachend oder finster dreinblickend) bedeckt wird, ist noch nicht mal der gruseligste Teil. Allein die Augen des Ausnahmeschauspielers sagen alles.
Die Kinderschauspieler:innen liefern ab!
Ethan Hawke ist jedoch nicht der Dreh- und Angelpunkt der Geschichte und wird tatsächlich erstaunlich wenig beleuchtet (dazu später mehr). Das wortwörtliche Herzstück sind die Geschichten der Kinder, vor allem von Finney und Gwen. Finney wird überzeugend-zurückhaltend von Mason Thames verkörpert, der stimmig zwischen Schock und Aktionismus wechselt und nur in ganz wenigen Szenen der emotionalen Tragweite nicht vollends gewachsen ist.
Entdeckung des Jahres ist aber ganz klar Madeleine McGraw. Die Jungschauspielerin agiert unglaublich wahrhaftig, intensiv, einfühlsam und tough zugleich – und bleibt dabei komplett nachvollziehbar. Sie trägt das emotionale Gewicht der Szenen außerhalb des Kellers fast mühelos. Ansonsten bleibt vor allem Jeremy Davies (Der Soldat James Ryan) als unberechenbarer Vater des verschwundenen Finney im Gedächtnis.
Hochglanz-Horror mit Schönheitsfehlern
Dennoch bleibt The Black Phone nicht vor einigen Ungereimtheiten verschont. Gerade in der Einleitung des Films fällt deutlich auf, wie schnell viel Information in die kurzen Dialoge gepackt werden musste, um den Zuschauer:innen alles Relevante schnellstmöglich zu vermitteln. Diese Hopplahopp-Schreibtechnik, die in den letzten Jahren leider bei vielen Produktionen offensichtlich war, lässt wenig Raum für das Unausgesprochene und nimmt der Mystik ein wenig den Wind aus den Segeln.
Apropos unausgesprochen: die Figur des Grabbers ist zwar furchteinflößend, aber ansonsten zu dünn untermauert. Hier wäre das Gegenteil des vorigen Kritikpunktes angebracht gewesen: ein paar kleine Hinweise, die uns rätseln lassen, wie der Serienkiller zu dem geworden ist, was er ist. So fallen eben vor allem die allegorischen Elemente auf (der Grabber schlägt die Kinder ebenso mit dem Gürtel wie es Finneys Vater tut), zu deren endgültigen Entschlüsselung jedoch wenig beigetragen wird.
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