Kritik: The Flash
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Barry Allen (Ezra Miller) aka dem Flash gönnt man einfach keine Verschnaufpause: Ständig muss der schnellste Mensch der Welt der Justice League helfen, die ihn praktisch als besseren Hausmeister betrachtet, nur um dann zu seiner Arbeit in der Forensik immer wieder zu spät zu kommen. Doch gerade diese Arbeit ist ihm ausgesprochen wichtig, denn er hofft so, seinen Vater (Ron Livingston) zu entlasten, der vor Jahren fälschlicherweise für den Mord an Barrys Mutter (Maribel Verdú) verurteilt wurde. Doch so sehr er sich auch bemüht, es mangelt ihm einfach an den nötigen Beweisen. Als er sich seinen Erinnerungen hingibt und in seiner Verzweiflung viel schneller rennt als sonst, stellt er ein unglaubliches Phänomen fest: Er sieht beim Rennen Ereignisse aus der Vergangenheit, die sich rückwärts in der Zeit bewegen. Für Barry ist es sonnenklar: Er kann in der Zeit zurückreisen!
Barry sieht sogleich die einmalige Chance, beide Eltern zu retten. Also reist er zurück und verändert die Vergangenheit so minimal, wie er nur kann. Als er zurückkehrt, scheint er auf den ersten Blick erfolgreich gewesen zu sein, bis er seinem früheren Ich begegnet. Aus irgendeinem Grund ist er einige Jahre zu früh zurückgekommen. Damit die Zeitlinie stabil bleibt, muss nun Barry seinem vergangenen Ich, der aufgrund eines Mangels an traumatischen Ereignissen schrullig und sorglos geworden ist, rechtzeitig seine Superkräfte verpassen.
Doch das ist nicht das einzige Problem: Eine immense Gefahr bedroht die Erde, doch aus irgendeinem Grund existiert die Justice League nicht mehr. Was hat Barry da nur angerichtet?
Beim jahrzehntelangen Veröffentlichen von Comicbüchern kommt schonmal einiges an Geschichten zusammen. So sehr, dass Neueinsteiger Einstiegsschwierigkeiten haben. Zudem können sich Comicautor bei übermäßigem Lore schnell mal in eine Sackgasse texten. Was macht man also? Genau, man geht auf Anfang!
Und dafür hat sich gerade DC eine clevere Methode ausgedacht: Sie veröffentlichten eine Comicreihe namens Flashpoint, bei dem Flash die Vergangenheit verändert um seine Mutter zu retten, dabei jedoch den Weltuntergang hervorbringt. Zwar bringt er alles wieder in Ordnung, doch das Universum wirkt etwas anders. Zurecht, denn DC konnte so mit The New 52 das gesamte DC-Universum neu rebooten.
So ein narrensicherer Neustart kommt gerade dem DCEU gelegen. Von Anfang an war der Versuch, mit dem MCU zu konkurrieren ein reines Chaos. Ob Helden, Regisseure oder der angebende Ton der Filme – man war sich über nichts einig. Mal sollte der Regisseur Zack Snyder das Snyderverse einführen, dann doch nicht. Mal sollte Henry Cavill als Superman gegen Black Adam kämpfen, dann wieder doch nicht. Es war ein reines auf und ab, dass sich auch in den Kritiken widerspiegelte. So erhofft man sich selbstverständlich, dass ein kosmischer Neustart unter der Leitung von GotG-Legende James Gunn das DC Universum wieder auf Kurs bringt.
Doch bevor wir anfangen, müssen wir unweigerlich den Elefanten im Zimmer adressieren:
Hollywood-Celebrities neigen dazu… exzentrisch zu sein. Mal teilen sie pseudoreligiöse Ansichten, mal gibt es ein Sextape von ihnen – und mal würgen sie Frauen, verführen Minderjährige und bedrohen deren Eltern. Ach nein, die letzten Drei waren nur Ezra Miller und das war nur ein Bruchteil seiner Eskapaden. Der junge Schauspieler war in ein Skandal nach dem anderen verwickelt, sodass kein Ende in Sicht schien. Die Beschuldigungen, dass es mit ihm zu Komplikationen am Set kam, wirken dagegen schon harmlos.
Doch trotz all dem weigerte sich Warner Bros ihn zu feuern. Er war immer noch Credence in Phantastische Tierwesen und er ist immer noch Flash im DCEU. Während man in Hollywood bereits aufgrund von Beschuldigungen entlassen wird, genießt Ezra hier absolute Narrenfreiheit.
Folglich riefen viele Leute verständlicherweise zum Boykott auf. Doch ich habe mich entschlossen, The Flash eine Chance zu geben und diesen so sachlich wie möglich zu bewerten.
Von daher stellt sich die Frage: Kann der Flash seiner Vergangenheit schneller entkommen als Ezra Miller der Polizei?
Wir erinnern uns an Barry Allen aus Justice League: Schrullig, sozial unbeholfen und mit der Angewohnheit, den Mund nicht zuzukriegen, wenn er nervös ist. Einige mochten die Darstellung, andere fanden sie nervtötend. Glücklicherweise hat man diese Reaktionen berücksichtigt und man präsentiert nun einen reiferen Flash. Er ist zwar immer noch unbeholfen und manövriert sich nach wie vor in alberne Situationen, doch man erkennt tatsächlich eine Charakterentwicklung.
Und um diesen Umstand noch stärker zu verdeutlichen, hat man sich etwas Verrücktes einfallen lassen: Man hat all die negativen Eigenschaften von Flash aufgedreht und in sein Vergangenheits-Ich gepackt. Dieser junge Barry, der nie ein Kindheitstrauma erleben musste, ist aufgedreht, skurril und hat die Aufmerksamkeitsspanne eines Goldfisches. Umso interessanter ist es, dass der erwachsene Barry sein früheres Ich praktisch an der Hand nehmen muss, um die Welt zu retten und dabei gleichzeitig selbst erwachsen werden muss. Und welche entscheidende Rolle der frühere Barry spielt, wird vor allem am Ende klar.
Doch bis es dazu kommt, muss man sich durch den Anfang des Filmes durchkämpfen.
Ein Problem des Filmes ist, dass er sich anfühlt als würden zwei verschiedene Genres um die Vorherrschaft kämpfen: Eine ulkige Superheldenkomödie und ein ernüchterndes Superheldendrama. Vor allem in der ersten Hälfte fühlt sich der Film an vielen Stellen wie eine Superheldenparodie an. Zwar hat der Film zahlreiche witzige Momente, doch diese werden oft von übertriebenem Slapstick und manchmal sogar bizarren Momenten überschattet. Bereits die Einführung zeigt uns eine lächerlich absurde Szene: Ein Gebäudeflügel in Gotham stürzt ein und wer fällt raus? Eine Gruppe schlecht animierter CGI-Babys fällt aus der Entbindungsstation, die Flash nun in Zeitlupe einfangen muss. Dazu gehört, ein Baby in eine Mikrowelle zu legen, um es vor dem Feuer zu schützen. Die Szene ist so bizarr, dass man sich sowohl fragt, ob man in der Bizarrowelt gelandet ist, oder ob man uns hier Ausschnitte aus Ezras Privatleben zeigt. Und auch danach gibt es immer wieder Szenen, bei denen man sich fragt, was die Produzenten da geschnüffelt haben.
Umso erstaunlicher ist es, wie drastisch der Film in der zweiten Hälfte seinen Ton wechselt. Als das Drama im stärker zunimmt und die Einsätze höher werden, beginnt The Flash an Bedeutung zuzunehmen. Es wird klar, worauf der Film von Anfang an abzielte und auch, welche Rolle Vergangenheits-Flash hier einnehmen wird. Dies führt zu einem erstaunlich gelungenem Höhepunkt. Vor allem am Ende wird der Film erstaunlich emotional. The Flash kann hier klar mit dramatischen Momenten umgehen – wären da nicht diese eigenartigen CGI-Baby-Szenen.
Wie ich immer sage: Entweder man benutzt echte Babys, oder man lässt es ganz sein.
Was kommt einem als ersten in den Sinn, wenn man an Flash denkt? Richtig, BATMAN! Groß wurde damit geworben, dass Batman dem Flash zur Hilft eilt. Doch nicht irgendein dahergelaufen Batman. Es ist Michael Keaton aus Tim Burtons Batman (1989). Nun könnten Zyniker einwerfen, dass man mit der Nostalgie künstlich Werbung für den Flash machen wollte oder dass man mit Keaton subtil von Ezra Miller ablenken wollte. Doch dieser Zynismus kommt nicht wirklich an, dafür macht Keaton seine Rolle erstaunlich gut. Trotz einer albernen Einführung dominiert er fast jede Szene, in der er ist. Dabei wirkt seine Darstellung hier etwas überzogener als noch im Originalfilm, doch es passt zum Ton des Filmes. Und auch so bietet der Film vor allem gegen Ende zahlreichen Fanservice, bei dem man sehr schnell ins Spoiler-Territorium eindringt. Die sieht man sich am besten selbst an.
Habe ich noch was vergessen? Ach ja, Sasha Calle spielt Supergirl. Dabei macht sie einen passablen Eindruck und hätte in Erinnerung bleiben können, wenn sie nicht viel zu spät in der zweiten Hälfte eingeführt wäre. Doch bei zwei Ezra Millers hat man kaum Zeit und Nerven mehr für etwas anderes.
Die visuellen Effekte in The Flash sind… interessant. Es fällt sofort auf, dass man hier einen Übermaß an CGI-Effekte verwendet, selbst an den Stellen, an denen es überflüssig wirkt (und ich meine nicht nur die CGI-Babys). Vor allem stechen die Blitzeffekten vom Flash und die Umgebungsverzehrung während er läuft ins Auge. Nach Aussage des Regisseurs war es eine beabsichtige Wahl, um die verzehrte Wahrnehmung vom Flash darzustellen. Und ja, tatsächlich ist Flash einer von den Superhelden, bei den man es mit den Lichteffekten auch mal übertreiben kann. Dennoch wirkt das CGI an mehreren Stellen immer noch gekünstelt.
Positiver ist da schon die Kreativität, mit der man die Fähigkeiten vom Flash darstellt. Wenn sich die Welt für ihn reinzoomt oder wenn er zu gleiten scheint, während die Umgebung um ihn herum verschwindet, fühlt sich das schon eindrucksvoll an. Doch es ist gerade die Darstellung der Zeitreise, die am Kreativsten ist. Wie sich die vergangenen Ereignisse um ihn herum wie in einem Kaleidoskop abgebildet werden, während er in der Zeit zurückreist, wirkt erstaunlich originell.
Entweder das, oder man sehnt sich verzweifelt nach etwas Abwechslung nach ganzen sieben Staffeln des eintönigen CW-Serien-Flashs.
Im Großen und Ganzen erfüllt The Flash das, was er verspricht. Mit Highspeed stürzen wir uns in eine surreale Handlung, die die gesamte DC-Struktur aufmischt. Und trotz fragwürdiger Spezialeffekte und noch fragwürdigerer Entscheidungen der Drehbuchautoren schafft es The Flash eine bekannte Geschichte mit erstaunlich neuen Wendungen zu erzählen. Und für wen die Handlung vor allem Anfang ermüdend wird, der kann sich über ein zufrieden stellendes Finale freuen. Und wem das nicht reicht, der Film hat noch Michael Keaton und ausreichend Fanservice.
Doch vor allem ist es für DC die Chance, nochmal ohne Eile neu anzufangen und hoffentlich diesmal ein einheitliches DC-Universum aufzubauen. Oder vielleicht auch mit unabhängigen DC-Filmen in verschiedenen Stils und Genres zu experimentieren und das mit neuen Ortschaften, neuen Helden und vor allem mit einem neuen Flash-Schauspieler.
Artikel vom 23. Juni 2023
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