Ein ernster Film am Rande des Nonsense
Es braucht nur eine Szene, bis der Zuschauer merkt: irgendwas läuft hier gewaltig schief! Und dabei weiß man irgendwie nicht, ob man lauthals Brüllen oder angesichts des dargebotenen Dilletantismus weinen soll. Am besten beides! Egal, was in The Room passiert, es ist unglaubwürdig, amateurhaft, zu sehr gewollt und zu keiner Zeit gekonnt. Herausgekommen ist ein Film, der so konfus ist, dass man des Öfteren ins Rätseln kommt, warum die Protagonisten gerade so handeln.
Dabei ist die Handlung so simpel, wie sie nur sein kann: ein klassisches Liebesdreieck zwischen einer Frau und zwei besten Freunden. Multitalent Tommy Wiseau (der nicht nur Hauptdarsteller ist, sondern sich auch für Regie, Drehbuch und Produktion verantwortlich zeichnet) versucht in seinen unfreiweillig urkomischen Szenen zu etablieren, wie herzzerreißend das doch alles ist. Dabei kann man die sich viel zu oft wiederholenden Aussagen an einer Hand abzählen: Johnny liebt Lisa, Lisa liebt jetzt Mark, Mark und Johnny sind beste Freunde.
Es ist einfach nur absurd, wie oft Wiseau fast identische Dialoge in seinem Film platziert, damit der Zuschauer auch ja kapiert, was hier vor sich geht. Dieser Fuchs! Doch Wiseau verkauft den Zuschauer zu keiner Zeit für dumm: er nimmt sich und sein Herzensfilm absolut ernst. Und das macht die Sache auch so ungeheuer unterhaltsam.
Desaströser Szenen-Eintopf
In The Room passieren nonstop groteske Dinge. Und immer wieder fragt man sich: Was zum Geier haben die sich dabei gedacht? Viele der Fragen, die dem Zuschauer unweigerlich in den Kopf schießen, werden auch nie erklärt. Warum spielen auf einmal vier Männer in Tuxedos Football auf der Straße? Wer ist der mysteriöse Psychologe, der plötzlich in Johnnys Wohnzimmer auftaucht und seine Binsenweisheiten von sich gibt? Wie gehetzt kann ein Einkauf im örtlichen Blumenladen eigentlich ablaufen? Was arbeitet Johnny denn genau? Was hat es mit dem “Scotchka” auf sich? Und wie viele Menschen stapfen täglich durch sein Haus? Es ist kein Wunder, dass das Internet längst knochenbrechende Trinkspiele zu diesem Kultstreifen erfunden hat.
Eine der faszinierendsten Szenen aus ‘The Room’. Wird das Drehbuch rückwärts gelesen?
Selbst dem größten Laien wird in jeder Szene klar, was der meisterliche Storyteller Tommy Wiseau damit etablieren möchte. Wenn Johnny und Mark Football spielen, wird die innige Freundschaft der beiden dargestellt. Wenn Lisa innerhalb von einer halben Stunde drei Mal mit verschiedenen Männern im Bett landet, ist ihre Rolle als leichtes Mädchen offensichtlich. Und wenn Johnny in seltsamen Dialogen seinem Schützling Denny Tipps über das Leben gibt, soll sein Charakter nicht nur als nahbarer Mentor, sondern zudem noch als fürsorgliche und verantwortungsvolle Figur gezeichnet werden.
Diese Szenen sind freilich so schlecht umgesetzt und oftmals so überflüssig, dass ihre gewollte Intention komplett untergraben wird. Macht aber nichts: der gewiefte Zuschauer versteht natürlich auch so, was uns Wiseau damit verklickern will.
Schauspiel, hölzern wie ein Wandschrank
Neben einem minimalistischen Szenenbild, absolut überflüssigen Greenscreen-Szenen und einer katastrophalen Kameraführung ist es vor allem das – im wahrsten Sinne – einzigartige Schauspiel, was The Room so furchtbar (großartig) macht. Tommy Wiseau hat offensichtlich minimalen bis keinen Aufwand in die Führung seiner Akteure gesteckt. Nicht nur ist das Casting ein einziges Missgeschick, die Charaktere treten auch in den Szenen auf und ab, als seien sie im Theater.
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