Kritik: X-Men: Dark Phoenix
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Professor Charles Xavier (James McAvoy) hat es geschafft: Mutanten sind in der Gesellschaft akzeptiert und die X-Men werden als Helden gefeiert. Da werden auch mal die Missionen waghalsiger, sodass sich die Truppe auf einer Rettungsmission im Weltall wiederfindet. Die Mission ist einfach: Eine Raumschiffbesatzung retten, die von einer vermeintlichen Sonneneruption überrascht wurde. Die Rettungsmission scheint erfolgreich – bis die Mutantin Jean Grey (Sophie Turner) von der Eruption erfasst wird. Anfangs wirkt es so, als hätte sie die Energie unbeschadet in sich einverleibt. Doch schon bald beginnt die neue Kraft sie zu zerreißen und sie wird eine Gefahr – sowohl für sich, als auch für die anderen X-Men.
Und zu allem Überfluss haben einige intergalaktische Individuen ein Auge auf sie geworfen…
Simon Kinberg als Regisseur zu besetzen, der bereits zuvor ein ähnliches Setting versaut hat, ist eine fragwürdige Entscheidung. Die Phoenix-Saga ist eine komplexe Handlung, die in X-Men: Der letzte Widerstand lieblos als einer von vielen Strängen eingeführt wurde. Nach dieser Geschichte würde man meinen, Kinberg hätte dazugelernt. Fehlanzeige…
Dark Phoenix ist praktisch ein Neuaufguss derselben Handlung. Dieselbe Einführung, dieselben Konfrontationen, ich glaube sogar Jean Grey trägt dieselbe Jacke vom letzten Mal. Es gibt so gut wie keine Charakterentwicklung. Anfangs geht es ihr gut, dann plötzlich hat sie einen Zusammenbruch und ab dann läuft sie Amok. Es wirkt fast so, als hätte man bestimmte Handlungspunkte festgelegt, aber keine dazwischenliegenden Verbindungen; ein Negativbeispiel für “plot-driven”, nicht “character-driven”.
Und was macht man statt sich auf Jeans emotionale Entwicklung etwas mehr zu fokussieren? Ganz klar: ALIENS. Natürlich, immerhin waren sie in den Comics dabei. Das macht sie authentisch, nicht wahr? Aber Sarkasmus beiseite, hier haben sie einfach nichts zu suchen, insbesondere so lieblos in die Story geworfen. Vor allem Jessica Chastain als emotionslose Außerirdische Vuk ist einfach nur blöd. So vieles hätte man mit mehr Finesse darstellen können.
Comicbücher und deren Verfilmungen hatten schon immer kitschige Dialoge parat. Ob man sie nun umschrieb oder bewusst drin ließ, sie gehörten stets dazu. Doch sehr lange schon wurde man nicht mehr mit solch generischen Dialogen konfrontiert, wie in Dark Phoenix. Die Dialoge sind albern, unfreiwillig komisch, klischeehaft und das schlimmste von allen: schmerzhaft vorhersehbar. Gelegentlich wirkt es so, als stammen die Dialoge aus dem letzten Jahrzehnt oder gar einer Satire. Moralischen Diskussionen wie Xaviers rücksichtslose Entscheidungen oder Jean Greys Überlebensrecht wurden in ähnlicher Form bereits deutlich besser und glaubwürdiger umgesetzt. Das wirkt wie die Rohmaterialien eines Skriptes, das unbearbeitet angenommen wurde.
Dass man ausgerechnet Sophie Turner als Jean Grey castet, die zuvor die kühle Sansa Stark in Game of Thrones gespielt hat, ist…ungewöhnlich. Turner ist emotionale Rollen nicht gewohnt, was in Dark Phoenix schmerzhaft ersichtlich wird. Es wirkt viel eher wie eine bipolare Persönlichkeitsstörung. Die Rolle der überheblichen Gebieterin beherrscht Turner gut, die der gepeinigten Seele jedoch gar nicht.
Doch selbst wenn man von Turner absieht, Jean Grey ist einfach ein viel zu uninteressanter Charakter, um sie in den Mittelpunkt zu drängen. Seit X-Men: Apokalypse hat man viel zu wenig von ihr gesehen, als das man sich um sie sonderlich Sorgen machen würde. Auch der emotionale Konflikt kommt nicht gut rüber, wenn sie einerseits scheinbar selbstsicher mit ihrer Macht hantiert, nur um dann abgeschieden in einer Ecke zu jammern, wie sehr sie darunter leidet. Und das zieht sich hin…
Nach einer Weile hofft man nicht mehr, dass sie geheilt wird, sondern man fragt sich, wann man ihr denn endlich den Gnadenstoß gibt!
Der Rest der Besatzung macht keinen besseren Eindruck. Es wird ersichtlich, dass keiner mehr so richtig Bock hat. Vor allem bei Mystique-Darstellerin Jennifer Lawrence merkt man auf eine schmerzhaft unterhaltsame Weise, wie sehr sie das Franchise verlassen will. Doch auch der Rest wirkt nicht so, als seien sie richtig dabei, was vor allem in den emotionaleren Momenten auffällt. Einzig Charles Xavier kann noch was reinbringen, aber wir kennen da schon besseres.
Wo die einen nachlassen, übertreiben es die anderen mit dem Schauspiel. Wutmensch Erik Lehnsherr aka Magneto (Michael Fassbender), der bereits in X-Men: Apokalypse mit den Trauertränen übertrieben hat, zeigt erneut wie emotional er werden kann – indem er schreiend und zähneknirschend mit Jean Grey um die Wette Grimassen schneidet. Wenn man an Fassbenders potenzielle Zahnarztrechnung denkt, ist es nur noch witzig.
Und verlasst euch nicht auf Quicksilver (Evan Peters)! Selbst mit ihm ist der Film lahm.
Einzig die Actionszenen können ein wenig unterhalten und das nur mit Abstrichen. Einige Stellen, wie beispielsweise die Zugszene, sind aufwendig gestaltet und durchaus abwechslungsreich – diese Szene wurde z.B. während eines Nachdrehs in die Story eingeschoben. Weitere einprägsame Momente sucht man vergebens. Es mangelt an überzeugenden Charaktermotivationen, um die Konfrontationen überzeugend darzustellen. Zudem wurden viele Jean Grey-Phoenix Szenen bereits in ähnlicher Form in X-Men: Der letzte Widerstand umgesetzt. Neu ist dabei so gut wie nichts.
Die Spezialeffekte sind teilweise nett anzusehen – solange es nicht wirkt, als würden sie versuchen, uns mit bunten Lichteffekten von der miesen Handlung abzulenken.
X-Men: Dark Phoenix ist eine einzige Enttäuschung. Die Handlung ist überstürzt, die emotionalen Momente sind nicht überzeugend, die Schauspieler sind müde und Jean Grey als Phoenix ist ebenso ein Fehlschlag wie schon damals – nur noch schlimmer, da sich nun der ganze Film auf sie fokussiert. Man merkt, dass man das Franchise schnell abschließen wollte, bevor die Rechte an X-Men zurück an Marvel/Disney gehen. Das schlimmste am Film ist jedoch, wie gnadenlos generisch er ist. Es gibt nichts, was ihn auszeichnen könnte, weder besondere Momente noch interessante Charaktere oder unerwartete Szenen. Für einen strahlenden Feuervogel ist der Phoenix erschreckend blass. In Zeiten von herausragenden Comicverfilmungen ist es eine Beleidigung.
Artikel vom 11. Juni 2019
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