Kritik: Star Trek: Beyond
/0 Kommentare/in Star Trek, Filme Anton Yelchin, Chris Pine, Deep Roy, Idris Elba, Joe Taslim, John Cho, Karl Urban, Lydia Wilson, Simon Pegg, Sofia Boutella, Zachary Quinto, Zoe Saldana Justin Lin Abenteuer, Action, Filme, Filmkritiken, Science Fiction/von Illia ZavelskyiWo noch nie ein Trekkie zuvor gewesen ist
Lang ist es her, seit die Besatzung der Enterprise zuletzt Mutter Erde gesehen hat. Denn es ist gerade mal die Hälfte der 5-Jahres-Mission vergangen, in der die Mannschaft rund um Kapitän James T. Kirk (Chris Pine) die tiefsten Weiten des Weltalls erforschen soll. Angriffslustige Aliens sind nicht das einzige Problem, denn die Isolation macht der Crew ersichtlich zu schaffen. Eine Hilferuf über ein gestrandetes Raumschiff soll Rückzug aus dem Trott ermöglichen. Alienfrau Kalara (Lydia Wilson) meldete einen Absturz ihrer Mannschaft auf dem mysteriösen, vernebelten Planeten. Während der Rettungsaktion im Nebel wird die Enterprise allerdings von einem feindlichen Schwarm und dem außerirdischen Kriegsherr Krall (Idris Elba) überwältigt. Das Schiff wird zerstört, und die Crewmitglieder finden sich verteilt auf dem mysteriösen Planeten wieder. Jetzt heisst es vor allen Dingen eines: Die Crew wieder zusammenbringen und dabei hoffentlich überleben.
Der Mann im gelben Pulli
Knapp drei Jahre lang weit weg von Zuhause zu sein, hinterlässt sichtbare Spuren bei der jungen Besatzung. Am ersichtlichsten wird es bei Kapitän James T. Kirk selbst. Chris Pine schafft es hervorragend, den eifrigen Draufgänger einmal von einer anderen Seite zu zeigen: Ernüchtert, erschöpft, selbstzweifelnd und unsicher, ob er auch weiterhin den Kapitänsplatz besetzen kann. Mit anderen Worten: Das Alter holt ihn ein. Es ist schön, Kirk mal von einer reiferen Seite zu sehen.
Doch er ist nicht der Einzige, der älter wird. Die gesamte Crew wurde durch die gemeinsame Zeit erwachsener und ähnelt immer mehr ihren Gegenstücken aus der Originalserie. Mr. Spock (Zachary Quinto, Heroes) erfährt von dem Tod seines zukünftigen Ichs. Dies treibt ihn an, seiner vulkanischen Bestimmung nachzugehen, was allerdings zur Trennung mit Leutnant Uhura (Zoe Saldana, Avatar, Guardians of the Galaxy) führt. Auch die Mannschaft rund um Schiffsarzt Dr. Leonard “Pille” McCoy (Karl Urban), Chefingenieur Montgomery Scott (Simon Pegg, Blood-and-Ice-Cream-Trilogie), Navigator Pavel Chekov (Anton Yelchin) und Steuermann Hikaru Sulu (John Cho) ist sichtbar erfahrener geworden. Ein erfrischender Anblick.
Into Darkness – Jetzt erst recht
Die Verlorenheit im Weltraum bietet eine hervorragende Vorlage für eine stabile Handlung. Die tapfere Mannschaft der Enterprise gelangt buchstäblich “into darkness” und das noch mehr als im Vorgänger. Die Enterprise gleitet durch die isolierten Weiten, nur um sich dann aufgeteilt im gefährlichen Unbekannten wiederzufinden, während der Zuschauer dem zerstörten Schiff nachtrauert. Kaum zu glauben wie viele Emotionen ein Raumschiff hervorrufen kann. Die Crew ist voneinander getrennt und muss kreativ werden, um die restliche Besatzung zu retten. Die Aufteilung in Zweiergruppen bietet eine hervorragende Möglichkeit, um die Beziehungen zwischen den Charakteren weiterzuentwickeln. Doch dafür finden die Charaktere einfach viel zu schnell wieder zueinander. Zwar gibt es ein paar sehr interessante Dialoge zwischen Spock und McCoy und auch die Interaktionen von Scotti mit der außerirdischen Kämpferin und potenziellen Verbündeten Jaylah (Sofia Boutella) sind sehr gelungen. Dennoch hätte man da mehr rausholen können.
Klassisches Science-Fiction
So stabil die Handlung auch ist, sie ist nicht sonderlich komplex. Dafür ist sie zu überschaubar. Der scheinbar allmächtige Schurke, der hinter einem MacGuffin Waffe her ist und eine Truppe aus Helden, die ihn aufhalten muss – das hat man schon sehr oft gesehen. Es gibt zwar unerwartete Wendungen und ein paar geniale Handlungskniffe, aber im Kern bleibt die Geschichte ein klassisches Scifi-Erlebnis, die aber mit straffer Spannung überzeugt und weder zu lang, noch zu kurz wirkt.
Krall krallt sich den Schurken-Podest
Star Trek hatte schon immer eine große Vielfalt an einprägsamen Schurken und die Reboots sind da nicht anders. Vor allem Benedict Cumberbatch hat in Star Trek: Into Darkness den anderen Charakteren die Show gestohlen. Krall muss somit in sehr große Fußstapfen treten und diese sind – leider zu groß für ihn. Krall schafft es zwar problemlos, als eine bedrohliche und scheinbar übermächtige Gefahr zu überzeugen, doch bleibt er von seinen Motiven und seiner Erscheinung her relativ blass. Die Maske ist gelungen und furchteinflößend, sticht durch ihr Design jedoch nicht wirklich heraus und nimmt dem Charakter einiges an Natürlichkeit weg. Hier wäre auch weniger mehr gewesen.
Seine Motive und sein nihilistischer Groll gegen die Föderation (Irgendwie haben alle Reboot-Schurken einen Groll gegen die Föderation) wären überzeugender rübergekommen, wenn sich seine tiefe Ausdrucksweise nicht so anhören würde, als würde er jedes Wort verschlucken. Überraschend jedoch ist der Twist, der ganz am Ende eintritt und Kralls Motive tatsächlich überzeugend darstellt. Zusammengefasst: Ein passabler Bösewicht.
Beam mich rauf, Lin
Wir konnten schon erwarten, dass der Regisseur, der durch waghalsige Rasereien und Action-Stunts bekannt wurde, seine Signatur im Star Trek-Universum hinterlässt. Justin Lin liefert uns ein bombastisches Action-Spektakel, sowohl durch Raumschiffschlachten im Weltall, als auch durch Stunts der Schauspieler am Boden. Beeindruckend ist vor allem die Dynamik, mit der jedes Action Setpiece geschnitten wurde.
Das Handgemenge überzeugt unabhängig vom aktuellen Setting und kommt erstaunlich gut rüber, wenn es auch in wenigen Fällen recht hektisch wirkt. Außerdem wäre eine gleichmäßigere Verteilung der Action effektiver gewesen. Während sie am Anfang und Ende etwas lang erscheinen, bekommt der Mittelteil fast nichts ab. Das sorgt für einen kurzen Spannungseinbruch zur Halbzeit des Films. Dennoch gehören die einfallsreichen Action-Szenen zu den Highlights des Films. Es wird auch Zweiräder geben – und sie sind verdammt schnell.
Special Effects – Außerirdisch gut
Kommen wir zum Sahnehäubchen des Films: Die visuelle Umsetzung. Um es möglichst treffend in einem Wort zusammenzufassen: phantastisch! Die visuelle Darstellung übertrumpft alles, was man von den Vorgängern kennt. Tatsächlich gehört es zu dem besten, was man bisher im Sci-Fi-Genre zu sehen bekam. Sei es der erdrückende Innenraum der hochentwickelten Enterprise, die überwältigende Architektur der Raumstation Yorktown, die steinige Oberfläche des mysteriösen Planeten, oder die bombastischen und schnellen Weltraumkämpfe: Der visuelle Aufwand hätte kaum größer sein können. Ein Fest für die Augen.
Bei all dem verdienten Lob gibt es jedoch einen kleinen Einwand: Die technologischen Oberflächen wirken zu sauber und dadurch recht künstlich. Man findet kein einziges Staubkorn auf der Enterprise. Alles ist gleichmäßig und symmetrisch. Noch stärker fällt es in der belebten Raumstation Yorktown auf: Unzählige Völker unterschiedlicher Rassen gehen ihren Beschäftigungen nach, tagein tagaus. Dennoch wirkt die Umgebung etwas unnatürlich. Kein Staub, kein Dreck, kein Graffiti, alles ist makellos. Natürlich ist das so beabsichtigt, doch es macht das Star Trek-Universum etwas weniger authentisch. Vielleicht habe ich mich auch nur zu lange in deutschen Bahnhöfen herumgetrieben…
Weltraumkrieg mit Humor
Wer kurz einen Blick auf die Liste der Drehbuchautoren erhascht, wird sich vor allem einen Namen einprägen: Simon Pegg. Der Komödiant und bekennende Star Trek-Fan ist diesmal nicht nur als Schauspieler dabei, sondern auch als Drehbuchautor. Und das merkt man. Zwar kommen keine Cornettos vor, wie in Peggs bekannter Shaun of the Dead-Trilogie, dennoch hat der Film sichtbar mehr komödiantische Einlagen, die den düsteren Unterton erleichtern. Tatsächlich hat jeder der Protagonisten das Zeug zu einem Komiker, doch es ist vor allem Simon Peggs Scotti, der hervorsticht. Seine quirlige Art passt hervorragend zur Situationskomik und zieht den Film glücklicherweise nicht ins Lächerliche.
Oldschool is Newschool
Mit dem Wechsel des Regisseurs hat sich auch die Richtung des Franchise verändert. In diesem Fall jedoch ist der neue Weg der alte Weg. Denn statt erneut auf die Bodenständigkeit der Erde zu setzen und auf deren Politikgeschwafel, wird die Enterprise weit weg ins All geschickt, um die unentdeckten Weiten zu erforschen – sowie es die alten Star Trek Fans gewöhnt sind. Und schwuppdiwupp, schon findet sich die Crew auf einem unentdeckten Planeten wieder. Allein schon die steinige Oberfläche des Planeten, auf der sich die Protagonisten zurecht finden müssen, vermittelt einen Oldschool Flair, der nicht nur Star Treks Fans bekannt vorkommen müsste. Abenteuer ist das große Zauberwort.
Wer sich davon nicht beeindrucken lässt, den überzeugt mit Sicherheit die Musik. Das Einbringen von Oldies sorgte bereits bei den Trailern für heftige Diskussionen. Doch es funktioniert perfekt. Es geht doch nichts über eine Schlacht im Weltraum, während im Hintergrund Sabotage von Beastie Boys läuft. Ohne viel zu verraten: Der Song leitet die beste und genialste Szene im Film ein.
In Andenken an…
So bombastisch die Filminszenierung auch war, sie lässt uns auch mit einem traurigen Seitenhieb zurück. Star Trek Beyond ist eine Widmung an den verstorbenen Leonard Nimoy, dem originalen Mr. Spock aus der aller ersten Star Trek Serie. Dieses Gedenken wird im Film thematisiert: Mr. Spock erfährt von dem Tod seines zukünftigen Ichs, was ihn dazu veranlasst, über seine Zukunft nachzudenken. Ein Foto der Originalbesatzung wird auch gezeigt, um das Andenken dieses Mannes zu ehren. Ein anerkennender Abschied.
Das Ableben von Nimoy ist jedoch nicht die einzige Tragödie, die diesen Film begleitet: Noch während den finalen Dreharbeiten starb Anton Yelchin bei einem Autounfall. Somit ist Star Trek Beyond der letzte Teil mit ihm als Chekov. Ein bedeutender Verlust. Auch ihm galt der Film als ehrenvoller Abschied.
Fazit:
‘Star Trek: Beyond’ ist erst der Anfang des Weltraumodyssee
Die Rückkehr zu alten Wurzeln war keine Fehlentscheidung. Im Gegenteil, endlich herrscht wieder der Flair klassischer und hochwertiger Scifi-Abenteuer: Ständig und überall herrscht das Gefühl einer kommenden und unbekannten Bedrohung in den Tiefen des Alls und die Mannschaft muss über sich hinauswachsen. Sie werden älter, erfahrener und werden sich ihrer Bestimmung klar, während sie in bombastischen Actionszenen für den Fortbestand der Föderation kämpfen, sowohl in der Schwerelosigkeit des Weltraums, als auch auf festem Boden. All das geschieht vor einer überwältigenden Kulisse, die neue Standards in Sachen Spezialeffekte aufstellt. Wenn jede Ecke der unendlichen Weiten so phantastisch aussieht, kann man nur hoffen, dass die Reise weitergehen wird. Und die Reise verspricht auch weiterhin interessant zu bleiben, denn Chris Hemsworth, James Kirk’s verstorbener Vater George Kirk, soll angeblich im vierten Ableger wiederkommen.
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