Die tragische Liebesgeschichte zwischen Rand und Egwene, die sich insgeheim ein entspanntes Leben auf der Farm wünschen (wo auch sonst), doch durch ihr Schicksal getrennt werden, lässt erst in den letzten beiden Folgen die Funken sprühen. Das Problem ist Rand, dem es als einer der Hauptcharaktere an Charisma fehlt. Seine Rolle ist völlig austauschbar, sein Verhalten erzeugt keine besonderen Reaktionen bei den anderen Charakteren; man könnte Rand durch einen x-beliebigen Schablonencharakter ersetzen und es würde sich nichts ändern.
Kleine Nebenrollen, wie der belesene und wortgewandte Ogier Loial (Hammed Animashaun) machen das fehlende Charisma einiger Hauptcharaktere einigermaßen wett. Auch Peter Franzén als herzgebrochener Beschützer Stepin, den viele als Harald Feinhaar aus Vikings kennen, ist ein Gewinn für die Serie, der leider viel zu schnell verloren geht.
Die Spitze des Eisbergs
Ebenso unausgeglichen wie das Handling der Charaktere ist auch das Worldbuilding der Serie. Das Rad der Zeit – Staffel 1 besitzt genug angedeutete Tiefe und Detailreichtum und hat das Potential, sich von Standard-Fantasy-Kost abzuheben, doch zeigen die ersten acht Folgen nur die Spitze des Eisbergs.
Tatsächlich liefert die Serie auch verhältnismäßig wenig Exposition für solch ein komplexes Worldbuilding; das ist vorbildlich und kommt dem Erzähltempo zugute, erzeugt im Kopf unbelesener Zuschauer:innen aber oftmals auch Fragezeichen. Für jene mag sich Das Rad der Zeit daher als genau das anfühlen, was es nicht ist: Standard-Fantasy-Kost.
Buch-Fans deuten auf das hin, was noch kommen mag, während sie teils stirnrunzelnd die kreativen Entscheidungen des Storytellings in Frage stellen. Da ich selbst die Bücher nicht gelesen habe, kann ich auf den Serie-zu-Buch-Vergleich jedoch nicht eingehen.
Ambitioniert, doch unsorgfältig
Das Rad der Zeit erzeugt viele Widersprüche: Einerseits sehen Effekte und Kostüme wertig aus, andererseits wirkeneinige CGI-Effekte, allen voran die Trollocs, sehr veraltet. Die Action bietet eine Palette zwischen derben Schwertkämpfen und billigem Blitzeschießen. Das Pacing wirkt ausgeglichen, in der letzten Folge jedoch zu schnell. Insgesamt fehlt es Das Rad der Zeit einfach an Sorgfalt in der Ausführung.
Was Sorgfalt auf inszenatorischer und inhaltlicher Ebene bedeutet, hat beispielsweise die zweite Staffel von The Witcher exzellent bewiesen. Das Rad der Zeit hingegen wirkt wie ein ambitioniertes PC-Rollenspiel, das jedoch zu schnell released wurde und jetzt von nervigen Bugs geplagt wird, die nur durch Patches gefixt werden können.
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