Es sind vor allem die zwei Seiten, die wir von Omni-Man sehen, die ihn zu so einer vielschichtigen Figur machen. Einerseits ist er eine strenge, aber inspirierende Vaterfigur, wenn auch mit fragwürdigen Trainingsmethoden. Andererseits ist da ein düsteres Geheimnis, dass er um jeden Preis wahren will, vor allem wenn ihm immer mehr Leute auf die Schliche kommen wollen. Schon ist er einschüchternd, geheimnisvoll und offenbar zu allem fähig. Es ist vor allem diese Komplexität, die die emotionalen Höhepunkte der Serie tragen.
Doch die emotionalen Stellen sind nicht das einzige “Einschlagende” in Invincible.
Ab 18! Doch, wirklich!
Wenn man sich eine Superhelden-Serie ansieht, rechnet man schon mit einem gewissen Grad an Gewalt. Ein paar Bluttröpfchen hier, ein paar gebrochene Rippen da und wenn schon Tote, dann außerhalb des Bildschirms. Womit man jedoch nicht rechnet, sind abgetrennte Gliedmaßen, fliegende Eingeweide und zahlreiche zermatschte Schädel – und das meist in Nahaufnahme. Die Serie macht schon sehr früh klar, dass ihre “Ab 18”-Freigabe kein Druckfehler war. Denn was die Brutalität angeht, überholt Invincible selbst düstere Zeitgenossen, wie The Boys.
Was diese übermäßige Gewalt in Invincible so schockierend macht, sind vor allem zwei Faktoren: Zum einen ist es ein extremer Kontrast zu dem sonst bunten Superhelden-Style. Zum anderen rechnet man nicht mit dieser ausschweifenden Gewalt, da sie scheinbar aus dem Nichts kommt. Die sehr brutalen Stellen sind zwar rar, doch wenn sie auftauchen, hinterlassen sie eine umso größere Wirkung – eine sehr schockierende Wirkung.
So übermäßig brutal es anfangs wirkt, so wird mit der Zeit doch klar: Das ist tatsächlich, was passieren würde, wenn eine unaufhaltsame Kraft auf einen menschlichen Körper trifft.
Kirkman liebt seine Hommagen
Ob Luke Cage, Hellboy oder die Marsianer von DC – Kirkman weiß sie alle zu schätzen und hat liebevolle Hommagen von ihnen gemacht. Denn die Welt von Invincible ist angelehnt an die verrückten und chaotischen Welten von Marvel und DC, in denen so ziemlich alles geht, was sich die Autoren ausdenken können. Der Serienadaption blieb man hier treu und setzte deshalb auf bildschöne 2D-Animationen, die an DC-Serien wie “Young Justice” erinnern. Dieser comichafte Stil sorgt erfolgreich dafür, dass man immer auf Überraschungen hoffen kann: Anfangs scheint es noch so, als würden sich die Helden Bösewichten stellen, die offenbar aus einem billigen Comicheft entflohen sind, nur um dann eine völlig unerwartete Richtung zu gehen. Langweilig wird es also nicht.
Doch auch wenn wir liebevolle Hommagen gerne mal zu schätzen wissen, so wollen wir doch gelegentlich wieder etwas Originelles sehen. Und hier erweist sich gelegentlich die Grenze zwischen Hommage und Klischee als sehr schmal. Auch wenn man Realismus und Tiefe in das allzeit bekannte Superheldensetting reinbringt, so kann man nicht leugnen, dass viele Charaktere einfach zu generisch aussehen und die Handlungen wenig Neuheiten bringen. Und der Gedanke im Hinterkopf, dass das beabsichtigt ist, hilft auch nicht immer weiter.
Doch was sind schon Kostüme, wenn es in Wahrheit auf die Charaktere ankommt, oder?
Na, ja…
Die entbehrliche Liga der Gerechtigkeit
Invincibles größte Schwäche ist der Überschuss an Charakteren, von denen man nie weiß, ob sie Parodien sind oder doch eine Rolle spielen werden. Im Gegensatz zum MCU, das sein Universum über einen langen Zeitraum hinweg aufgebaut haben, wird man hier einfach ins Chaos geworfen. Natürlich ist das beabsichtigt und eine einfallsreiche Entscheidung, doch nach einer Weile möchte man schon ein paar Antworten.
Und das funktioniert nicht, wenn man über bestimmte Charaktere so gut wie nichts bekannt ist. Wenn man ab der ersten Folge weiß, dass Superhelden und Superschurken mittlerweile zum Alltag gehören, fällt es schwer, ihnen im Nachhinein eine Bedeutung zuzuordnen. Es ist kein überzeugender Chekov’ s Gun wenn ein Charakter am Anfang als unbedeutend abgestempelt wird, nur um dann am Schluss ohne Vorwarnung wieder auftaucht. Wie hätte man das vorraussehen können? Am Namen?
Zudem wirkt es gelegentlich so, als würde willkürlich bestimmt werden, welcher Superheld wichtig ist und welcher nicht. Denn von sich aus stechen nur wenige Charaktere hervor. Nehmen wir als Beispiel diese neue Superhelden-Gruppe:
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