7.9/10

Kritik: Fear the Walking Dead – Staffel 2 (Teil 1)

Zombies mit Schwimmflügeln: Geht die zweite Staffel baden?

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Genres: Abenteuer, Comic, Zombie, Startdatum: 11.04.2016

Interessante Fakten für…

  • Während Staffel 1 noch in Vancouver, Kanada gedreht wurde, verlegte man die Dreharbeiten für Staffel 2 (und danach auch 3) auf die Baja-Kalifornien-Halbinsel in Mexiko.

Fear the Walking Dead – Staffel 2 beschreitet unkonventionelle Wege und wagt sich wortwörtlich auf das offene Meer hinaus. Ob es sich beim ersten Teil von Staffel 2, der überwiegend auf See spielt, um einen klugen Griff der Serienmacher handelt, oder ob die Serie baden geht, verraten wir dir jetzt. Pack deine Badehose ein, schnapp dein Zombie-Survival-Kit und komm an Bord. Wir legen ab.

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#Strombergliebhaber #MartyMcFly #Fussballfan

Darum geht’s

Was etwas ätzend ist, ist das die insgesamt 15 Folgen der zweiten Staffel in zwei Teilen ausgestrahlt werden. Die erste Hälfte, um die es in dieser Serienkritik gehen soll, ist seit April 2016 auf Amazon Video abrufbar. Die andere Hälfte erst ab August.

Der Grundplot der zweiten Staffel ist einfach: Die Familien von Travis Manawa (Cliff Curtis) und Daniel Salazar (Rubén Blades) haben das zerstörte Los Angeles verlassen. Victor Strand (Colman Domingo), der die Gruppe auf seine Luxusjacht rettete, übernimmt das Ruder. Dass „Capt’n“ Strand mit seinem Schiff der Abigail jedoch eigene Interessen verfolgt, ist offensichtlich. Misstrauen entsteht. Doch Herausforderungen warten nicht nur an Bord des Schiffes, denn Zombies können schwimmen. Sowas in der Art zumindest.

Seenotrettung eines Franchises

Nach der schwachen ersten Staffel war ich skeptisch, ob sich Fear the Walking Dead langfristig würde über Wasser halten können. Dass Staffel 2 Teil 1 überwiegend auf einer im Pazifik vor sich hin dümpelnden Luxusjacht spielen würde, klang kaum nach der ultimativen Lösung um das repetitive Franchise zu retten.

Tatsächlich klappt das jedoch überraschend gut. Zwar sind schwimmende Zombies ungewollt komisch, doch bietet das Setting Hochsee eine willkommene Abwechslung für das The Walking Dead-Franchise, das sich bisher größtenteils in den idyllischen Wäldern der US-Ostküste vergnügte. Mit Fear the Walking Dead – Staffel 2 gelingt die Seenotrettung eines ganzen Franchises.

Das liegt auch am Setdesign. Man könnte meinen, dass es auf dem Meer nicht viel zu „designen“ gäbe, tatsächlich erschaffen die Szenenbildner jedoch stimmungsvolle Wasser-Sets, wie das eines abgestürzten Passagierflugzeuges.

Zombie-Zwickmühle

Das Spin-Off Fear the Walking Dead versucht sich mit Staffel 2 vom Mutterschiff „The Walking Dead“ wegzurudern und seinen eigenen Weg zu finden. Wie gesagt, klappt das deutlich besser als noch in Staffel 1, doch gleichzeitig offenbart sich eine Zwickmühle.

Auf der einen Seite wünschen sich Fans der Serie, die vom US-Sender AMC ausgestrahlt wird, dass Fear the Walking Dead möglichst an die Mutterserie erinnert und die gleiche Dramatik, das gleiche Feeling und den gleichen Look erzeugt. Das ist verständlich, schließlich will man möglichst lange in einer seiner „Lieblingswelten“ verharren können und diese in vollen Zügen auskosten.

Auf der anderen Seite stehen Kritiker, wie ich es bin. Ein Spin-Off, das lediglich seine Vorgänger zitiert, imitiert oder kopiert, hat für mich keine Existenzberechtigung. Das gilt vor allem für das Zombie-Franchise von Robert Kirkman, das in den sechsten Staffel von The Walking Dead ausschließlich lauwarme und wiederverwertete Ideen auftischte.

Waschgang mit Weichspüler

Die erste Hälfte der zweiten Staffel des Spin-Offs findet jedoch (zumindest vorübergehenden) einen Ausweg aus dieser Zwickmühle. Während die Truppe von Rick Grimes aus The Walking Dead fortwährend auf der Flucht ist und meist ziellos durch die Gegend irrt, haben Victor Strand, Madison Clark, Daniel Salazar und Co. ein Ziel. Statt andauernd in der Defensive zu sein, kämpfen sie sich voran.

Dazu kommt, dass sich die Serie ganz anders als seine Vorgänger anfühlt. In Fear the Walking Dead ist die weltweite Zombie-Apokalypse noch jung. Zwar ist die Welt aus den Fugen geraten, doch gibt es mancherorts noch immer Elektrizität, Duschen und Telenovelas. Wer sich also, wie man es aus der Mutterserie gewohnt ist, das Überleben am Limit, das Nagen an halbgebratenen Eichhörnchen und das Hümpeln durch Wälder wünscht, ist hier falsch.

Denn die ersten sieben Folgen von Fear the Walking Dead – Staffel 2 sind anders. Es geht nicht vom Regen in die Traufe sondern von der Luxusjacht in die Luxusvilla. Das Spin-Off ist wie The Walking Dead, gewaschen mit Weichspüler. Ja es gibt Zombies, ja es gibt „böse“ Menschen, doch letzten Endes ist das Spin-Off auch weit weniger apokalyptisch. Und das ist gut so, denn auf diese Weise bekommt die Serie ein eigenes Gesicht und zeigt uns neue Aspekte der Zombie-Apokalypse.

Nick wie neu

Was mich an der ersten Staffel der Zombie-Serie besonders enttäuschte waren die Charaktere und ihre Darsteller. Es fehlte an wirklich sympathischen Figuren, es fehlte an Tiefgang der Charaktere und es fehlte an schauspielerischer Klasse. Zumindest teilweise, ist das besser geworden.

Das gilt vor allem für Nick Clark. Frank Dillane, in der Rolle des drogenabhängigen Nick, war einfach nur anstrengend. Es scheint, als hätten die Showrunner das eingesehen. Denn in der zweiten Staffel ist Nick ein Anderer. Dass der jahrelange Junkie in nur wenigen Tagen clean geworden ist, ist vielleicht unlogisch aber die beste Entscheidung überhaupt. Einen wehleidigen und fiebrigen Junkie auf Entzug hätte ich, als Zuschauer, im Angesicht einer Zombie-Apokalypse als aller Ersten von Bord geschmissen.

Zu seinem Glück hat Frank Dillane die nervigen Seiten des Nick Clark an Land gelassen und ist an Deck der Abigail, der Luxusjacht von Victor Strand, der Mann für die Spezialmissionen. Denn Special Force Nick kommt, wie er schon zum Ende der zweiten Staffel erklärte, mit dem Weltuntergang bestens klar. Vor Zombies hat er keine Angst. Wenn er sich mit Zombie-Gedärmen beschmiert, halten ihn diese sogar für einen Ihresgleichen. Best friends forever.

Victor Strand nimmt Fahrt auf

Neben Alicia Clark, gespielt von Alycia Debnam-Carey, wird in Staffel 2 auch Victor Strand, der einst erfolgreiche Geschäftsmann, wichtig. Die Abigail ist sein Boot, es sind seine Regeln, der die Gruppe folgt. In Staffel 1 fiel die Rolle von Colman Domingo vor allem durch seine ätzenden Pseudo-Weisheiten auf. Mit seinem zu eng sitzenden Anzug sah Victor Strand so aus, als sei er im falschen Film. Staffel 2 holt den aufgeblasenen Charakter auf den Boden und verleiht ihm eine menschliche Hintergrundgeschichte, die aus Victor eine interessante Figur mit Potenzial macht.

Madison hat die Hosen an

Ein weiterer Gewinner von Fear the Walking Dead – Staffel 2 ist Madison Clark. Kim Dickens, die in Staffel 1 vor allem die nette Hausmutter geben musste, entwickelt sich zu einem spannenden Charakter. In Zombie-Filmen kommt jede Figur irgendwann an einen Punkt, an dem sie ihre alten Werte über Bord schmeißen muss. Wer sich nicht an die neue Welt anpasst, verliert. Madison Clark ist die erste, die ihre Altlasten im Meer versenkt. In dieser Staffel fährt sie ihre Krallen aus und ist, wenn es darum geht ihre Familie zu beschützen, nicht zimperlich.

Ganz anders Travis Manawa. Cliff Curtis ist zwar noch immer so sympathisch, dass man ihm nicht böse sein kann, doch fällt Travis Manawa in der ersten Hälfte der zweiten Staffel vor allem durch seine Unentschlossenheit auf. Es ist gut, wenn ein Charakter mit Loyalitätskonflikte zu kämpfen hat, doch Travis, der zwischen seinem Sohn und der Familie von Madison steht, braucht deutlich zu lange um sich zu entscheiden. Eine klare Fehlentscheidung der Showrunner Robert Kirkman und Dave Erickson, die ihr Zugpferd damit schwächen und blass erscheinen lassen.

Was nicht funktioniert

Die meisten Charaktere profitieren also von der neuen Staffel. Chris Manawa, gespielt von Lorenzo James Henrie, zieht jedoch den Kürzeren. Besser: er zieht – pardon – die Arschkarte. Denn Chris, der durch den Tod seiner Mutter verständlicherweise ziemlich durch den Wind ist,  fühlt sich in der Patchwork-Gruppe wie ein Außenseiter. Klar hat er guten Grund am Rad zu drehen, keine Frage, doch das Ausmaß, das seine seelische Verwirrung annimmt, irritiert. Die Showrunner und Regisseure der Serie schaffen es nicht hinreichend zu erklären, was mit Chris, der spätestens in den letzten zwei Folgen der Staffel komische Dinge tut, los ist.

Besonders ärgerlich ist das, da Travis sich am Ende der Staffel für eine Seite entscheiden muss. Der Cliffhanger, den die Produzenten des Sender AMC aus seiner Entscheidung zu erzeugen hofften, ist jedoch keiner. Das Finale der ersten Hälfte der zweiten Staffel wirkt fade, gestellt und ist kaum nachzuvollziehen.

Fazit

7.9/10
Gut
Community-Rating:
Handlung 7.5/10
Darsteller 7.5/10
Spannung 8.5/10
visuelle Umsetzung 8/10
Horror und Splatter 8/10

Die erste Hälfte von Fear the Walking Dead – Staffel 2 ist ein gutes Stück besser als die erste Staffel.  Hat aber dennoch ordentlich Potenzial nach oben. Eine Bereicherung für das ganze The Walking Dead-Franchise ist die Idee, die Handlung auf dem Meer „auszusetzen“. Mit seinem Mix aus Luxusjachten, rostigen Fischerkuttern und Schiffswracks schafft die Zombie-Serie einen eigenen Flair, der uns neue Aspekte der Zombie-Apokalypse offenbart.

Trotz des neuen Settings bleibt jedoch das Grundgerüst des Zombie-Genres erhalten, sodass jeder auf seine Kosten kommen dürfte. Mit harten Zombie-Splatter-Exzessen kann die Serie jedoch noch immer nicht aufwarten. Besonders enttäuschend ist nach wie vor jedoch, dass nicht einmal einer der Charaktere das Zeug zum Publikumsliebling hat.

Amazon Video veröffentlicht voraussichtlich ab dem 21. August 2016  weitere acht Episoden der der zweiten Staffel, die mit insgesamt 15 Folgen deutlich länger als Staffel 1 sein wird. Bis dahin heißt es: Abwarten, Tee trinken und die Beine im Wasser baumeln lassen. Ah, Stopp. Lieber nicht im Wasser baumeln lassen. Ihr wisst schon: Zombies können Schwimmen!

Artikel vom 25. Mai 2016

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