Kritik: Ambulance
EXTREM LAUT UND UNGLAUBLICH LAHM
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Der ehemalige Soldat Will Sharp (Yahya Abdul-Mateen II) braucht dringend Geld. Irgendwas mit der Familie und Kosten für experimentelle Behandlungen seiner Frau. Ohne Job sieht er die letzte Rettung darin, seinen Bruder Danny (Jake Gyllenhaal) um ein Kredit zu bitten. Danny ist beruflich in zwielichtige Geschäfte verwickelt und überredet Will, ihm nur bei einem Auftrag zu helfen, der wie in allen Filmen unheilverkündend ganz einfach werden soll, sich aber drastisch verkompliziert…
Direkt vorweg: Es hätte schlimmer kommen können. Wer das Œuvre von Regisseur Michael Bay verfolgt hat, weiß, wie katastrophal er sein kann. Die Kinderspielzeugverfilmungen der Tranformers-Reihe, die auf sein Konto gehen, haben bekanntermaßen in Vollendung vorgeführt, wie seelenlos die Kinomaschinerie sein kann, wenn nur genug Geld reinkommt. Die stete Entleerung der Handlung traf hier auf die Weigerung des Publikums, sich nicht Jahr für Jahr von Trailern verführen zu lassen, und die Bereitschaft, auf jedwedes Quäntchen an Qualität zu verzichten, solange nur irgendwas laut und groß und BUMM! ist.
Und auch Bays “Exkurs” ins ernste Fach mit dem absolut unerträglichen, menschenverachtenden Machwerk Pain and Gain (2013) haben nur untermauert, dass er einer der schlechtesten, lebenden Filmemacher ist. In Anbetracht dieses Leistungsbilanz ist Ambulance wohl als Erfolg zu bezeichnen. Viele der großen Probleme der genannten Filme (Sexismus, rassistische Stereotype, fehlende Handlung) sind hier ausgemerzt.
Ambulance ist akzeptabel divers besetzt, bedient keine schlimmen Geschlechter- oder andere Klischees und hat – ja wirklich – eine Handlung. Und doch bleibt das alles sehr fad. Ob die ausgeprägte Seelenlosigkeit daher rührt, dass ein Großteil der Aufnahmen unbemannt fliegend mit Drohnen gefilmt ist, sei mal dahingestellt.
Ambulance fährt dick auf. Es vergehen kaum dreißig Sekunden, ohne dass die Kamera in einem Affenzahn hinter einem Auto herrast, in den Himmel schießt, um einen Helikopter kreist, sich magenverdrehend in Spiralen und Schleifen wirft, fast gegen eine Hausfassade knallt, im letzten Moment noch abdreht, das ganze Bild kippt und wird wieder auf den Asphalt stürzen. Die visuelle Umsetzung drängt auf ständigen Adreanlinausstoß.
Doch am Ende bleibt das alles Behauptung. Die hektischen Schnitte und die manische Kameraführung, die hämmernde Musik, alles schreit das Publikum ununterbrochen an: DAS HIER IST VERDAMMT NOCH MAL SPANNEND! Wie immer vergisst Bay dabei, was der Unterschied zwischen Mittel und Zweck ist, bzw. dass ein eklektisches Potpourri an Kamerafahrten und -flügen noch überhaupt nicht spannend ist.
Wie auch die Besetzung die bewusst nicht klischierten Figuren unehrlich und kalkuliert wirken – schaut her, jetzt mache ich es richtig! – so bleibt auch die Inszenierung nur Blendwerk. In den eigentlich spannendsten Momenten des Films, driften die Gedanken weg, hängt der Blick an den leeren Kinoreihen vor einem und man schreckt hoch, weil irgendwas extrem laut knallt.
Verstärkt wird die Mittelmäßigkeit noch dadurch, dass der Film nicht weiß, wann es genug ist. Am Anfang setzte er noch erfreulich auf in medias res. Schnell kommt die Handlung – buchstäblich: in Fahrt. Es wird nichts übermäßig erklärt, nur absolut notwendige Andeutungen gemacht. Doch dann verliert die Handlung an Disziplin und schleppt sich ewig und ewig gleich dahin.
Wenn die Darsteller:innen nicht solide Arbeit leisten würden, wäre der Film wohl nicht nur enttäuschend, sondern gar schlecht. Jake Gyllenhaal, Yahya Abdul-Mateen II und Eiza González sind nicht nur alle eine Augenweide, sondern hauchen den etwas unterentwickelten Figuren zumindest ein wenig Leben ein.
Ambulance bietet Langweilige und gehaltlose Action, die undiszipliniert lang eher über die Leinwand flimmert, als mitzureißen. Das annehmbare Schauspiel und die Bemühungen, die Fehler früherer Filme wett zu machen, können es aber leider auch nicht retten. Durchschnittlich und überflüssig.
Artikel vom 31. März 2022
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