Kritik: Avengers Endgame
GROSS, GRÖSSER, ENDGAME
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Das Unvorstellbare ist geschehen: Thanos (Josh Brolin) hat erfolgreich die allmächtigen Infinity-Steine an sich gerissen und die Hälfte allen Lebens ausgelöscht. Die Welt ist am Rande des Abgrunds, Tony Stark (Robert Downey Jr.) fliegt verloren durchs Weltall und auch die verbliebenen Avengers sind der Verzweiflung nahe
Doch schon bald erscheinen alte und neue Helden auf der Bildfläche. Die intergalaktische Heldin Captain Marvel (Brie Larson) kehrt nach all den Jahren im Weltall zurück, um Thanos höchstpersönlich das Handwerk zu legen. Auch Clint Barton (Jeremy Renner), der mittlerweile seinen eigenen Kreuzzug durchführt wird kontaktiert. Und dann steht auch noch der tot geglaubte Scott Lang (Paul Rudd) urplötzlich vor der Eingangstür. Ein letzter finaler Versuch wird unternommen, um alles wieder gut zu machen.
Die Avengers werden die Gefallenen retten – oder sie zumindest rächen.
Für das Finale hat sich Marvel enorme Mühe gemacht, das Marketing so wage wie möglich zu halten. Selbst die Trailer offenbaren gerade mal die ersten Minuten des Filmes und selbst davon haben wir wenig vorab gesehen. Das stellt die Kritiker vor die Herausforderung, den Film so abstrakt wie möglich zu besprechen, ohne zu viel von der Handlung zu verraten.
Das Mysterium um Avengers Endgame ist mehr als berechtigt, denn die Handlung biegt in Richtungen ab, die man nicht erwartet hätte. Der Film strotzt nur so vor überraschenden Entwicklungen und Handlungssträngen, die es in dieser Form in keinem Teil des MCU gab.
Doch eins nach dem anderen.
Der heftige Cliffhanger und die “Trailer-Schnipsel” haben das Gefühl erzeugt, Endgame sei der düsterste und traurigste Film des MCU. Und obwohl der Film sehr emotionale und melancholische Momente hat, so ist er tatsächlich zudem auch noch einer der komischsten Filme des Franchise. Was wie ein extremer Widerspruch wirkt, setzt sich in der Praxis hervorragend um. Humoristische und emotionale Stellen wechseln sich ab und ergänzen sich. Wenn man bestimmte Charaktere bei der Bewältigung ihrer Vergangenheit beobachtet (vor allem Hulk (Mark Ruffalo) und Thor (Chris Hemsworth)), sind diese Szenen anfangs zwar lustig gehalten, doch sie können nicht die klaffenden Wunden der Charaktere verbergen. Der Humor passt erstaunlich gut, wenn auch als Form der Verleugnung in einer düsteren, post-apokalyptischen Zeit.
Allerdings funktioniert der emotionale Übergang vor allem am Anfang nicht immer. Gelegentlich wechselt die Szene viel zu schnell zum Albernen, wodurch eine echte emotionale Betroffenheit abgewendet wird. Und einige Stellen sind richtig albern. Doch keine Sorge, es sind nur sehr wenige, die diese Grenze überschreiten.
Die Avengers sind bedeutend geschrumpft und die Lage ändert sich schlagartig. Der Vorteil ist, dass nun sie wieder die Protagonisten sind, statt Thanos. Es gilt, den Schaden aus Infinity War in einer verhältnismäßig kleineren Superhelden-Gruppe wieder gut zu machen. Was folgt ist ein Genre-Mix, der für das bisherige MCU untypisch ist, in diesem Szenario allerdings nur allzu gut funktioniert. Die Handlung ist deutlich dichter und fokussierter und verlässt sich auf einen starken roten Faden. Ohne zu spoilern: Viele Momente aus vergangenen Avengers-Filmen erlangen ebenfalls eine neue Bedeutung.
Kurioserweise hat Avengers: Endgame vermutlich die wenigste Action aller Filme des Franchise. Vor dem alles entscheidenden Finale gibt es nur kleinere, physische Auseinandersetzungen. Tatsächlich funktioniert der langsame Aufbau des dreistündigen Filmes aber hervorragend, denn vor dem gigantischen Endspiel sind es vor allem das innovative Storytelling und die fetzigen Charakterinteraktionen, die den Film mühelos tragen.
Weniger Charaktere bedeutet, dass man diesen deutlich mehr Zeit widmet. Die Charaktere sind zweifellos das beste am Film, denn ihre Entwicklungen, die sich über das ganze MCU aufgebaut haben, kommen nun zu ihrem befriedigenden Ende. Die Charaktere sind überzeugender denn je und zeigen auch Entwicklungen, die man von ihnen nicht erwartet hätte. Ob sich nun Banner mit seiner grünen Seite versöhnt, Thor zum Säufer wird oder Steve Rogers (Chris Evans) für das Ziel auch mal seine Ideale biegt – die Charaktere fühlen sich realer an denn je. Das gilt insbesondere auch für Ant-Man (Paul Rudd) und Hawkeye (Jeremy Renner), die in Infinity War außen vorgelassen wurden, dafür jetzt aber tragende Rollen im Film einnehmen.
Doch auch ohne die Hälfte des Universums werden wir daran erinnert, wie viele Charaktere es ins MCU geschafft haben. Zahlreiche Zuschauer werden den Kopf schütteln, wie viele Charaktere und ungelöste Fragen sich wirklich im cinematische Universum befinden. Doch tatsächlich werden nahezu alle Fragen und offene Konflikte in diesem Film aufgelöst. Der eine oder andere wird sich sogar dazu hinreißen, ein paar der früheren Filme nochmal anzugehen, nur um alle Referenzen zu verstehen.
Dennoch gibt es eine Enttäuschung: Captain Marvel. Die übermäßig starke Superheldin wurde vor dem Filmstart gnadenlos gepusht und gehypt. Den Erwartungen kommt sie nicht mal ansatzweise nahe: Sie erscheint nur an wenigen Stellen und selbst diese sind bloß blutleere Deus Ex Machina-Momente ohne Menschlichkeit. Bei der überzeugenden Fülle an bunten Helden ist Captain Marvels seelenlose Darbietung fast schon eine Frechheit. Sieht man sie allerdings nicht als Charakter, sondern als Naturgewalt an, kann ich meinem Charakter-Score dennoch bei einer wohlverdienten 100 Prozent belassen.
Avengers: Endgame ist sowohl eine Liebeserklärung als auch ein fantastischer Abschluss des größten cinematischen Projektes aller Zeiten. Die Handlung ist fokussiert, die emotionale Stimmung passt und das Finale ist bombastisch, jenseits aller Erwartungen. Auch die etwas albernen und chaotischeren Momente, der mangelnde Zuwachs an komplett neuen Charakteren und eine langweilige Captain Marvel können der schieren Größe nichts anhaben. Doch das wirklich faszinierende ist die Detailverliebtheit des Filmes, während die spannende Hauptstory nie aus den Augen verloren wird. Auch offene Fragen vergangener Filme werden aufgefasst und aufgelöst. Alle Helden erhalten ihren wohlverdienten Applaus. Wie Phase 4 auch aussehen mag, an das gigantische Finale der Avengers wird es wohl kaum herankommen. Avengers: Endgame ist ein Meisterwerk des Blockbuster-Kinos und der kreative Zenit des MCUs.
Artikel vom 27. April 2019
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