6.9/10

Kritik: Bird Box – Schließe deine Augen

THE HAPPENING 2.0

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Genres: Horror, Mystery, Thriller, Startdatum: 21.12.2018

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Filmschauen heute: Man öffnet Netflix und freut sich auf seine Watchlist, doch stattdessen hält einem die Mediathek sein neuestes “Original” ins Gesicht. Der Trailer zeigt Sandra Bullock und allgemein sieht ‘Bird Box’ aus wie ein neues Shyamalan-Projekt. Ob der Mystery-Thriller einen spontanen Blick wert ist oder ihr lieber wegschauen solltet, erfahrt ihr in der Bewertung und Kritik.

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#PotterUltra #SchwerMetaller #Storyteller

Darum geht’s

Die Story ist einfach erklärt: Auf der ganzen Welt fangen Menschen an, massenhaft Selbstmord zu begehen. Die geistige Krankheit überträgt sich rasend schnell. Anscheinend wird das Chaos von mysteriösen Wesen angestiftet, deren bloßer Anblick einen sofort hypnotisiert und durchdrehen lässt. Wie man sich schützen kann? Man verbindet sich die Augen oder bleibt zu Hause.

Leider ist für die zweifache Mutter Malorie (Sandra Bullock) zu Hause bleiben keine Option. Über einen Funkspruch wird ihr und ihren Kindern Rettung angeboten. Doch um zum geheimen Stützpunkt zu gelangen, müssen die Drei eine gefährliche Flussfahrt stromabwärts auf sich nehmen – blind, versteht sich.

The Happening happens again!

Wer erinnert sich noch an M. Night Shyamalans glorreiches Anti-Meisterwerk The Happening? Richtig, der Film, in dem Leute massenweise von Hochhäusern springen und letztendlich der Wind an allem Schuld ist. Tatsächlich übernimmt Bird Box dieselbe Prämisse und wandelt sie nur minimal ab. Statt gefährlicher Luft, ist es jetzt eben gefährlicher Augenkontakt.

Abgeschaut? Jein. Tatsächlich basiert der Film auf einem gleichnamigen Roman von Josh Malerman, der sich wohl dachte, dass die Idee hinter The Happening viel zu gut sei, um sie einem schlechten Film zu überlassen. Nun ist Bird Box zwar wirklich besser als The Happening, aber weit von vergleichbaren Horror-Perlen wie A Quiet Place entfernt. Die dänische Regisseurin Susanne Bier ist in einigen Disziplinen einfach zu inkonsequent:

Die Story strukturieren

In den ersten Minuten präsentiert sich der Film als todernster, konsequenter Mystery-Thriller mit einer klaren Vision. Die Charaktere müssen blind durch die Wildnis laufen, während sie von Monstern gejagt werden. Nachdem die zwei Kinder von Protagonistin Sandra Bullock eine schonungslose Sicherheitsunterweisung bekommen und der Zuschauer innerhalb weniger Sekunden die Regeln des Films eingeprügelt bekommt, erwartet man von Bird Box nichts anderes als konstante Hochspannung. Doch nach fünf Minuten gibt es schon den ersten Zeitsprung: “Fünf Jahre früher”. Och ne.

Statt eines wilden Survival-Trips schneidet der Film zurück in die Zivilisation und wir bekommen einen kleinen Exkurs, wie alles begann. Doch dann stellt sich heraus, dass dieser Exkurs eigentlich die Hauptstory des Films ist. Das Skript springt dann nur noch sporadisch zurück in die Gegenwart. Dieses doppelbödige Storytelling ist zwar gut gemeint, für einen (potentiell) spannungsgeladenen Horror-Thriller aber die falsche Wahl. Dadurch können wir uns nämlich auf keinen der beiden Handlungsstränge voll fokussieren.

Der Storyverlauf in der Gegenwart, hauptsächlich also die Flussfahrt, spielt sich innerhalb weniger Stunden ab. Jedes Mal, wenn also zurück zu diesem Strang geschnitten wird, bekommen wir eine Anzahl der vergangenen Stunden eingeblendet. Das bringt uns Zuschauern überhaupt nichts – es unterstreicht weder die Spannung, wenn uns die Info erreicht, dass die drei Hauptcharaktere schon 8 Stunden lang unterwegs sind, noch kompensiert es die fehlende Dramaturgie. Hätte man diesem Strang einfach mehr Freiraum gegeben und sich z.B. etwas mehr am kompromisslosen Slow-Burn eines The Revenant orientiert, wäre aus dieser Flussfahrt eine sauspannende Angelegenheit geworden.

Allgemein ist die einsame und bedrohliche Wildnis der viel effektivere Schauplatz für diesen Film. Doch es wirkt schon fast so, als konnte sich Regisseurin Susanne Bier nicht entscheiden, welchen atmosphärischen Stil sie mit ihrem Film verfolgen will.

Den richtigen Ton finden

Das Problem an The Happening ist, dass er sich viel zu ernst nimmt; und das macht ihn unfreiwillig komisch. Bird Box will dieses Fettnäpfchen umgehen, indem die apokalyptische Stimmung immer wieder mit Humor aufgelockert wird. Die Ironie ist, dass der Film gerade durch diesen vollkommen unpassenden “Bathos” (humoristische Auflockerung von Spannung) an Authentizität verliert.

Als zum Beispiel ein Nachrichtenbericht von 10.000 Toten in Europa spricht, scheinen Malorie und ihre Schwester Jessica (Sarah Paulson, American Crime Story) die Situation kein bisschen ernst zu nehmen und necken sich stattdessen lieber mit ihren Alltagsproblemen. Es macht den Eindruck als wäre Regisseurin Susanne Bier nicht mit genug Selbstbewusstsein an die Thematik herangegangen, denn der Film belächelt sich immer wieder selbst, während er in anderen Momenten auf bitteren Ernst macht.

Charakter-Stereotype vermeiden

Den leicht trashigen Unterton des Films verdanken wir vor allem der Nebenbesetzung. Wie es sich für einen Survival-Film gehört, findet sich eine Gruppe vollkommen verschiedener Charaktere zusammen. Bis auf die Figuren von Sandra Bullock und Trevante Rhodes, die das obligatorische Liebespaar des Films werden, sind die Charaktere bloße Karikaturen der Horrorfilm-Stereotypen. Es gibt den fluchenden Taff-Guy, das naive Sexy-Girl, den lustigen Sidekick und John Malkovich als “Arschloch”. Malkovichs tuntige und selbstironische Art fühlt sich im bedrohlichen Setting an wie ein Fremdkörper.

Natürlich wird die große Gruppe Stück für Stück ausgedünnt – und das ist gut so. Denn je mehr Sandra Bullock in den Mittelpunkt des Geschehens rückt, desto mehr entfaltet der Film sein Potential. Ihre Performance ist in einigen Momenten kraftvoll und ungeschliffen. Dazu durchläuft ihr Charakter als überforderte Mutter tatsächlich eine beachtliche Wandlung. Im letzten Drittel wird immer ersichtlicher, dass man sich die ganze Survival-Truppe à la The Walking Dead hätte sparen können – Bullock kann den Film mühelos alleine tragen.

Blinde Passagiere auf einem gefährlichen Fluss: Warum nicht mehr davon? Statt der wirklich spannenden Dinge, sehen wir in ‘Bird Box’ viel zu viel belanglose Nebenstränge.[/caption]

Den letzten Twist an die Wand nageln

Da die Shyamalan-Parallelen deutlich sind, erwartet man am Ende auch einen ordentlichen Twist. Schließlich baut das ganze Setting auf Dingen auf, die man nicht sieht oder nicht versteht. Doch eine große Wendung gibt es nicht – nicht wirklich.

Stattdessen liefert der finale Akt eine kleine, süße Wendung, die man gar nicht wirklich als “Twist” ansehen darf. Mehr als ein müdes Lächeln kann die Auflösung einem nicht abringen. Sobald die Endcredits rollen, fragt man sich, ob der Film nun eine Metapher sein soll (ähnlich wie z.B. Auslöschung) oder einfach nur unterhalten wollte. Der Film macht zwar ein paar kleine Statements zu Themen wie Elternschaft und Erziehung, doch diese allegorischen Ansätze wirken recht unausgegoren und mehr wie eine halbherzige Rechtfertigung, als eine kraftvolle Aussage.

Fazit

6.9/10
Ganz okay
Community-Rating:
Handlung 6.5/10
Spannung 7/10
Horror 6.5/10
Visuelle Umsetzung 8/10
Schauspiel 6.5/10
Details:
Regisseur: Susanne Bier,
FSK: 16 Filmlänge: 124 Min.
Besetzung: Jacki Weaver, John Malkovich, Sandra Bullock, Sarah Paulson, Trevante Rhodes,

‘Bird Box – Schließe deine Augen’ ist trotz Patzer einen Blick wert

Regisseurin Susanne Bier fehlt es an einer klaren Vision, weshalb Bird Box unterm Strich ein zweischneidiges Schwert ist. Einerseits bietet die Prämisse atemlose Thrills, andererseits fokussiert man sich zu oft auf spannungsarme Exposition und belanglose Nebencharaktere. Der Film hätte eine starke One-Woman-Show mit Sandra Bullock werden können, doch stattdessen schwebt Bird Box irgendwo zwischen trashiger Horror-Action mit einem Hauch von Selbstironie und ambitioniertem Mystery-Thriller. Auch wenn Bullock eine starke Charakterwandlung performt, bietet das Ende keinen grandiosen Plot-Twist und auch keine spannenden Interpretationsansätze. Bird Box ist wortwörtlich “okay”. Der Film kostet so viel wie euer Netflix-Abo, von daher ist er allemal einen Blick wert.

Artikel vom 25. Dezember 2018

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