7.1/10

Kritik: Blue Beetle

EIN BLAUES WUNDER?

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Genres: Action, Comic, Startdatum: 17.08.2023

Interessante Fakten für…

  • Der erste DC-Film, der auf einer Figur basiert, die im 21. Jahrhundert in Comics debütierte. Jaime Reyes debütierte in Infinite Crisis #3 (Feb. 2006).
  • Angel Manuel Soto wollte, dass Palmera City einen eigenen Stil hat, der zu seinem Helden passt, ähnlich wie Batmans Gotham City und Supermans Metropolis. Er beschrieb die Stadt als “Latino-Metropole” und nannte die Stadt Miami in Florida (selbst eine Stadt mit 70 % Latino-Bevölkerung) und die Werke des Anime-Autoren/Designers Katsuhiro Ôtomo als Einfluss.

Bitte nicht schon wieder ein mittelmäßiger Superheldenfilm… Zum Glück entpuppt sich der blaue Käfer als positive Überraschung! Wie es der neues Streifen aus dem DC-Universum schafft, dem ausgelutschten Genre wieder etwas Charme und Leben einzuhauchen, erfahrt ihr in der Kritik.

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#KebabimKino #Arthaus #Cronenberg

Darum geht’s

Mit dem druckfrischen Jura-Diplom von der Gotham University in der Tasche kehrt Jaime Reyes (Xolo Maridueña) in seine Heimatstadt Palmera City zurück. Doch ihm bleibt kaum Zeit, um seinen Abschluss zu feiern, zuhause geht alles drunter und rüber. Zu seinem Entsetzen muss Jaime feststellen, dass seine Familie finanzielle Probleme hat und kurz davor ist, ihr Haus zu verlieren. Dann drückt ihm seine Schwester Jenny (Bruna Marquezine) mit vagen Warnungen etwas in die Hand und trägt ihm auf, es unbedingt zu verstecken. Das etwas: eine Burger-Box. Jamie, der sie den Warnungen seiner Schwester zum Trotz öffnet, findet darin ein antikes Relikt in Form eines blauen Skarabäuskäfers, der ihm Superkräfte verleiht…

Mehr Spektakel, mehr Empathie

Eigentlich war Blue Beetle ausschließlich für den Streamingdienst HBO Max geplant. Ins Kino sollte der Film gar nicht kommen. Zum Glück läuft bei der Übersetzung der Comics von DC für das Kino aber seit Jahren alles drunter und drüber und nichts kommt, wie es noch Monate vorher geplant und verkündet wurde. Blue Beetle, der die Geschichte eines in den Comics erst vor weniger als zwanzig Jahren erfundenen Superhelden erzählt, der seine Kräfte durch irgendeinen Käferhokuspokus erhält, ist nämlich unbedingt ein Film für die große Leinwand.

All das maximal mittelmäßige Superheldentreibgut, das in den letzten Monaten an die Kinokassen gespült wurde, hat schon vermuten lassen, dass es bald vorbei sein dürfte mit gefiederten, motorisierten, mechanisierten, verstrahlten oder sonst wie übermenschlich begabten Rächer:innen mit und ohne flatternden Umhängen. Geradezu bemerkenswert langweilig waren Black Adam (2023), Ant-Man and the Wasp: Quantummania (2023) oder Shazam! Fury of the Gods (2023). Das Problem: All diese Filme scheinen vergessen zu haben, dass es eine ganz entscheidende Sache braucht, die jedes Action-Spektakel trägt: Figuren, die uns interessieren und die wir mögen, deren Probleme wir nachvollziehen können.

Jamie und seine Latino-Familie bilden den emotionalen Kern von Blue Beetle. Die Beziehungen zwischen den Familienmitgliedern und ihre lebhaften Interaktionen geben ein wunderbar einfühlsames und gelungen gecastetes Fundament ab, auf dem die Action der austauschbaren Superheldenkämpfe sicher steht. Regisseur Ángel Manuel Soto, der selber aus Puerto Rico stammt, versteht es, der Geschichte des recht unbekannten blauen Käfers Herz und kulturelle Resonanz zu verleihen. Denn neben glaubhaften Charakteren und solider Action erzählt Blue Beetle auch noch gekonnt von migrantischer Erfahrung in den USA der Gegenwart.

Ungewollt super

Aus ganz unterschiedlichen Gründen werden die Hauptfiguren in Comics zu übermenschlichen Kämpfern für das Gute. Oft werden sie durch Zufall mit besonderen Kräften ausgestattet und geraten gegen ihren Willen in die Position, in der sie mit einem Mal mit Verantwortungen und Aufgaben konfrontiert sind, die weit über das Alltägliche hinausreichen. Mit großer Kraft, große Verantwortung und so, hust hust. Was Blue Beetle gut gelingt, ist, diese Ausgangssituation mit den Lebensrealitäten von Einwandererfamilien zu verknüpfen und so aus seiner Beliebigkeit zu heben.

Jamies Familie ist eine wunderbar liebenswerte Ansammlung an augenzwinkernd ironisch inszenierten Klischees. Vom heimwerkelnden und schraubenden Onkel Rudy (George Lopez) bis zu Oma Nana (Adriana Barraza) mit Vergangenheit im antiimperialistischen bewaffneten Widerstand – Regisseur Soto und vor allem das Drehbuch von Gareth Dunnet-Alcocer behandeln die Figuren mit Liebe und Einfühlungsvermögen, sodass es auch dem Publikum leichtfällt, sie zu mögen. Und doch nehmen sie sie auch gerade im richtigen Maße nicht ernst, um auch in ernsten Momenten die Leichtigkeit nicht zu verlieren.

Die cartoonhafte Haupthandlung um Kriegstreiber:innen, futuristische Waffen, Kampfanzüge, Verfolgungsjagden et cetera, gerät da fast schon in den Hintergrund – aber auch wirklich nur fast. Neben emotionaler Bindung vergisst Soto nicht, was er einem Comic-Filmpublikum schuldig ist: viel übertriebene Action.

Blauer, schneller, weiter

Die Actionsequenzen des Films sind brauchbar, aber nicht bahnbrechend. Ihre Resonanz liegt in unserer Verbindung zu den Charakteren, ein Gefühl, das den ganzen Film über nachhallt. Kameramann Pawel Pogorzelski fängt die Computer generierten Action-Sequenzen auf angenehme Weise ein, ohne dabei aber Grenzen zu sprengen. Das bleibt visuell alles ziemlich zahm – was aber nicht schlecht ist.

Den Actionszenen ist eine gewisse Slapstickhaftigkeit zu eigen, die aber auch wieder ganz passabel auf dem schmalen Grad zwischen albern und ernst wandert. Vom mechanisch klickenden und klappernden Kampfanzuggeruckel aus der Anfangszeit des MCU in Iron Man (2008) über den mehr oder weniger gelungenen Bodyhorror in Venom (2018) bis zum ephemeren Einwickeln in Moon Knight (2022) haben wir schon viele verschiedenen Transformationsszenen in den letzten Jahren beobachten können. Hier schafft Blue Beetle eine ganz nette Ergänzung, die irgendwo zwischen den Vorgängern wohnt und gleichzeitig beeindruckend und beängstigend ist.

Fazit

7.1/10
Ordentlich
Community-Rating:
Handlung 7/10
Schauspiel 7.5/10
Visuelle Umsetzung 7/10
Action 7.5/10
Humor 6.5/10
Details:

Ein Film, der Spaß macht und auch vornehmlich genau das möchte: dem Publikum eine gute Zeit im Kinosaal bereiten. Durch die gelungene Verbindung von hochtechnisierter Fantastik und der Reflexion über kulturelle Traditionen und kulturellen Clash ist Blue Beetle endlich mal wieder ein wunderbar gelungener Film, der genau das macht, was vom Superheldenkino eigentlich zu erwarten ist. Sich in famosem Blödsinn ergehen und dabei nebenbei noch die ein oder andere ernsthafte Idee reinschummeln. Nicht ganz so gut wie Guardians of the Galaxy 3 (2023), muss Blue Beetle sich dennoch nicht verstecken und übertrifft das meiste, was seit langem an Comicverfilmungen zu sehen war.

Artikel vom 29. August 2023

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