James Wan wollte für diesen Film mit dem “Haunted House”-Setting der Reihe brechen und den Horror wortwörtlich raus aus den vier Wänden bringen.
Nach dem Watch
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Unglaublich aber wahr – der besessene Junge in der schockierenden Eröffnungssequenz wird von einer Akrobatin gespielt. Die Verrenkungen sind echt, lediglich das Gesicht des Jungen wurde digital auf ihres projiziert.
Die ersten beiden ‘Conjuring’-Filme gehören zu den fiesesten Geisterhaus-Schockern der letzten Jahre. Anstatt jedoch die gewinnbringende Formel ein drittes Mal anzuwenden, geht man nun einen ganz neuen Weg. Das ist vorbildlich, doch der Grusel bleibt weitgehend auf der Strecke. Was ist schief gelaufen
Wie immer, basiert auch dieser Conjuring-Film auf Begebenheiten, die sich genau so – mehr oder weniger – ereignet haben. Dieses Mal wird der Gerichtsprozess um Arne Chayenne Johnson aus dem Jahr 1981 erzählt. Die Anschuldigung lautet: Mord. Doch der Täter rechtfertigt sich, er sei von einem Dämonen besessen gewesen und trage deshalb keine Schuld an der Tat.
Kurz zuvor haben Ed und Lorraine Warren (Patrick Wilson und Vera Farmiga) einen Exorzismus an dem achtjährigen Jungen David Glatzel durchgeführt, dem jüngeren Bruder der Freundin von Arne Johnson. Während des Rituals nimmt Arne den bösen Fluch auf sich, um den jungen David zu retten. Ein großes Opfer, wie sich bald herausstellen soll…
Der Regiewechsel
Der Film beginnt mit einem konventionellen Exorzismus der alten Schule. Es wird in fremden Stimmen geredet, durch die Luft geflogen und knochenbrechendes Twister gespielt. Trotz solider Inszenierung sind diese Szenen mittlerweile nicht verblüffender als Kartentricks auf einer Party. Bereits jetzt stelle ich mir die Frage, ob der Film das hohe Niveau der Vorgänger halten kann. Schließlich gab es einen Regiewechsel und James Wan sitzt das erste Mal nicht hinter der Kamera eines Conjuring-Films.
Und heute lernen wir die Yoga-Figur “Der Besessene”.
Wan besitzt dieses gewisse Talent, echten Grusel zu inszenieren, sich in die Ängste der Zuschauer:innen hinein zu fühlen und genau die richtige Kombination aus Bildkomposition, Sound und Schnitt zu verwenden, der dir die Nackenhaare zu Berge stehen lässt. Es ist ein intuitives Talent, das nicht gelernt und schon gar nicht nachgeahmt werden kann. Denn der Zuschauer wird schnell zum Durchschauer, wenn die übliche Formel zu plakativ abgearbeitet wird. Aus diesem Grund gibt es nur wenige Haunted-House-Filme, die wirklich unheimlich sind.
Leider stellt sich sehr schnell heraus, dass Regisseur Michael Chaves dieses Talent (LloranasFluch) nicht besitzt.
Die großen Knaller zuerst
Leider ist die erste Szene des Films auch schon die Aufregendste. Obwohl es sich um eine stringente Abarbeitung der üblichen Tropes und Klischees handelt, werden hier große Geschütze aufgefahren, die wir in Conjuring 1 und 2 erst in der zweiten Hälfte zu sehen bekommen haben: CGI, Erdbeben, fliegende Körper. Conjuring 3 redet nicht lange um den heißen Brei und etabliert prompt in der ersten Szene, dass Dämonen und Flüche so unbestreitbar real sind, wie die Erdgravitation. Natürlich wissen wir nach fünf Franchise-Filmen schon lange, dass in dieser Welt Geister existieren. Doch auf diese Weise begräbt der Film sein eigenes Mysterium und die dramaturgische Fallhöhe.
The Devil Made Me Do It
Ja, das geht unter die Haut. Im Gegensatz zur hochgenerischen Eindeutschung Im Bann des Teufels verspricht der amerikanische Titel ein nervenaufreibendes Mordmysterium mit Gänsehautfaktor. War er wirklich vom Teufel besessen? Gibt er die Besessenheit nur als lahme Ausrede vor, um der Todesstrafe zu entgehen? Was haben die psychologischen Gutachter:innen dazu zu sagen?
Alles spannende Fragen, doch der Film geht auf keine einzige davon ein.
Stattdessen bekommen wir einen konventionellen Okkult-Horrorfilm, der überhaupt keine Lust darauf hat, den eigentlichen Gerichtsprozess zu zeigen. Viel mehr ist die Handlung eine lineare Monster-Quest, das Sammeln von Beweisen für Arnes Besessenheit. Es wird zu keiner Zeit überhaupt in Frage gestellt, ob Arne wirklich von irgendeiner dämonischen Macht besessen war, zumindest nicht von den Zuschauer:innen, denn wir sehen in den ersten Minuten des Films, dass der Dämon sehr wohl real und der Mörder Arne ein armes, unschuldiges Opfer ist. Puff, Mystery weg.
Conjuring 3 hat eine bewusste Entscheidung getroffen, wie es die Handlung erzählen möchte, doch diese Entscheidung kann man kaum verteidigen. Wie hochspannend hätte dieser Film werden können? Ein Gerichtsthriller, aufgemotzt mit Psychosen, Geistern und Jumpscares? Die Verschmelzung von Realität, Wahnsinn und Okkultem? Entweder hat man es dem Regisseur oder dem Publikum nicht zugetraut, solch einen komplexen Film aus Conjuring 3 zu machen. Schade, denn gerade James Wan betitelte dieses Franchise ursprünglich als “elevated horror” (Deutsch: gehobener Horror).
Es brennt sich nichts ein
Wir alle kennen die ikonischen Szenen der Conjuring-Filme: Das nervenaufreibende Klatsch-Spiel aus Teil Eins oder das zum Leben erwachende Gemälde der Nonne Valak aus Teil 2 sind Szenen, die sich aufgrund ihrer inszenatorischen Finesse auf Dauer einbrennen. Grusel zum mit Nachhause nehmen. Davon gibt es in Conjuring 3 herzlich wenig.
Der Film definiert Grusel beinahe ausschließlich mit Jumpscares, bzw. dem Erwarten eines Jumpscares. Diese kann man in den meisten Fällen runterzählen und haben keine weitere Qualität an sich, außer besonders laut und besonders plötzlich die Reflexe der Zuschauer:innen zu testen, wie ein Hammer gegen das Knie beim Doktor.
Bis auf den Beginn und das Finale, welche beide handwerklich solide umsetzt sind und durchaus Spaß machen, gibt es überall dazwischen nur zahnlosen Okkult-Horror, der gerade noch solide genug ist, um zu unterhalten. Wir sprechen dabei aber eher vom Unterhaltungsfaktor einer Geisterbahn. Genre-Genossen wir Spuk im Hill House haben schon längst die Messlatte um drei Streben nach oben gesetzt.
Sogar aus Marketing-Sicht gibt der Grusel in Conjuring 3 nicht viel her. Wo es in Conjuring 2 noch die Horror-Nonne gab, die sofort in den Pflichtbestand eines jeden Verkleidungsladens aufgenommen wurde, gibt es im dritten Teil keinen einzigen Geist, Dämon, oder was auch immer, der die Horrorszene nachhaltig prägt.
Lichtblicke
Conjuring 3 setzt weniger auf klaustrophobische Sets oder dunkle Schatten; und mal wieder ist es eine, ganz eindeutig, bewusste Entscheidung, wenn auch keine Nachvollziehbare. Regisseur Michael Chaves setzt auf große Landschaftsaufnahmen, die im Sonnenlicht baden, und beleuchtet gut die Hälfte der Geisterszenen mit Tageslicht. Diese rebellische “Ich muss es anders machen”-Mentalität ist von wenig Erfolg gekrönt, denn durch seine Ausleuchtung wirkt der Film (wenig überraschend) wenig gruselig. Man muss schon jemand wie Ari Aster sein (Midsommar), um solch einen Widerspruch in eine bedrohliche Atmosphäre auflösen zu können.
Erstaunlich viele Szenen ereignen sich am hellichten Tag. Darunter leidet die Atmosphäre.
Tatsächlich passt die golden-herbstliche Bildkomposition ganz gut zum anderen Standbein des Films, nämlich der Romanze. Die unermüdliche Liebe zwischen Ed und Lorraine Warren ist seit Beginn der Conjuring-Filme das Herz des Franchises, und im dritten Film nimmt sie mehr Raum ein als je zuvor. Die Chemie zwischen Patrick Wilson und Vera Farmiga ist das authentischste Element dieser “wahren” Geschichte und gleichzeitig das Beste, was dieser Film zu bieten hat.
Conjuring 3: Im Bann des Teufels kann das Niveau der beiden Vorgänger nicht halten. Der Film ist solide inszeniert, doch der Grusel ist zu zahm, abgedroschen und eindimensional. Man hat die Chance nicht ergriffen, um aus dem Material einen nervenaufreibenden Psychothriller zu machen, der sowohl vor Gericht als auch in dunklen Zimmern spielt, und die alles entscheidende Frage stellt, ob ein Mörder sich wirklich darauf berufen darf, von Satan ferngesteuert geworden zu sein. Stattdessen fällt die Handlung eindimensional aus, der Prozess spielt kaum eine Rolle, und das Mystery wird von Beginn an zerstört. Nur Patrick Wilson und Vera Farmiga schaffen es als charismatisches Duo, den Film zum Genre-Durchschnitt anzuheben.
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