Kritik: Der Mauretanier
Jetzt direkt streamen auf:
Jetzt direkt streamen auf:
Kurz nach den Anschlägen des elften Septembers ist die Welt im Ausnahmezustand. Die US-Geheimdienste versuchen panisch, die Verantwortlichen zu fassen, und jeder zweite Einwohner islamisch geprägter Länder steht unter Generalverdacht. In diesem Klima wird der Mauretanier Mohamedou Ould Slahi (Tahar Rahim) eines abends während einer Hochzeit von der Polizei abgeholt und verschwindet. Jahre später hört die Menschenrechtsanwältin Nancy Hollander (Jodie Foster) von Slahi, der inzwischen als Häftling in Guantanamo einsitzt und als Rekrutierer für Al Quida die Hauptattentäter des elften Septembers angeworben haben. Sie nimmt sich seines Falles an und es beginnt ein Kampf gegen das undurchschaubare System eines Militärstaates.
Der Mauretanier ist die Verfilmung der Guantanamotagebuchs des zwischen 2002 und 2016 inhaftierten Mohamedou Ould Slahi. Der Film beruht auf einer wahren Begebenheit und nimmt sich vor, die unrechten Machenschaften der USA in Reaktion auf die Terroranschläge des elften Septembers 2001 vorzuführen. Der Film verfolgt einer klare politischen Agenda und klagt die USA an. Zwar nicht ganz so schonungslos, wie sie es verdient hätten, doch begrüßenswert unverblümt.
Als Film ist Der Mauretanier eigentlich ziemlich schnell abgehandelt. Denn er hat eigentlich nicht viele, aus filmästhetischer Sicht, hervorstechende Merkmale zu bieten. Der Großteil der Handlung spielt entweder in diversen Gefängniszellen und Verhörräumen oder Aktenlagern und Büros, die sich allesamt durch eine ganz außergewöhnlich gewöhnliche Tristesse auszeichnen. Und der Film macht auch gar keine Versuche, hier irgendwas zu “stylen” oder anders und neu zu betrachten. Das meiste ist sehr direkt abgefilmt. Die Kamerabewegungen über gewaltige Aktenberge, die verdeutlichen sollen, wie gewaltig das Vorhaben der Verteidigung ist und wie groß der Widerstand des Systems, kennt man auch schon alle aus anderen Gerichtsdramen. Und dass die Rückblickszenen in 4:3 sind, ist auch wirklich nicht originell.
Unangenehm sind diese Szenen in jedem Fall. So sehr, dass man dem Film an einer Stelle einen ganz lauten Vorwurf der Blödheit machen muss. Selbst wenn man die obige Frage negativ beantwortet und es für nötig hält, den Horror auch zeigen zu müssen, stört man sich spätestens an der Stelle, als der Film aus der Folterzelle zur in einer Akte über die Folterungen lesenden Jodi Foster schneidet, um eine Träne in ihren Augen zu zeigen – ein Kommentar, dessen es nicht bedurft hätte. Wer nicht allein beim Anblick dieser Gräueltaten merkt, wie schlimm ist, was da passiert, wer noch eine weinende Jodie Foster braucht, um das einordnen zu können, der ist sowieso verloren.
Über die Schauspielleistung gibt es kaum etwas zu sagen, außer dass sie auf höchstem Niveau ist. Vor allem Tahar Rahim brilliert in der Rolle. Es ist bemerkenswert, wie glaubhaft er die absoluten Ausnahmesituationen, in die die Figur geworfen wird, darzustellen vermag. An keiner Stelle ist sein Spiel plump oder exploitativ. Auch Jodie Foster überzeugt in der Rolle der hartgesottenen Anwältin. Ebenso Benedict Cumberbatch, der in der Rolle des Anwalts der Anklage den überzeugten Christen und ebensolchen Soldaten gibt.
Artikel vom 19. Juni 2021
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!