Kritik: Halloween (2018)
Erfolgreiche Rückkehr des Halloween-Klassikers
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Nach der Mordserie in Haddonfield sind 40 Jahre vergangen. Der Serienkiller Michael Myers (James Jude Courtney, Nick Castle) sitzt nach wie vor in der Psychatrie und hat kein einziges Wort gesprochen. Doch für Laurie Strode (Jamie Lee Curtis) ist der Horror nicht vorbei. Im Gegenteil, sie weiß, was kommen wird. Aus diesem Grund hat die einzige Überlebende der letzten Mordserie all die Jahre hin darauf hingearbeitet. Diese Obsession hat sie von ihrer Tochter Karen (Judy Greer) entfremdet. Sowohl sie als auch Lauries Enkelin Allyson (Andi Matichak) halten sie für paranoid, doch Laurie weiß, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bevor der “schwarze Mann” wieder zuschlagen wird. Denn Halloween naht – und mit ihm der Schrecken.
Michael Myers, der fiktive Serienkiller (nicht zu verwechseln mit Mike Myers, dem Schauspieler – eine häufige Verwechslung) ist eine der bekanntesten Figuren des Horrorgenres. Zudem gilt Halloween – Die Nacht des Grauens (1978) als einer der wichtigsten Begründer des Slasher-Films und somit zahlreicher teenagermordender Horrormonster, wie Jason Voorhees und Freddy Krueger. Der legendäre Regisseur John Carpenter, der in der Neuauflage als Produzent mitwirkt, inszenierte mit Halloween ein Grauen, das auf langsamen Horror setzte, statt auf überzogenes Massaker. Damals brauchte Michael Myers keine Beweggründe, keine Ausrüstung und keine übernatürlichen Fähigkeiten. Er braucht nur sein Messer, seine ikonische William-Shatner-Maske und seine willkürliche Mordlust, die er unentdeckt an Halloween auslebte. Ein simples aber effektives Konzept.
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So sehr Myers durch seine Einfachheit überzeugte, so sehr geriet das Franchise aus den Fugen. Die “Halloween”-Filmreihe wurde nach dem Erfolg des ersten Teiles ständig erweitert und unnötig verkompliziert. Michaels Beweggründe wurden lächerlich kompliziert, übernatürliche Elemente erlangten aberwitzige Bedeutungen und plötzlich waren Myers und Laurie auch noch Geschwister. In der diesjährigen Neuauflage entscheidet sich Regisseur David Gordon Green glücklicherweise für die einzig richtige Lösung und retcont die gesamte Filmreihe, indem er die Fortsetzungen für Null und Nichtig erklärt. Damit steht die Rückkehr zu alten Wurzeln nichts mehr im Wege, einschließlich eines fantastisch klassischen Soundtracks. Ausreichend mörderische Neuheiten gibt es zudem auch noch.
Die größte Neuheit ist immer noch Laurie Strode, die die 40 Jahre seit den Ereignissen des ersten Films mehr als genutzt hat. Aus dem kreischenden aber wehrhaften Teenie wurde eine knallharte und wild entschlossene Frau, deren abgesichertes Haus einer Zombieinvasion standhalten könnte. Als vom Trauma schwer gezeichnete Laurie liefert Jamie Lee Curtis eine hervorragend erfrischende Performance ab, die nicht selten selbst schaurige Züge annimmt. Auch die Charakterentwicklung Lauries vom Opfer zur aktiven Protagonistin, verleiht der Halloween-Reihe neuen Tiefgang.
Abgerundet wird Lauries Rolle durch ein schwieriges Verhältnis zu ihrer Tochter Karen und Enkelin Allyson. Doch gerade dieses Familiendrama überzeugt nicht so, wie es könnte. Zu künstlich wirken gewisse Auseinandersetzungen, sodass der Eindruck entsteht, dass diese mit einer simplen Familientherapie doch lösbar sein müssten. Karen und vor allem Allyson kommen in der ersten Hälfte relativ blass rüber, da ihre Nebenhandlungen ins Leere laufen. Damit wirken die Beiden schon eher wie eine Hommage an die Teenieopfer alter Slasherfilme. Man wünscht sich einfach mehr von Laurie und ihrer Vendetta zu sehen, doch bis dahin muss man sich noch gedulden.Nun kann man sich fragen, wie gefährlich ein (mehr oder weniger) menschlicher Killer gegen diese Vorbereitung vorgehen will, es mangelt ihm schließlich am Überraschungseffekt. Doch auch Michael hat dazugelernt.
Ganze 40 Jahre hat Michael gewartet – und die Chance wird ihm niemand nehmen. Diesmal ist der komplett stumme Killer nicht nur furchteinflößender und brutaler denn je, sondern geht auch erschreckend methodisch vor. Tatsächlich wirkt Myers sogar wie der eigentliche Protagonist seines eigenen Filmes, da wir seinen Fortschritt und seine Entwicklung miterleben. Vom apathischen Warten über die Rückgewinnung der Maske und bis hin zur Durchführung der erstaunlich durchdachten Mordserie beweist Michael seine neuentfachte Kraft. Allein die Wiederankunft des Killers in Haddonfield, die in einer einzigen Aufnahme gefilmt wurde, gehört zur einer der einprägsamsten Szenen des gesamten Filmes.
Wie im Original zeichnet sich auch das Reboot durch ein langsames Tempo und schaurig schleichenden Horror aus. Du weißt nicht, wann es passiert, nur dass es passiert. Hinzu kommt der technische Einfallsreichtum mit dem die Morde durchgeführt werden. Selten wird der tatsächliche Vorgang gezeigt, meistens sehen wir nur die Nachwirkungen. Wird es dennoch mal blutig, ist das somit umso wirkungsvoller. Natürlich wirken erneut einige Morde überzeugender als andere, da sich auch hier Statisten gelegentlich dumm anstellen, was ablenkend wirken kann. Doch eines muss man ihm lassen: Michaels erneute Mordserie wird weder langweilig noch eintönig.
Jumpscares gehören mittlerweile zum bedauernswerten Alltag zahlreicher Horror-Franchises. Das filmische Stilmittel, das sich plötzlichen Schocker bedient sorgt für kurzweiliges Aufschrecken – ist heutzutage aber weitestgehend abgenutzt. Umso erfreulicher ist es, dass Halloween (zum Großteil) darauf verzichtet. Dafür haben die Filmemacher vielfältige Wege gefunden, den Zuschauer auf Trab zu halten. Die stärkste Kraft ist dabei die heranwachsende Paranoia, die durch die komplette Stille vieler Szenen selbst mit den aller gewöhnlichsten Geräuschen für Gänsehaut sorgt. Ein interessanteres Werkzeug ist zudem die Nutzung plötzlicher Schnitte, die von einer ruhigen zu einer extremen Szene wechseln und umgekehrt. Dadurch entsteht ein Gefühl der Dissonanz, das konstanten Nervenkitzel ohne sofortige Auflösung garantiert, wodurch auf billige Schocker verzichtet werden kann. Und genau hierin zeigt sich große Stärke von Halloween (2018).
Regisseur David Gordon Green belebt den Halloween-Horror erfolgreich zum Leben und beweist, dass es nicht viel bedarf, um uns in Angst und Schrecken zu versetzen. In puncto Schlichtheit und Mysteriösität des Monsters bleibt die Neuauflage dem Original getreu, wobei besonders die cleveren Verknüpfungen beider Filme punkten können. Gleichzeitig verleiht Halloween 2018 der Reihe mit dem einstigen Opfer Laurie, die sich nun zu wehren weiß, neuen Drive. Zwar ist Halloween kein Meilenstein, der das Genre neu erfindet, ist jedoch einwandfrei umgesetzt, sodass jeder Horrorfan auf seine Kosten kommt und auf dem Heimweg mehr als einmal angsterfüllt über die Schulter blicken wird. Und ist das letztendlich nicht das, worauf es bei Halloween ankommt?
Artikel vom 31. Oktober 2018
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