Kritik: Mortal Engines: Krieg der Städte
UNTER VOLLDAMPF IN DIE BELANGLOSIGKEIT
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Von einem 60-minütigen Krieg vollends verwüstet, ist die Erde ein einziges Ödland, das von den Spurrillen fahrender Städte zerschnitten ist. Angetrieben vom Hunger nach Rohstoffen macht sich die auf Panzerketten dahinratternde Metropole London auf nach Festland-Europa, wo sie getreu der Logik des Städte-Darwinismus (“Survival of the fastest”) Jagd auf Kleinstädte macht. Doch nach Jahrzehnten der Räuberei ist Beute rar, was den einflussreichen Londoner Thaddeus Valentine (Hugo Weaving) nach neuen Jagdgründen trachten lässt. Doch Hester Shaw (Hera Hilmar) hat andere Pläne für seine Zukunft.
Bei der Kernidee des Films, der auf der [amazon link=”3596702127″ title=”Buchreihe von Philip Reeve” link_icon=”amazon” /] basiert und in dem dahinrollende Städte andere Siedlungen “auffressen”, darf man sich schon mal irritiert am Kopf kratzen.
Doch so groß die Vorbehalte, so schnell sind sie auch wieder verflogen. Das sorgsam durchdachte und wundervoll einfallsreiche Production Design in stilvoller Steampunk-Optik von Weta Digital, die auch schon für das World Building in den Herr der Ringe– und Hobbit-Filmen mitverantwortlich zeichneten, schlägt schon nach wenigen Minuten vollends in seinen Bann.
Geschuldet ist das vor allem der Liebe zum Detail, die sich in jeder Einstellung eindrucksvoll zur Schau stellt. Abgerundet wird das Erscheinungsbild des Fantasy-Abenteuers durch die vielen visuellen Referenzen an eine längst vergangene Zeit (nämlich unsere), die dem Setting Tiefe und Glaubwürdigkeit verleihen, was nicht zuletzt ein entscheidender Grundstein für ein erfolgreiches Franchise sein dürfte.
Doch während Mortal Engines: Krieg der Städte visuell mächtig auftrumpft, geht der Auftakt des von Produzent Peter Jackson (Herr der Ringe, Hobbit) geplanten Kinomehrteilers an allen anderen Fronten phänomenal unter. Mit am Schlimmsten trifft es dabei die Handlung, die mit der Feinfühligkeit von Panzerketten schnurgerade von einem Plot Point zum nächsten rattert. Stoßrichtung und Ziel der Story sind somit schon nach wenigen Minuten so absehbar, dass es im Kern schon reicht die Trailer des Wanna-Be-Blockbusters anzuschauen.
Das erinnert zunächst an Mad Max: Fury Road, doch anders als bei George Millers Meisterwerk, wo die mangelhafte Dramaturgie Teil der Ästhetik war, trägt Mortal Engines seine Geschichte weitaus geschwollener und pathetischer vor, was die Mängel umso deutlicher zu Tage fördert.
Zudem werden Charaktermomente – ja, eigentlich jegliche Subtilität – im Kielwasser der mechanischen Erzählung einfach plattgemacht, womit jegliches emotionale Investment in die Story schier unmöglich wird.
So gelingt es beispielsweise nicht, dem hoffnungslosen Kampf der sesshaften Städte gegen das bedrohliche London die heldenhafte Verzweiflung zu geben, die beispielsweise Matrix 3 so packend gestaltete. Auch die moralischen Konflikte, denen sich den Bewohnern des räuberischen Londons theoretisch stellen müssten, spielen anders als bei einem ähnlichen moralischen Druck unter einem faschistischen Regime in der Die Tribute von Panem-Reihe keine Rolle.
Das Resultat all dieser Versäumnisse: Mortal Engines gelingt es nicht mitzureißen.
Dass das Kinoregie-Debut von Christian Rivers (der bis dato vor allem in Art Departments tätig war) nicht packt, liegt nicht zuletzt auch an den Charakteren, die aus Plattitüden zusammengestückelt scheinen. Besonders die vielen Nebenfiguren sind dabei so substanzlos und hohl gezeichnet, dass tatsächlich wenig mehr als ein paar schick designte Kostüme über den Bildschirm zu huschen scheinen – beispielsweise bei Anna Fang (Jihae) und Katherine Valentine (Leila George).
Besonders fatal vergreift sich das Drehbuch jedoch an Hester Shaws vermeintlich sympathischem Sidekick Tom Natsworthy (Robert Sheehan), dessen Naivität vor allem Handlung und Hauptcharakterin ausbremst, was tierisch nervt.
Auch die sich andeutende Romanze der beiden ungleichen Charaktere ist schockierend dilettantisch angelegt, da es an emotional-verbindenden Szenen vollkommen fehlt. Obendrein ist Natsworthys Seitenwechsel kaum nachvollziehbar, da weder seine Zweifel noch seine Gewissensbisse den Drehbuchautoren eine Szene wert sind.
Ein wenig besser geht es der Protagonistin Hester Shaw, die wenigstens eine obligatorische Backstory bekommt. Doch gerade hier liegt die Erbsünde begraben: Dem Drehbuch-Team gelingt es nicht, uns die Nähe und Liebe zwischen Hester und ihrer Mutter klarzumachen, sodass Hesters Rachefeldzug – immerhin das Kernmotiv des Films – schlichtweg kalt lassen muss. Der zweite Versuch Hesters Charakter ein emotionales Drama anzudichten, scheitert ebenfalls, denn die familiäre Beziehung des jungen Mädchens mit der Kampfroboter-Leiche Shrike (Stephen Lang) scheint umso krasser an den Haaren herbeigezogen.
Für einen kurzweiligen Kinobesuch mit visueller Strahlkraft reicht Mortal Engines: Krieg der Städte allemal. Doch trotz des visuellen Einfallsreichtums und besonderer Fürsorge beim Worldbuilding gelingt es dem Drehbuch-Team um Peter Jackson (Herr der Ringe, Hobbit) nicht, das Potenzial der Romanvorlage in einen mitreißenden Kinoblockbuster zu verwandeln. Platte Figuren, absurde Charaktermotivationen und der Vollverlust emotional bewegender Szenen verdammen Christian Rivers Fantasy-Abenteuer schon wenige Stunden nach dem Kinobesuch in die Sphären der Belanglosigkeit.
Artikel vom 14. Dezember 2018
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