Dialoglastige Exposition
Regisseur Drew Goddard ist ein kleines Wunderkind. Nicht nur hat er den Netflix-Hit Daredevil mitentwickelt und Blockbuster wie Der Marsianer geschrieben, auch sein exzellentes Regiedebut The Cabin in the Woodswar ein unfassbar stilsicherer, enorm wendungsreicher Horrorthriller. In Bad Times at the El Royalelässt er es zunächst wesentlich entspannter angehen, als gewohnt. Und er muss sich (leider) zunächst den direkten Vergleich zu Quentin Tarantinos The Hateful Eight gefallen lassen.
Das liegt daran, dass Goddard seine Charaktere in eigenen, mit Texttafeln gekennzeichneten Episoden vorstellt (eines der beliebten Stilmittel von Tarantino), alle Figuren in ein Setting einlaufen lässt und an der hohen Dialogdichte. Hier passiert zwar wahnsinnig viel, doch der Film lässt sich gehörig Zeit, die verschiedenen Figuren in ausufernden Dialogen zu skizzieren und erste Konflikte aufkochen zu lassen. Den Sprachwitz und die textliche Brillanz eines Tarantino erreicht Goddard dabei nicht, doch die undurchsichtigen Figuren und ihre unvorhersehbaren Storylines helfen dem Zuschauer auch über die eine oder andere Länge hinweg.
Spannendes Handlungsgeflecht
Die erste Filmhälfte fällt trotz ausführlicher Exposition noch relativ spannend aus. Das liegt daran, dass Goddard seine Episoden immer dann abschließt, wenn es gerade so richtig interessant wird – und mit einem ganz anderen Charakter zu einem ganz anderen Zeitpunkt fortfährt. So kommt es durchaus vor, dass ermordete Figuren in anderen Episoden wieder auftauchen – oder sich wichtige Fragen erst zu einem späteren Zeitpunkt klären. Diese wilde, undurchschaubare Filmstruktur macht Laune und hält den Zuschauer bei der Stange.
Interessant ist auch, wenn Goddard durch die platzierten Vorgeschichten seiner Figuren den Haupthandlungsraum des Hotels verlässt. Diese Momente geben nicht nur wichtigen Kontext zu den Charakteren, die die Gegenwart in ganz neuem Licht dastehen lassen – der gelegentliche Wechsel des Settings sorgt gerade gegen Ende des Filmes für richtige Gänsehautmomente. Trotz der erwähnten Längen und teils ausufernd langen Einzelsequenzen geht die vielschichtige Handlung auf. Der große Twist am Ende bleibt zwar aus, aber immerhin ist nichts so hanebüchen zusammen gezimmert, wie etwa in Mord im Orient-Express.
Handwerklich vom Allerfeinsten
Optisch ist Bad Times at the El Royale ein echter Leckerbissen! Die Kamera fängt das beunruhigende Setting mit einer gemächlichen Eleganz ein, der Einsatz von Lichtquellen sorgt für eine ungemein dichte Atmosphäre und die Ausstattung im 60er-Jahre Stil wirkt zu jeder Sekunde glaubhaft. Dabei sorgen originale Filmausschnitte und ein fantastischer Soundtrack für den letzten, authentischen Schliff. Ja, Drew Goddard kann inszenieren! Und wie!
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