7.8/10

Kritik: Ach du Scheiße!

DEUTSCHE GENREFILME SIND FÜRS KLO!

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Genres: Drama, Komödie, Thriller, Startdatum: 15.09.2022

Interessante Fakten für…

  • Die Prämisse des Films gleicht Nicht auflegen! mit Colin Farrell und Buried – Lebend begraben mit Ryan Reynolds

Mut will belohnt werden! Und eins ist Lukas Rinkers ultrabrutale Genre-Perle definitiv: mutig. Und für hiesige Sehgewohnheiten auch ordentlich unkonventionell. Kann Rinker auf den Spuren von Hitchcock und Joel Schumacher in einem Genre-Stoff überzeugen? Erfahrt es in unserer Bewertung und Kritik!

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#NetflixAndChill #Meta #AdvocatusDiaboli

Darum geht’s

Scheiße gelaufen! Der Architekt Frank (Thomas Niehaus) wacht mit Platzwunde am Kopf und dem Arm von einer Eisenstange durchbohrt in einem vollgesifften Dixi-Klo auf. Sein Handy liegt wortwörtlich in der Kloake und erst nach und nach erinnert er sich, wie er in diese heikle Situation gekommen ist. Doch so viel Zeit zum Nachdenken hat er nicht: denn draußen hat Bürgermeisterkandidat Horst (fantastisch: Gedeon Burkhard) bereits den Countdown zur Sprengung einer Baustelle eingeläutet. Die Baustelle, auf der Frank aufgespießt festsitzt…

Die Deutschen und das Genre

Ach ja, was haben wir uns alle sattgesehen an den Lieblingsfilmen der Deutschen. Ein paar sanfte Rom-Coms im Sepia-Look, ein bisschen Coming-of-Age in der DDR (oder so), ein bisschen Geschichtsaufarbeitung (wichtig, angesichts der Stoffe jedoch gelegentlich überpräsent) – und alle zwei Jahre einen triefenden Schweiger. Ich erspare uns einen Ausflug in deutsche Filmförderungen und stelle die These auf: die Deutschen schauen nun mal, was gezeigt wird. Und Genre-Kino gehört eben nicht unbedingt zu dem, was verfügbar gemacht wird.

Dabei haben Filmemacher:innen jüngst eindrucksvoll bewiesen, dass das deutsche Genre nicht nur quicklebendig ist, sondern international auch mithalten kann – wenn man es nur lässt. Tim Fehlbaums dystopischer Hell zum Beispiel, oder der internationale Mega-Erfolg Dark auf Netflix. Genau das scheint sich auch Debütant Lukas Rinker gedacht zu haben und erschuf ein dreckiges Kleinod, das von vorne bis hinten Laune macht.

Griff ins Klo: Frank (Thomas Niehaus) muss mehr als einmal seinen Würgereflex unterdrücken, um aus dem Schlamassel zu kommen.

Konsequentes „Kammer“spiel

Die Prämisse, einen Film in nur einer Location anzusiedeln, ist nicht neu. Alfred Hitchcocks Das Fenster zum Hof, Joel Schumachers Nicht auflegen! und in Perfektion von Rodrigo Cortés umgesetzt: Buried – Lebend begraben sind nur einige Beispiele. Erfrischend ist, dass Rinker seiner Prämisse zu 100% vertraut und das Dixi-Klo bis zum (bitteren?) Ende nicht verlässt. Da braucht es reichlich Ideen, damit sich die 90 Minuten auch tragen.

Und die gibt es auch: wenn sich Frank wirklich alles, was im Dixi liegt, zu eigen macht, um dem Schlamassel zu entkommen, dann kommt reichlich Freude auf: dem Brechen nahe Meterstäbe, selbstgebaute Fackeln – und wo kommt eigentlich das Koks her? Lediglich in der Exposition verlässt sich Rinker auf zu viele Flashbacks oder eingesprochene Wortfetzen, die die ohnehin simple Handlung zwar schnell erklären, aber auch einiges am Rätselspaß nehmen.

Ensemble mit diebischer Freude

Es sind nicht viele Schauspieler:innen, die das Kammerspiel füllen. Doch sie alle scheinen die Zeit ihres Lebens zu haben. Allen voran ist Thomas Niehaus, der mit Inbrunst und Herzblut den Wahnsinn seiner Figur auf die Leinwand transportiert. Spätestens, wenn auch der Klodeckel anfängt, mit ihm zu sprechen, fühlt man sich an Christopher Meloni in Happy! erinnert. Da wird der Leidensweg von Frank zur bitterbösen Unterhaltung.

Gedeon Burkhard schießt mit seinem tiefbayerischen und schwer opportunistischen Bürgermeisterkandidat aber den Vogel ab. Gerade zum großen Finale hin wird jede verstrichene Minute einfach wahnsinniger. In Kombination mit Björn Meyer, Uke Bosse, Olga von Luckwald und Rodney Charles ergeben sich da schlichtweg wahnwitzige Mini-Szenen.

Herrlich überdreht und richtig schön fies: Bürgermeisterkandidat Horst (Gedeon Burkhard) lässt im Zweifel die Waffen sprechen!

Splatter? Ja bitte!

Zuletzt ein Wörtchen zum Thema Blutvergießen. Dass Ach du Scheiße! keine Spielchen spielt, wird klar, wenn wir eine Nahaufnahme des mehrfach gebrochenen, blutig aufgespießten Arms von Frank serviert bekommen. Und so viel sei gesagt: die Brutalität nimmt langsam, aber stetig zu, um sich im Grande Finale noch mal komplett zu übertreffen. Und tatsächlich sind die Splatter-Einlagen nicht nur Selbstzweck, sondern unterstützen die Charaktere durchaus. Und klar, es ist natürlich ein Fest, wenn wir abgetrennte Gliedmaßen und Blutfontänen im deutschen Kino sehen.

Dieser Mix aus over the top-Acting, Blut und Scheiße, derber Brutalität und trashiger Musik (die Eröffnungssequenz allein ist da schon äußerst unkonventionell) dient vortrefflich dem großen Zweck des Films: kurzweilige, witzige, brutale Unterhaltung mit regionalem Einschlag. Mission geglückt!

Fazit

7.8/10
Gut
Community-Rating: (3 Votes)
Handlung 6.5/10
Schauspiel 8.5/10
Humor 8/10
Spannung 8/10
Splatter 8/10
Details:
Regisseur: Lukas Rinker,
FSK: 16 Filmlänge: 90 Min.
Besetzung: Björn Meyer, Friederike Kempter, Gedeon Burkhard, Olga von Luckwald, Rodney Charles, Thomas Niehaus, Uke Bosse,

Ach du Scheiße! hält, was der Name verspricht. Der Schauplatz des Genrefilms wird konsequent nicht verlassen, die Schauspieler:innen spielen fantastisch, es trieft von Fäkalien und Blut und trotz der simplen Story gibt es genügend kreative Kniffe, um 90 Minuten voll bei der Stange zu bleiben. Ein dreckiger Genrefilm, von dem es gerne in Zukunft mehr geben dürfte!

Artikel vom 14. September 2022

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