3.9/10

Kritik: Die Theorie von allem

MULTIPLE LANGEWEILE

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Genres: Drama, Mystery, Thriller, Startdatum: 26.10.2023

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Multiversum, Multiversum, Multiversum – Jetzt ist es auch im deutschen Kino angekommen. Physiker in den schweizer Alpen, Liebe, großartige Bilder und ganz viel heiße Luft. Wieso “Die Theorie von allem” vor allem eine große Enttäuschung ist, erfahrt ihr in der Kritik.

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#KebabimKino #Arthaus #Cronenberg

Darum geht’s

Der Zug in die schweizer Alpen rattert durch die Nacht. An Bord schnaubt unablässig vor sich hin: Dr. Julius Strathen (Hanns Zischler), der ungehalten über die aufmüpfigen Thesen seines Doktoranden Johannes Leinert (Jan Bülow) ist. Der ist sich nämlich sicher, dass er irgendwelche physikalischen Formeln aufstellen kann, die unser grundlegendes Verständnis der Realität in Frage stellen würden. Doch Strathen, der konservative Physiker, rät dazu, ordentlich zu rechnen, statt sich in Fantasien zu versteigen (ein Rat, den man auch dem Filmemacher geben mag – doch dazu gleich). Der Haussegen im Abteil hängt schief. Und doch ist die Spannung auf den wissenschaftlichen Kongress, zu dem die beiden unterwegs sind, groß. Ein Experte will eine bahnbrechende Entdeckung aus dem Bereich der Quantenmechanik vorstellen. Und auf Johannes wartet nicht nur die Begegnung mit der mysteriösen Pianistin Karin Hönig (Olivia Ross), im Schatten der Berge warten noch ganz andere dunkle Mächte…

Zeitalter der Multiversen

Ob Doctor Strange ins Multiverse of Madness (2022) reist, um gegen multidimensionale Geister und Dämonen zu kämpfen, oder Michelle Jeoh Everywhere all at once ist (2022), um familäre Traumata aufzuarbeiten, die die Realität sprengen – auf allen Ebenen arbeitet sich das Kino derzeit am Konzept des Multiversums ab. Million Dollar teuere Superhelden Extravaganzen, amerikanische Independent-Filme oder jetzt eben deutsch-österreischisch-schweizerische Koproduktionen in schwarz-weiß. Die Theorie von allem ist bisher mit Abstand eine der schwächsten Wortmeldungen zum Thema. So richtig überzeugend hat bisher noch kein Film das Multiversum erzählt. Meist ist das groß aufgeblasene Konzept auch eher ein erzählerischer Taschenspielertrick. So dient es in The Flash (2023) vor allem dazu, eingefleischten Fans von Tim Burtons Batman – wer auch immer das sein mag – die Möglichkeit zu geben, aufschreien können, wenn Michael Keaton im Trailer zu sehen ist. Und dann auch noch, um das nach nahlos geschlossener innerweltlicher Logik und Historie, oder Comiccon-Neudeutsch: “Continuity” dürstende Publikum zu befrieden. “Keine Sorge, hat alles seine Richtigkeit, verschiedene Zeitlinien, alles in sich stimmig.” Das Ergebnis: eher mäßig.

Die Theorie von allem setzt nun aber noch einen drunter. Es geht um die Frage nach der Möglichkeit. Was passiert mit den Entscheidungen, die wir treffen, mit den Gefühlen, die wir haben, wenn es unendliche Versionen der Wirklichkeit gibt? Die Möglichkeit, die Endlosigkeit als Prüfstein des Lebens. Diese durchaus gewichtige Überlegung böte zahllose Anknüpfungspunkte. Auf der einen Seite mag es als große Erfahrung der Sinnfindung erzählt werden. Wenn es unendliche Möglichkeiten gibt, dann zählt umso mehr, was wir alle tun, wie wir uns in jeder Situation entscheiden, weil diese Entscheidungen der Grundstoff sind, aus dem diese eine Realität gebaut ist. Auf der anderen Seite bietet sich die Möglichkeit für grenzenlosen Zynismus. Was bedeutet diese eine Realität, wenn schon ein Blick, eine Handbewegung sie komplett verändern kann? Davon fehlt in Die Theorie von allem leider fast jede Spur.

Statt tatsächlich tiefer gehenden Überlegungen zum Thema, reiht der Film hauptsächlich einen bedeutungsschwangeren Blick an den anderen. Bzw. sind es eher verwirrte Blicke, da die Bedeutsamkeit eben nur behauptet ist. Es reicht nicht aus, dass Die Theorie von allem groß damit angibt, dass ihm ein Mysterium innewohne. Es sollte zumindest der ein oder andere mysteriöse Funke dann auch überspringen.

Verfehlter Grusel, fehlende Spannung

Regisseur Timm Kröger erzählt eine Geschichte über den Grusel der Möglichkeit – Oder möchte das zumindest. Mit sehr kunstvoller Inszenierung wird sich an Hitchcock Thrillern wie Suspicion (1941) oder schwarz-weißen Edgar-Wallace-Verfilmungen aus den 60ern abgearbeitet. Das ist alles sehr gelungen – auf rein visueller Ebene zumindest.

Inhaltlich hat der Film recht wenig zu bieten. Die multiversellen Überlegungen lassen sich auf bekifftes Gequatsche reduzieren. “Ey, stell dir vor, es gäbe parallele Welten, in denen wir… äh… irgendwas anderes machen würden… wie krass wärs bitte?!” Das wäre nun auch gar nicht so schlimm. Simple Ideen können ja durchaus auch für große Unterhaltung sorgen, wenn sie gut umgesetzt sind. Doch leider vertut Die Theorie von allem diese Chance, indem er mit einem fatalen Spoiler eröffnet.

In den ersten zwei Minuten des Film ist ein Ausschnitt einer Talkshow zu sehen, in der Hauptfigur Johannes, viele Jahre nach den Ereignissen in den schweizer Alpen sein Buch “Die Theorie von allem” vorstellt. Der Moderator der Talkshow spricht dann ganz nebenbei das Mysterium aus, das die dann folgenden zwei Stunden des Film versuchen, mit Spannung und Grusel zu inszenieren. Doch das funktionioert dann eben nicht mehr. Jedes mal, wenn Johannes verwirrt schaut, weil er dem Geheimnis im Berg noch immer nicht näher gekommen ist und aufgebracht und laienhaft zu ermitteln versucht, langweilt man sich im Kinosessel. Für die Zuschauer ist es eben kein Geheimnis.

Fazit

3.9/10
Mies
Community-Rating:
Handlung 2.5/10
Visuelle Umsetzung 8.5/10
Schauspiel 6.5/10
Spannung 0.5/10
Tiefgang 1.5/10
Details:
Regisseur: Timm Kröger,
FSK: 6 Filmlänge: 118 Min.
Besetzung: Gottfried Breitfuß, Hanns Zischler, Jan Bülow, Olivia Ross,

Ein aufwendig gestalteter Thriller in den schweizer Alpen, der seine eigene Handlung, seine eigen Spannung dann aber für seine Optik verrät. Eine Handlung dünner als die Luft in den Alpen, die auch die wunderbaren Bilder nicht zu retten wissen. Kein bisschen Spannung und ohne tiefere Einsichten zum Thema. Die Koketterie mit einem ab Anfang zerschlagenen Mysterium langweilt schnell, fängt dann bald an zu nerven. Man wartet auf den Abspann, um endlich aus dem Kino zu kommen.

Artikel vom 4. November 2023

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