4.0/10

Kritik: Texas Chainsaw Massacre

Ein Remake verliert sein Gesicht

Jetzt direkt streamen auf:

[jw_add_widget-sc]

Genres: Horror, Startdatum: 18.02.2022

Interessante Fakten für…

  • Der Film war ursprünglich für einen Kinostart irgendwann im Jahr 2021 vorgesehen, aber alle Pläne wurden aufgrund einer Reihe von katastrophalen Testvorführungen verworfen. Anschließend wurde er an Netflix verkauft.
  • Der erste Texas Chainsaw-Film, in dem die Hauptfigur des Originals, Sally, zu sehen ist. In diesem Film wird sie jedoch von Olwen Fouéré gespielt, da die ursprüngliche Darstellerin, Marilyn Burns, am 5. August 2014 verstorben ist.

Das Prozedere ist bekannt: nachdem Horror-Klassiker wie “Scream” und “Halloween” zugunsten horrorliebender Filmfans (und Studios mit Dollar-Augen) wieder gewaltvoll aus der Versenkung gezerrt wurden, ist nun mal wieder die Großmutter des Terror-Horrors dran: ‘Texas Chainsaw Massacre‘. Ob das Remake selbst massakriert wird, erfahrt ihr in unserer Bewertung und Kritik.

Avatar-Foto
#NetflixAndChill #Meta #AdvocatusDiaboli

Darum geht’s

Melody (Sarah Yarkin), ihre Schwester Lila (Elsie Fisher, Eighth Grade) und ihre Freund*innen sind nicht nur Jugendliche mit Freiheitsdrang, sondern auch ambitionierte Influencer*innen. Gemeinsam haben sie es sich in den Kopf gesetzt, die heruntergekommene Stadt Harlow irgendwo in Texas zu kaufen und für ihr Unternehmen umzufunktionieren. Doch eine alte Bewohnerin weigert sich, ihr Haus zu verlassen, weshalb sie von der örtlichen Polizei gewaltsam dazu gezwungen wird. Das findet der schweigsame Hüne, der auf ihrem Dachboden wohnt, allerdings gar nicht witzig…

Ein zu oft verpulvertes Erbe

Blutgericht in Texas, das Original von 1974, ist vollkommen zurecht ein Klassiker und bis heute wohl der gruseligste der insgesamt neun Filme über den berüchtigten Leatherface. Der Found Footage-Stil, die körnige Optik, die unerwarteten Morde und das weitläufige, texanische Setting haben nichts von ihrer Effektivität eingebüßt. Das omnipräsente Gefühl des Terrors (nicht nur des Horrors!) lässt einen unmöglich kalt.

Die unzähligen Sequels, die teilweise in unterschiedliche Zyklen eingeteilt werden, um sich gegenseitig nicht die Logik zu rauben, sind weitestgehend belanglos (ausgenommen vielleicht Michael Bay’s Texas Chainsaw Massacre). Ähnlich ging es in letzter Zeit der neuen Halloween-Trilogie, die zwar durchaus Kritik, aber auch ordentlich Zaster einfuhr. Dass Netflix diesen monetären Stunt kopieren möchte, ist kein Wunder. Dass dabei wenig rumkommt, leider auch.

Melody (Sarah Yarkin, vorne) möchte der Stadt helfen. Doch sie weckt schlafende Hunde.

Viel Blut, wenig Horror…

Der allererste Kill in Texas Chainsaw Massacre hat es wirklich in sich. Und auch sonst fließt während der knackigen 74 Minuten Film amtlich Blut. Bis auf die Eröffnungsszene, in der sich das dürre Texas einmal mehr als ideales Horror-Setting erweist, kommt allerdings kaum das Gefühl von echtem Schrecken auf. Leatherface metzelt sich munter durch Horden von Gen Z-Kids und die Kamera hält stoisch drauf, wenn Gesichter eingeschlagen und Torsos zerkleinert werden.

Das entfaltet allerdings zu keiner Sekunde das grauenvolle Gefühl, das Leatherface‘ erster Mord in Blutgericht in Texas ausgelöst hat. Zu sehr liegt der Fokus auf dem Spektakel von herausgezogenen Gedärmen, zu gewollt hoch ist der Kill-Count (viele Tote zeichnen noch lange keinen guten Schocker aus), zu vorhersehbar ist der Einsatz des Kettensägen-Mannes. Texas Chainsaw Massacre ist eine stupide Schlachtplatte und kein Horrorfilm!

…und absolut keine Logik

Wer früh genug gemerkt hat, dass es sich hier um billige Effekthascherei handelt, kann vielleicht noch schnell genug das Hirn ausschalten und das Massaker halbironisch runterschauen. Wer allerdings nur eine Sekunde zu lang auf den absolut lächerlichen Plot und die übertrieben willkürlichen Handlungen der Figuren schielt, stellt fest: Texas Chainsaw Massacre ist so hirnlos, wie die Charaktere selbst.

Da liegt ein Kerl ohne Kiefer auf der Straße? Scheiß drauf, wir machen Party im Bus! Wir haben seit Stunden nichts von unserer Freundin gehört? Scheiß drauf, wir machen Party im Bus! Der Busfahrer haut kontextlos ab und wird im Off geköpft? Aaah, jetzt hat es auch der letzte kapiert! Das führt regelmäßig zu Momenten, die so dermaßen unlogisch und/oder cringe sind, dass man dem Drehbuchautor den Kopf waschen möchte, weil er das filmische Erbe dermaßen mit Füßen tritt.

„Ist das ‘n Scherz, wirst du gecancelt, Bro!“

Irgendein Typ mit filmendem Handy zu Leatherface in Texas Chainsaw Massacre

Figuren ohne Bedeutung

Wie man es von einem Film dieser Sorte erwartet, glänzen die Figuren auch sonst weder mit Charisma noch mit anderen nennenswerten Eigenschaften. Sie sind einfach da (und dabei mehr oder weniger ätzend), machen ein paar Dinge ohne Bedeutung und werden dann gemeuchelt. Dass einen dies dann vollkommen kalt lässt, ist nicht weiter verwunderlich, auch, wenn die handgemachten Effekte nett anzusehen sind. Die gelegentlich platzierten, pseudo-gesellschaftskritischen Seitenhiebe sind maximal hauchzart – eine tragische Background-Geschichte mit einem Amoklauf wird beispielsweise prominent platziert, dann irgendwann zitiert und schließlich sträflich fallengelassen.

Was allerdings an Blasphemie grenzt, ist, dass Sally Hardesty – die einzig Überlebende aus dem Original – als ultralässige Killer-Oma wiedereingeführt wird, weil sie 50 Jahre darauf gewartet hat, Rache an Leatherface zu nehmen. Dieser Move schwimmt natürlich auf der PR-Welle von Scream 5 und Halloween mit, welche den alten Cast zurückholten, doch passt diese Inszenierung von Sally absolut nicht zum einst realitätsnahen Spirit des Kanons. Erneut zeigt sich, wie kalkuliert und einfallslos dieses Sequel erdacht wurde.

Das texanische Setting, das hervorragend für Blut und Terror geeignet ist, rettet diesen Film nicht.

Wilder Schluss-Punch und endlose Leere

Ausgerechnet die allerletzte Szene hat nochmal eine richtige Überraschung im Petto, nur um diese erneut durch eine gewollt aufgezwungene Referenz auf das Original zu neutralisieren. Wieder zeigt sich, dass blinde Referenzen ohne das Verständnis für den Ausgangsstoff einfach nur frustrieren. Ja, in unserem selbstreferenziellen Zeitalter werden all diese Querverweise mit einem kennerischen Augenzwinkern abgespult. Doch auch Texas Chainsaw Massacre gehört zu der Sorte Film, die daraus absolut kein Kapital schlagen kann.

Stattdessen bleibt wenig bis nichts. Ein weiteres belangloses Sequel, das sich auf Lorbeeren längst vergangener Tage ausruht, ohne, dass ihm das überhaupt zustehen würde. Und wieder stellt sich die Frage: Warum zur Hölle werden Jahr für Jahr totgeglaubte Stoffe ausgebuddelt, um in ein neues, unpassendes Gewand gekleidet zu werden?

Fazit

4/10
Mies
Community-Rating: (3 Votes)
Handlung 3/10
Spannung 4/10
Horror 3/10
Charaktere 3/10
Spezialeffekte 7/10
Details:
Regisseur: David Blue Garcia,
FSK: 18 Filmlänge: 81 Min.
Besetzung: Elsie Fisher, Mark Burnham, Nell Hudson, Olwen Fouéré, Sarah Yarkin,

Texas Chainsaw Massacre hat beinahe nichts, was in Erinnerung bleibt: Figuren ohne Charisma, Logiklöcher so groß wie die klaffenden Wunden der Opfer, Referenzen auf das Original, ohne dessen Atmosphäre und Stil auch nur annähernd zu erreichen. Die ultrablutigen Momente sind zwar nett inszeniert, aber haben keinen emotionalen Punch. Und vom Horror/Terror des Originals hat man sich vorsorglich komplett verabschiedet. Ein Slasher ohne Unterbau mit einer Story zum Vergessen.

Artikel vom 8. März 2022

0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

4001Reviews.de (V4) – Seit 2015