7.0/10

Kritik: 1922

STEPHEN KING IN HOCHKONJUNKTUR

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Genres: Drama, Krimi, Mystery, Startdatum: 20.10.2018

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Wer hätte gedacht, dass die literarischen Werke des “Master of Horror” in der Film- und Serienlandschaft noch einmal so einschlagen? Auch Netflix ließ sich nicht lumpen und warf fast zeitgleich mit ‘Das Spiel’ eine weitere King-Adaption auf die Plattform: ‘1922’. Ist diese Verfilmung brauchbares Futter für King- und Horrorfans? Erfahrt es in unserer Bewertung und Kritik.

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Darum geht’s

Für Wilfred James (Thomas Jane) könnte alles so bleiben, wie es ist: eine große Farm in einem idyllischen Landstrich; anstrengende, doch lohnende Arbeit; ein augenscheinlich liebevolles Miteinander mit seiner Frau Arlette (Molly Parker) und dem gemeinsamen Sohn Henry (Dylan Schmid). Doch die Harmonie bröckelt, als Arlette verkündet, dass sie in eine Großstadt ziehen möchte. Und da die Familie das große Anwesen von ihrem Vater vermacht bekommen hat, sitzt sie als rechtmäßige Besitzerin am längeren Hebel.

Wilfred versucht alles, seine Frau davon abzuhalten, doch sieht er letztlich nur eine Lösung: sie muss sterben! Ihm gelingt es sogar, seinen Sohn davon zu überzeugen, dass dieser Ausweg die einzige Möglichkeit ist, ihr eingespieltes Leben weiterzuführen. Doch die gewaltvolle Tat birgt mehr Konsequenzen, als Wilfred bewusst ist und das Folgejahr 1922 soll das härteste seines Lebens werden…

Ein klassischer King-Stoff?

Im Repertoire der mittlerweile 70 Jahre alten Schreibmaschine namens Stephen King liegen Schund und Perlen nah beieinander. Wir haben dem Gruselspezialisten einerseits Meisterwerke wie Die Verurteilten, The Green Mile, Shining, Stand By Me oder Es zu verdanken. Natürlich auch den Filmemachern, welche die Vorlagen meisterlich umgesetzt haben. Denn auf der anderen Seite bekamen wir regelrechte Flops serviert, die ihre guten Vorlagen zunichtemachten: Der Dunkle Turm oder das desaströse Under the Dome, um nur zwei zu nennen. Wir halten fest: nur weil King drauf steht, ist nicht automatisch filmische Qualität garantiert.
Mit 1922 widmet sich Regisseur Zack Hilditch noch sehr jungem “King-Stoff”. Die Vorlage ist eine Kurzgeschichte, die mit vier weiteren Shorts in dem Buch “Zwischen Nacht und Dunkel” im Jahr 2010 veröffentlicht wurde. Inhaltlich geht es hier jedoch etwas gemäßigter zu: King fokussiert sich trotz mystischer Horrorelemente eher auf den psychischen Zerfall seines Protagonisten; ähnlich wie in Shining. Für eine Kurzgeschichte sicherlich gruselig, im Medium Film jedoch mitunter eine etwas zähe Angelegenheit, auch wenn sich Hilditch sichtlich Mühe gibt, der Vorlage gerecht zu werden.

Atmosphärisches Setting mit viel Potenzial

Latzhosen im Kornfeld: Das bedrückende Südstaaten-Setting ist ein Höhepunkt des Films.

Dylan Schmid als Henry James steht in einem Kornfeld in 1922

Die Bilder, die Kameramann Ben Richardson ins Heimkino zaubert, sind allererste Sahne. Das Südstaaten-Setting mit Maisfeld, Farm und kantigen Gesellen trägt viel zur insgesamt starken Atmosphäre bei. Auch, wenn der Schauplatz in 1922 wenig variiert, wird man der Kulisse und der authentischen Ausstattung nicht überdrüssig. Hinzu kommt ein Gänsehaut erregender Soundtrack und ein äußerst gelungenes Sounddesign, die den Zuschauer bis zur letzten Minute bei schauriger Laune halten.

Eine Story mit wenig Höhepunkten

Schon nach wenigen Minuten weiß der geübte Zuschauer, in welche Richtung die Geschichte gehen wird. Wie in der Vorlage legt Hilditch den Fokus auf den inneren Konflikt des Protagonisten, der nach der Ermordung seiner Frau die Kontrolle über sein offensichtlich verfluchtes Leben verliert. Die durchreflektierten Gedanken und Emotionen von Wilfred James werden in der Retrospektive aus dem Off im Minutentakt über die Szenen gelegt. Das schafft Zugang zum äußerlich undurchschaubaren Hauptcharakter und wirft vor allem die Frage auf, was wohl alles noch geschehen wird, damit der kalte Mörder zu einem so reuevollen Menschen wird.

So wortgetreu Stephen Kings Kurzgeschichte auch nacherzählt wird, sie hat leider ein paar Höhepunkte zu wenig. Weil man schnell durchschaut, dass es ab Minute 30 stetig bergab geht, überrascht keiner der “Twists” mehr groß. Kann man Hilditch die Vorlagentreue ankreiden? Hätte es einfach ein paar Jumpscares mehr gebraucht? Mehr Action? Mehr Horror? Nein, 1922 ist in sich stimmig und angemessen erzählt. Der Grund für seine Gemächlichkeit liegt an der Vorlage und dem Versuch, eine Kurzgeschichte auf über eineinhalb Stunden zu strecken. Manche Geschichten eignen sich einfach nicht zur Gänze für eine Verfilmung, auch wenn 1922 keineswegs eine Katastrophe ist.

Thomas Jane kann schauspielern?

Thomas Jane mit der besten Performance seiner Karriere (gilt nicht nur für Oben-Ohne).

Thomas Jane oberkörperfrei in 1922 auf Netflix

Es wäre vielleicht anmaßend, Thomas Jane schauspielerisches Unvermögen zu attestieren. Klar, die Anzahl seiner Gesichtszüge bewegt sich in früheren Werken wie Der Nebel oder The Punisher im niedrigen einstelligen Bereich. Als selbstironische Darbietung in Scott Pilgrim vs. The World hingegen klappte das so gut, wie bei Til Schweiger in Inglorious Basterds. Aber bemerkenswertes Talent? Puh.

Umso überraschender fällt seine Performance in 1922 aus. Thomas Jane überzeugt als grimmiger, kalkulierter Redneck in jeder Szene des Films. Noch besser: er legt seinen Südstaatler nicht als dummen Hillbilly an, sondern als reflektierten, ungemein intelligenten Kerl, der hart mit den Stereotypen bricht. Hinter seiner starren Fassade blitzen Augenblicke des Schmerzes, der Reue und der inneren Zerissenheit durch. Seine Präsenz hilft dem Film in seinen handlungsärmeren Momenten über den Berg. Hut ab!

Molly Parker (Jackie Sharp in House of Cards) bekommt – Prämisse sei “Dank” – leider nur wenig Screentime, doch füllt sie ihre ambitionierte Figur mit Stärke und einer schnippischen Kaltschnäuzigkeit. Zusammen mit Dylan Schmid ergibt sich zu Beginn des Films eine spannende Familienkonstellation, die glaubhaft und nachvollziehbar ist. Zudem sorgt auch der ewige Nebendarsteller Neal McDonough (The Flash) solide für ein paar konfliktreiche Momente.

Nichts Neues an der Grusel-Front

1922 hat ein schwieriges Publikum: Fans der Vorlage erfreuen sich am King-typischen Erzählstil, doch Freunde des derben Horrors kommen nicht auf ihre Kosten. Zwar wartet Hilditch mit ein paar schaurigen Ideen auf, doch der eigentliche Horror ist der zermürbende Kampf des Protagonisten. Der ist zwar nachvollziehbar, aber über die Laufzeit insgesamt einfach nicht effektiv genug. So hinterlässt das Finale zwar ein ungutes Gefühl in der Magengegend, aber ist nach ein paar Minuten auch schon wieder vergessen. Richtiger Grusel fällt definitiv nachhaltiger aus. Als gemächliche Erzählung mit mystisch-dunklem Tenor funktioniert 1922 trotzdem. Nur wirklich vom Hocker haut er eben nicht.

Fazit

7/10
Ganz okay
Community-Rating: (1 Votes)
Handlung 7/10
Schauspiel 8/10
Spannung 7/10
Atmosphäre 8/10
Horror 5/10
Details:
Regisseur: Zak Hilditch,
FSK: 16 Filmlänge: 102 Min.
Besetzung: Brian d'Arcy James, Dylan Schmid, Kaitlyn Bernard, Molly Parker, Neal McDonough, Thomas Jane,

‘1922’ ist solide, gruselt aber leider nur bedingt

Viele werden am Ende von 1922 enttäuscht sein: zu wenig sichtbarer Horror, zu gemächlich erzählt, zu vorhersehbar. Dabei ist die neue Stephen-King-Verfilmung insgesamt dennoch sehenswert. Der Fokus liegt eben weniger auf effekt-hascherischen Schockmomenten, als auf dem psychologischen Horror. Doch um restlos zu begeistern, gibt die Vorlage letztlich zu wenig her: gegen Ende dümpelt der Film trotz seiner heftigen Prämisse leider vor sich hin und mündet in einem unspektakulären Finale. Gleichzeitig werden Schauwerte aufgefahren, die wirklich Laune machen. Die dichte Atmosphäre wird mit dem starken Schauspiel formvollendet. Gerade Thomas Jane füllt seine Figur mit einer enormen Glaubhaftigkeit, für die er eine schauspielerische Qualität abruft, die er so in seiner Karriere noch nicht gezeigt hat. Viel contra, viel pro – einen Blick riskieren kann man bei 1922 auf jeden Fall!

Artikel vom 17. März 2018

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